Drachenland: Roman (German Edition)
simbalesischer Pfeil hervor.
Jondalrun, Pennel und Dayon sahen das Wesen näher kommen. Der Nebel lichtete sich vor ihm, fast als trieben seine mächtigen Schwingen ihn fort. Aus den Reihen der Fandoraner in der Umgebung ertönten Schreckensschreie, denn das Ungeheuer flog direkt auf sie zu, offensichtlich entschlossen, sie anzugreifen.
»Geht in Deckung!«, rief Jondalrun, obwohl er selbst im Freien stand. Er hob einen Speer, den er in einer großartigen und lächerlichen Geste ergriffen hatte. Dayon entriss ihm den Speer und zerrte seinen Vater in den Schutz eines Baumes.
»Es gibt Dinge, gegen die du nicht kämpfen kannst, Vater!«
Männer, die noch keine Deckung gefunden hatten, rannten in alle Richtungen auseinander, als der Frostdrache weiter herunterkam. Der Luftzug, den seine Flügel verursachten, ließ einige zu Boden stürzen. Pennel beobachtete unter einem Busch hervor, wie das Ungeheuer in einer Zickzacklinie flog. Es sieht fast so aus, als suche es etwas, dachte er.
Trotz der unregelmäßigen Flugbahn näherte es sich doch immer mehr den Fandoranern. Jondalrun knirschte mit den Zähnen vor Wut. »Endlich kommen sie mit ihren Zaubertricks!«, sagte er. »Damit werden sie uns nicht abschrecken!« Bevor Dayon es verhindern konnte, hatte er den Schutz des Baums verlassen und stand direkt im Weg des Frostdrachen.
»Streng dich nur an!«, brüllte er und schüttelte die Faust in Richtung des näher kommenden Ungeheuers. »Du kriegst uns nicht!«
»Vater!«, schrie Dayon und sah schon die riesigen Klauen Jondalrun packen – aber das Wesen legte sich abrupt in eine scharfe Kurve, wie in plötzlichem Entsetzen. Es flog von den Hügeln weg übers Tal auf die Simbalesen zu.
Jondalrun blickte der Kreatur nach. »Habt ihr das gesehen?«, rief er Dayon und Pennel zu. »Es hat vor uns die Flucht ergriffen! Tenniel hatte recht – der Zauber der Hexe wirkt! Wir haben die beste Waffe der Sim geschlagen!«
»Es sieht so aus«, sagte Pennel zurückhaltend, aber im Stillen dachte er, dass in diesem Krieg nichts so war, wie es aussah.
Die Segler der beiden anderen Windschiffe hatten nach dem Absturz von Thalens Schiff und nach Kiortes Rettungsaktion noch eine Zeit lang ihre Kreise über den Hügeln gezogen, isoliert von einem weißen Nebelmeer. Schließlich waren sie von ferne Kiortes Schiff gefolgt, wurden aber vom zunehmenden Wind abgetrieben. Sie suchten ihren Rückweg gegen den Wind, als sie das schreckeneinflößende Wesen entdeckten.
Vom Boden aus sahen Willen und Tweel, unter Büschen versteckt, das Geschöpf näher kommen. Aus ihrer Sicht schien es aus dem Nebel über den Hügeln zu kommen, wo die Fandoraner sich versteckten. »Beim Nordwelden-Hirsch!«, fluchte Willen. »Siehst du das, Tweel? Als ob sie es in unsere Richtung getrieben hätten!«
»Dann stimmen die Gerüchte wohl«, sagte Tweel. »Irgendwie haben die Fandoraner Gewalt über einen Drachen!«
»Falls es derselbe ist, der auch Oberwald angegriffen hat«, sagte Willen, »und nicht ein zweiter. Sieh mal!« Er zeigte nach Süden. Durch den sich lichtenden Nebel waren die Umrisse der näher kommenden Windschiffe undeutlich zu erkennen.
Tweel holte tief Luft. »Er sieht sie! Willen, der Drache sieht sie!«
Der Frostdrache flog auf die simbalesischen Truppen zu, die, wie die Fandoraner zuvor, nach Deckung suchten, wo sie sie nur finden konnten. Als er die Windschiffe erblickte, änderte er seine Richtung und stieg höher. Ein wachsamer Windsegler sah den riesigen Schatten, der aus dem Nebel unter ihm auftauchte – dagegen erschien das Einmannschiff zwergenhaft. Der Segler warf Asche auf das Sindril-Feuer und reffte die Segel in dem Bemühen, das Schiff auf den Boden zu bringen, aber der Wind und die Flügelschläge des Drachen ließen das Schiff schwanken und schlingern. Der Segler sah die Krallen des Drachen, jede so lang wie sein Arm, als das Ungeheuer versuchte, die Ballonsegel zu packen, und er schrie auf, als das empfindliche Material auseinanderriss. Gas strömte explosionsartig aus, und der Segler wurde fast über Bord geworfen, als das Schiff sich zur Seite neigte, aber anstatt abzustürzen, stieg es für einen Augenblick höher auf. Dem Segler wurde klar, dass das Ungeheuer das Schiff nach oben zog. Aber die Segel konnten ohne das Sindril-Gas das Gewicht des Schiffes nicht tragen; sie rissen und hinterließen nichts als Fetzen in den Riesenkrallen. Der Segler spürte einen Moment der Schwerelosigkeit, bevor er und sein
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