Drachenland: Roman (German Edition)
Schimmer der Morgendämmerung die Sterne erblassen ließ, kam Ceria zum Ende ihrer Erklärungen über die Entstehung des Krieges und warum Ephrion sie geschickt hatte, die Drachenperle zu holen. »Ich muss wissen, ob sie echt ist«, sagte sie zu Zurka.
Es gab zunächst keine Erörterung zwischen Zurka und den anderen Ältesten des Lagers – nur Nachdenken. Balia beobachtete Ceria, offenbar begierig zu sprechen, aber es war üblich, die Ältesten zuerst sprechen zu lassen.
Schließlich redeten die Ältesten mit leiser Stimme über die Sache. Ceria schüttelte den Kopf, um ihre Augen offenzuhalten; trotz ihrer Unruhe hätte sie gern geschlafen. Sie hatte sich bisher noch nicht von ihrem Ritt ausruhen können.
Endlich sagte Zurka: »Jede Meinung, die ich in dieser Angelegenheit äußere, wird nur eine Meinung sein, da ich nicht mehr die Last der Verantwortung für dieses Lager trage. Die Entscheidung muss bei Balia liegen.« Sie machte eine Pause. »Du hast als Kind wirklich eine Drachenperle gesehen, Ceria. Es war nicht nur ein Traum. Einige von uns mit dem Zweiten Gesicht haben versucht, ihre Geheimnisse zu ergründen. Wir haben einiges an überliefertem Wissen erfahren, aber keineswegs alles. Die Drachen hat es früher wirklich gegeben, aber was aus ihnen geworden ist, das weiß ich nicht.«
Zurka erhob sich langsam und ging zu ihrem Wagen. Ceria sah ihr besorgt nach, wie sie die ausgetretenen Holzstufen hinaufstieg. Als Zurka wieder auftauchte, sah es so aus, als habe sie den Vollmond vom Himmel heruntergeholt und trage ihn vor sich her.
Während Zurka sich wieder setzte, starrte Ceria auf die große schimmernde Kugel. Sie sah genauso aus wie in ihrem Traum – ein glatter, leuchtender runder Körper, in dem sich regenbogenfarbene getönte Wolken mit fast hypnotischer Kraft hin und her bewegten. Ceria starrte auf die Perle, und es kam ihr so vor, als höre sie ein leises Klingen, wie von Äolsharfen, tief in ihrer Erinnerung. Erregung ergriff sie und ließ sie ihre Erschöpfung vergessen. Nur mit Mühe gelang es ihr, den Blick von der Perle zu lösen. Sie blickte Balia an. Die Feindseligkeit im Gesicht ihrer Schwester brachte Ceria in die Wirklichkeit zurück wie ein Guss kalten Wassers.
Zurka sagte gerade: »Es ist bekannt, dass Cerias Fähigkeiten ungewöhnlich sind. Sie waren es seit ihrer Kindheit. Vielleicht ist sie am besten geeignet, die Geheimnisse der Drachenperle zu ergründen.«
»Sollen wir einen Schatz wie diesen einer Frau aushändigen, die ihr Erbe verleugnet hat?«, fragte Balia. »Soll sie die Perle mitnehmen und dann wieder jahrelang verschwinden? Ich werde es nicht zulassen! Wenn sie glaubt, sie könne erfolgreich sein, wo der Rest von uns versagt hat, soll sie hier und jetzt versuchen, Simbala zu helfen. Ich verfüge, dass die Drachenperle den Shar-Stamm erst verlässt, wenn Ceria sich ihrer würdig erwiesen hat!«
Ceria blickte die anderen an. Sie nickten zustimmend. Sie schaute Balia an. Sie weiß, dass ich erschöpft bin, dachte sie; sie will, dass ich versage und gedemütigt werde. Auf diese Weise braucht sie mich nicht direkt abzuweisen.
Zurka sagte: »Es tut mir leid, aber Balia hat recht mit ihrer Forderung. Wir haben die Drachenperle viele Jahre gehütet – wir haben ein Recht, zu erfahren, welche Geheimnisse sie bewahrt, bevor wir sie fortschicken.«
Ceria blickte auf die Drachenperle. Sie hatte den ganzen Tag und den größten Teil der Nacht im Sattel gesessen. Sie war erschöpft, und jetzt stand sie vor einer Prüfung, wie sie ihr noch nie begegnet war.
Es war Nachmittag, als das Sonnenlicht endlich durch die Wolken über Oberwald brach. In der Villa Kiortes und Eviraes herrschte Leben. Ein Familientreffen war einberufen worden, und die Prinzessin bereitete sich auf ihre Rolle vor. König Ephrion würde kommen in der Absicht, Falkenwind zu verteidigen.
Sie klopfte mit ihren langen Fingernägeln an die Tür ihres Ankleidezimmers und rief Mesor auf der anderen Seite besorgt zu: »Mein Kleid! Wo ist mein Kleid?«
»Die Schneiderin wird es gleich bringen, Prinzessin.«
»Es wird zu spät!«, rief Evirae. »Geh nach unten und bringe es mir selbst.«
»Es muss jeden Augenblick kommen«, sagte Mesor beruhigend. »Habt bitte Geduld.«
»Geduld! Wie kann ich Geduld haben, wenn …«
Die Tür ihres Schlafzimmers öffnete sich. »Ist sie das?«
Mesor drehte sich um und starrte erschrocken zur Tür. »Prinzessin«, flüsterte er, »kommt bitte heraus.«
»Ich bin nicht
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