Drachenland: Roman (German Edition)
senkte sich plötzlich, und Amsel sah das grinsende Maul des Geschöpfs.
Der Düsterling hielt den Kopf schief und musterte den Menschen. Die Vorstellung, dass tausend dieser winzigen Wesen schlimmer waren als sogar der Frost, ließ ihn vor Zorn von Neuem aufkreischen. Er und seinesgleichen würden nicht das gleiche Schicksal wie die Feuerdrachen erleiden!
Vor dem Maul des Drachen baumelnd, schrie Amsel verzweifelt: »Tu mir nichts an! Ich bin von weit her gekommen in einer Sache, die uns alle betrifft!«
Der Düsterling hob ihn höher. Das hohe Gezwitscher des Menschen hallte in der Höhle nach. Der Düsterling verstand es nicht, aber er war überzeugt, dass ein so kleines Wesen kein Feuer speien konnte. Die Menschen hatten das Geheimnis des Feuers entdeckt, aber sie konnten kein Feuer in sich entzünden. Die Frostdrachen konnten sich der Anordnung der Drachen widersetzen, wenn sie schnell angriffen und es nicht zuließen, dass die Menschen sich in Gruppen verteidigten. Ohne Feuer war der Einzelne zu klein, um gefährlich zu werden.
Und was diesen Menschen hier betraf: Er hatte seinen Zweck erfüllt. Ihn weiter zu beobachten hatte keinen Sinn. Der Düsterling öffnete das Maul.
Verzweifelt suchte Amsel nach etwas, irgendetwas, was er als Waffe zu seiner Verteidigung benutzen konnte. Instinktiv griff er in seine Tasche, aber dort befanden sich nur noch die Samenschoten aus seinem Garten.
Der Frostdrache schrie auf und führte Amsel näher an sein Maul heran.
Amsel umklammerte die Samenschoten. Und dann, als er fühlte, wie seine Weste der Kralle des Ungeheuers entglitt, schleuderte er die Schoten zwischen die langen, scharfen Zähne. Er fühlte sich selbst hinterherfallen. Noch eine Sekunde, und es würde überhaupt kein Gefühl mehr geben.
Die Sekunde kam nicht. Eine Art Explosion schleuderte ihn plötzlich durch die Luft, fort von den Zähnen des Frostdrachen. Zum Glück gelang es ihm, sich während des Fallens zusammenzurollen. Als er auf den Boden traf, sah er, dass der Kopf des Drachen über ihm sich wild hin und her wand. Dann hallte wieder eine Explosion durch die Höhle. Amsel hielt den Atem an.
Der Frostdrache nieste!
Amsel rieb sich den Arm, der bei dem Sturz angeschlagen worden war, und stand rasch auf. Der Frostdrache schüttelte immer noch den Kopf und zerrte an seinem Maul – offenbar eine Wirkung der Samenschoten. Wieder warf er den Kopf zurück und kreischte, ein Geräusch, das Amsel fast das Trommelfell platzen ließ. Er warf hastige Blicke um sich auf der Suche nach einem Fluchtweg, solange der Frostdrache noch abgelenkt war. Große Felsblöcke blockierten zu beiden Seiten den Weg, und so lief Amsel in die einzige Richtung, die ihm noch blieb: zwischen den krummen Beinen des Ungeheuers hindurch. Amsel zog den Kopf ein, um dem glatten Bauch auszuweichen. Der Drache kreischte wieder vor Wut, und Amsel sah den riesigen Schwanz in seine Richtung peitschen. Er sprang hoch in die Luft und über den Schwanz hinweg. Dann lief er weiter zum Rand des Kliffs, verfolgt vom immer noch niesenden Düsterling.
Als Amsel den Rand des Kliffs erreichte, wurde ihm klar, dass es keinen Platz mehr gab, zu dem er laufen konnte. Hunderte von Frostdrachen waren in den Höhlen unter ihm und direkt hinter ihm der zornige Düsterling.
Er drehte sich ganz kurz um, sah eine schwarze Kralle im Nebel und sprang.
Das Kliff fiel mindestens fünfzig Fuß senkrecht ab, dann neigte es sich allmählich nach außen. Es war feucht vom Nebel, und Amsel rutschte mit halsbrecherischer Geschwindigkeit hinunter. Seine geringe Größe und der Nebel würden ihn für den Augenblick verbergen, aber er rechnete jeden Moment mit dem Auftauchen des Frostdrachen.
Die Oberfläche wurde rauer und verlangsamte sein Abrutschen, brachte ihm aber schmerzhafte Hautabschürfungen bei. Amsel streckte die Beine nach vorstehenden Erhebungen aus und konnte sich endlich an einem großen Felsblock festhalten, kurz bevor der Hang wieder steil abfiel. Seine Arme schmerzten von der plötzlichen Anspannung, aber er hatte keine Zeit, sich um die Schmerzen zu kümmern; über sich sah er durch den Nebel den schwarzen Schatten des Drachen näher kommen. Amsel schwang sich über den Rand des Kliffs, ohne zu wissen, was unter ihm war, und ließ los. Er fiel einige Fuß tief und landete auf einem breiten Felsvorsprung. Diesmal schaffte er es, das Gleichgewicht zu halten. Ein schmaler Überhang wand sich um den Gipfel nach unten. Amsel folgte ihm vorsichtig,
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