Drachenland: Roman (German Edition)
verrostete Metall der Ketten. »Warum halfen die anderen Drachen dir nicht, zu entkommen?«
»Sie haben es versucht«, sagte der Drache, »aber es war unmöglich. Sie bemühten sich, Nahrung zu finden und einen Ort zum Brüten. Kaum einer blieb in den Höhlen. Schließlich war ich allein. Fast eine Generation ist vergangen, seit die Menschen diese Höhlen verließen, und die anderen sind immer noch nicht zurückgekehrt. Ich hätte den Menschen nicht trauen sollen. Sie kümmerten sich nur um ihr eigenes Leben.«
»Nein!«, rief Amsel. »Einige haben doch versucht zu helfen.«
»Die Menschen stehlen und lügen.«
»Die Menschen träumen!«, rief Amsel. »Menschen, die nur von Reichtum träumen, haben vielleicht die Edelsteine gestohlen, aber nicht alle Menschen träumen so. Ich möchte nur den Krieg beenden, in den mein Land geraten ist.«
»Die Menschen morden«, sagte der Drache. »Wir haben im Südland erfahren, was Krieg ist. Er tötet wie der Frost.«
Amsel schwieg einen Augenblick. Er dachte daran, wie die Ältesten sein Baumhaus angezündet hatten. Doch dies brachte ihn nicht ab von seiner Überzeugung.
»Gab es nicht eine Zeit, da die Feuerdrachen Flammen spien, um zu überleben? Um für ihr Land zu kämpfen?«
»Nein!«, brüllte der Drache. »Die Flammen wurden nie benutzt, um zu töten oder um Schaden anzurichten. Sie wurden nur bei Fragen der Gerechtigkeit benutzt.«
»Gab es nie Drachen, die andere betrogen oder die den Erlassen deiner Vorgänger nicht gehorchten?«
»Es gab einige«, sagte der Drache, »und sie wurden bestraft. Es gab Zeiten, da einige von uns versuchten, sich mit Frostdrachen zu paaren, aber sie wurden bestraft. Es schlüpften nie Junge.«
Amsel dachte an den schwarzen Frostdrachen, den großen Düsterling, der ihn in der Höhle verfolgt hatte. Ob er das Ergebnis einer solchen Vereinigung war? Amsel schob die Frage beiseite und gab sich einen Ruck. Er brüllte den Drachen an: »Wenn keiner die Frostdrachen aufhält, werden sie die Menschen ermorden! Sie haben schon getötet, sie haben euren Erlass missachtet! Möchtest du uns untergehen sehen, wie deine Rasse untergegangen ist?«
Der Drache senkte den Kopf, blickte Amsel aus kummervollen Augen an und sagte: »Die Menschen sind selbst schuld daran.«
Amsel schüttelte zornig den Kopf. »Es wird deine Schuld sein, wenn die Frostdrachen unser Land überfallen. Und sie werden dort in der Sommerhitze umkommen. Dann hast du Feuerdrachen, Menschen und Frostdrachen verraten. Soll das das Erbe der Drachen sein?«
»Lass mich in Ruhe«, sagte der Drache. »Ich habe mehr gelitten als irgendwer sonst.«
»Auch ich habe gelitten!«, rief Amsel. »Ich habe meine Landsleute in einen Krieg ziehen sehen für etwas, was die Frostdrachen getan haben, etwas, was ich immer noch nicht verstehe. Wenn du verantwortlich bist für diese Geschöpfe, dann musst du sie davon abhalten, nach Süden zu fliegen.«
»Meine Rasse ist untergegangen«, sagte der Drache. »Ich bin allein. Ich bin nicht mehr verantwortlich.«
»Du bist verantwortlich! Du lebst noch in dieser Welt, und die Frostdrachen respektieren noch immer dein Wort!«
Der Drache bedeckte sein Gesicht mit der Pranke. »Lass mich in Ruhe«, stöhnte er. »Ich möchte nur noch in Frieden leben.«
»Es gibt aber keinen Frieden!«, schrie Amsel. »Du kannst nicht allein leben! Solange es andere Lebewesen gibt, musst du dich mit ihnen auseinandersetzen.« Diese Worte waren Amsel selbst noch nicht vertraut, aber während der vergangenen Wochen hatte er gelernt, was sie bedeuteten. »Du musst uns helfen«, sagte er, »du musst beiden helfen, den Frostdrachen und den Menschen.« Er blickte dem Drachen in die Augen. »Wenn du, der letzte der Drachen, so edel, so geachtet, so alt, nicht helfen willst – welche Hoffnung hat die Menschheit dann noch?«
Der Drache hob den Kopf und brüllte Amsel an: »Ich kann den Geruch von Menschen nicht mehr ertragen! Lass mich in Ruhe!«
Die Wucht des Drachenatems ließ Amsel zurückstolpern, aber als er wieder sicher stand, schrie er zurück: »Ich wollte auch in Ruhe gelassen werden! Aber die Welt hat trotzdem zu mir gefunden. Wir dürfen das nicht einfach von uns weisen. Es kommt mir so vor, als gäbe es keine Hoffnung mehr auf dieser Welt, wenn wir nicht miteinander leben. Ich habe mein Leben gewagt, um dich zu finden. Bitte, hilf mir … hilf Männern und Frauen, die nichts getan haben, um dich zu verraten!«
Der Drache seufzte. »Ich kann nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher