Drachenland: Roman (German Edition)
Rückzug zum Ufer antrat. Die meisten Verwundeten konnten gehen, waren aber wie Tenniel sehr geschwächt und brauchten sicher häufig Pausen auf dem Weg. Für die schlimmeren Fälle baute man behelfsmäßige Tragbahren.
»Tamark wird den ganzen Tag brauchen, um zu den Booten zu gelangen«, sagte Dayon zu Jondalrun, der das Tal beobachtete. Der alte Mann lehnte sich auf einen Stock und starrte über das Tal hinweg zum Wald. Er wusste, dass viele umgekommen waren, und die Bürde der vielen Toten lastete schwer auf ihm. Wie sollte man es Lagows Frau sagen? Wie all den anderen? Er schüttelte den Kopf. Es war ein hoher Preis für Fandoras Sicherheit.
Dayon stand eine Weile stumm neben seinem Vater. Tamark war vor etwa einer Stunde abgezogen. Dayon griff das Thema wieder auf: »Der Wegwächter sagt, alle seien zum Abmarsch bereit, Vater. Ich habe mit den Leuten aus Borgen gesprochen, und sie möchten jetzt mit dem Rückzug beginnen. Sie befürchten, das Wetter könne ein Entkommen bald schwierig machen.«
Jondalrun nickte und blickte zurück über das Tal. Plötzlich erstarrte er, die Augen fest auf einen Punkt gerichtet. Dayon folgte seinem Blick. »Was ist, Vater?«
Jondalrun zeigte hin. »Dort, über den Bäumen!«
»Das wird eine Regenwolke sein.«
»Eine Regenwolke, ach ja?«, sagte Jondalrun angespannt. Dayon blickte genauer hin und hielt den Atem an. Was zuerst wie eine große graue Wolke ausgesehen hatte, die sich über den Baumwipfeln auftürmte, brach jetzt plötzlich auseinander und wurde zu einer unglaublich großen Flotte von Windschiffen! Das Sonnenlicht schimmerte durch die Segel und ließ die Edelsteinverzierungen am Bug der Schiffe schillern, und die vielen Masten schienen einen zweiten Wald am Himmel zu bilden.
»Befiehl den Männern, bereit zu sein!«, rief Jondalrun. »Wir verteidigen die Hügel!«
Bei den Simbalesen bereitete man sich darauf vor, die Hügel im Sturm zu nehmen. Die Truppen formierten sich zu geschlossenen Reihen, die Wimpel an den Lanzen hoch erhoben. Bogenschützen und Infanterie bildeten die Flanken, während der Kern aus dichten Reihen gepanzerter Edelleute bestand. Die simbalesische Armee, jetzt wieder in voller Stärke, machte sich bereit für die letzte Schlacht.
Im Rücken des Heeres, nahe dem Wald, standen Falkenwind und Ceria. Sie waren zum letzten Mal vor dem Angriff allein zusammen, und beide waren sich der Gefahr bewusst. Falkenwind konnte im Kampf den Tod finden, und Ceria hielt man für eine Verräterin; ihre Sicherheit hing davon ab, ob sie Ephrion erreichen konnte, bevor die Krönungsfeierlichkeiten begannen.
»Ich weiß, dass du wiederkommst«, sagte Ceria zu Falkenwind. »Wir haben zu viel gemeinsam erlebt, um einander jetzt zu verlieren. Mein Herz sagt mir, dass du wiederkommst.«
Falkenwind zog sie an sich, dann packte er sie an den Schultern. »Du bedeutest mir mehr als mein Leben, Ceria, aber ich mache mir Sorgen.«
»Ich weiß«, erwiderte sie, »und ich weiß auch, was geschehen muss. Jeder Augenblick bringt Evirae dem Rubin näher. Wie gefährlich es auch sein mag – ich muss so schnell wie möglich mit der Drachenperle zum Palast gelangen.«
»Nein!«, sagte Falkenwind. »Das wäre viel zu gefährlich. Eviraes Vertrauensleute durchsuchen Oberwald immer noch nach dir. Sie würden nicht zögern, dich festzunehmen, auch wenn sie wissen, dass ich zurückgekehrt bin.«
Ceria schob ihn von sich. »Ich muss Ephrion finden!«, rief sie. »Ich habe keine Angst vor Eviraes Leuten!«
Falkenwind zog sie wieder an sich. »Du bringst ein Geheimnis, das zu wertvoll ist, als dass man es aufs Spiel setzen dürfte, meine Geliebte. Wir müssen dafür sorgen, dass es in Sicherheit ist. Du musst auf mich warten, bis ich das Tal verlassen kann. Lathan bringt dich zu einem sicheren Platz im Wald, wo du dich verstecken kannst. Wir kehren dann gemeinsam nach Oberwald zurück.«
»Nein!«, sagte Ceria. »Wir haben nicht genug Zeit! Eviraes Krönung rückt immer näher.«
»Es ist doch nur vernünftig, wenn wir zusammen hingehen, Ceria! Ohne meine Anwesenheit wird auch die Drachenperle nicht genügen, um Eviraes Pläne zum Scheitern zu bringen. Die Perle wird nur von den Drachen berichten – ich aber muss selbst meinen Namen reinwaschen. Evirae wird es irgendwie ausnutzen, wenn wir nicht gemeinsam zurückkehren. Warte, meine Liebe, dieser Krieg wird bald beendet sein.«
»Ich möchte nicht warten«, entgegnete Ceria leise.
»Ich lasse dich festhalten, wenn du
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