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Drachenland: Roman (German Edition)

Drachenland: Roman (German Edition)

Titel: Drachenland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Reaves
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Unterholz bedeckt war. Dann überquerte er eine niedrige Steinmauer, an deren anderer Seite das Gras kurz geschoren und das Unterholz durch gepflegte Blumenbeete ersetzt war.
    Hier und dort standen einzelne Büsche, die als Löwen, Bären und Vögel zurechtgestutzt waren, und der Falke flog an einem solchen Abbild seiner selbst vorbei, mit einer Flügelweite von fünf Fuß. Bäume, deren Stämme mit Edelsteinen geschmückt waren, säumten die Wege.
    Der Falke flog weiter, an den ersten Gebäuden vorbei, kleinen, efeuumrankten Häusern und Hütten. Hin und wieder war in einen der dickeren Bäume eine primitive Tür geschnitten.
    Der Falke flog jetzt an Leuten vorbei, Männern und Frauen in derben, geflickten Kleidern, darunter Bergleute mit den Spuren ihrer Graberei an Kleidern, Schuhen und unter den Nägeln. Sie saßen auf Bänken und Hockern vor ihren Häusern wie auch verschiedene Zimmerleute, Händler, Steinmetzen. Beim Anblick des Falken lächelten einige und zeigten auf ihn, als sähen sie ein gutes Omen, während andere ein finsteres Gesicht zogen und sich abwandten.
    Der Falke setzte seinen Flug fort. Die Wohnungen wurden zahlreicher und vornehmer, integrierten sich aber in den sie umgebenden Wald. Es gab immer mehr Bäume mit Türen, Fenstern und Terrassen. Einige Gebäude waren um die Bäume herum gebaut, andere standen allein. Die Architektur war kunstvoll und vielfältig. Es gab Villen mit Türmen und Giebeln, Bauten aus Marmor und kleine Häuser mit sorgfältig angelegten Gärten. Die Dächer bestanden aus Ziegeln oder Schindeln oder hatten Kuppeln aus gehämmertem Messing.
    Der Falke flog jetzt an Leuten vorbei, die den breiten, plattenbelegten Wegen folgten oder Bäche auf Brücken aus gewaltigen Baumwurzeln überquerten. Die Männer trugen Tuniken in gedämpften Farben, gefältelt und mit Silberfaden bestickt; die Frauen Kleider, die seidig raschelten. Auch diese Menschen reagierten in verschiedenen Abstufungen des Entzückens oder der Verärgerung auf den Anblick des Falken.
    Der Falke wich nicht von der eingeschlagenen Richtung ab, außer um hin und wieder Hindernisse wie ein Spalier mit süß duftenden Blüten zu umfliegen. Er flog weiter, bis die weiträumige Anordnung der Bäume immer mehr einem Park glich und im dunstigen Grün des Waldes Spuren der verborgenen Sonne in Gold und Rot aufleuchteten. Dann flog er in eine offene Lichtung, und dort stand er – wahrlich der Vater aller Bäume: fünfhundert Fuß im Durchmesser, seine Krone zerspalten von den Blitzen unzähliger Gewitter.
    In anderen Ländern hätten Bäume vom Durchmesser seiner Äste schon Aufsehen erregt. Am Fuß dieses erhabenen Riesen, dieses ältesten aller lebenden Dinge, führte eine breite Treppe zum Eingang des Palastes. Auf verschiedenen Ebenen waren in den Stamm Terrassen, Balkone und Fenster geschnitzt. Der Falke flog zu einem sehr schmalen Fenster hoch oben und verschwand.
     
    Zwei schattenhafte Umrisse hasteten durch die Dunkelheit. Der erste war ein junger Mann, der zweite ein alter, aber das trübe Licht im Treppenhaus ließ den Unterschied nicht erkennen.
    »Falkenwind«, sagte der hintere, »du läufst so schnell, dass ein alter Mann nicht Schritt halten kann!«
    Der junge Mann lächelte. »Du bist nicht älter, als König Ambalon es war, als er dich lehrte, Simbala zu regieren.«
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht mein Vater!«
    »Die Leute sagen, du seist ihm ebenbürtig, König Ephrion.«
    »Unsinn.«
    »Sogar meine Gegner bestreiten das nicht.«
    »Pah! Sie sagen, ich sei ein alter Mann, der die Tragweite seiner Entscheidungen nicht mehr überblicken kann.«
    Der jüngere Mann lachte. »Vielleicht haben sie recht«, sagte er verschmitzt.
    Der weißhaarige Mann im beigefarbenen Umhang stimmte in das Lachen ein, aber es klang abgehackt, eher wie ein Husten. »Vielleicht haben sie recht!«, sagte er. »Wie hast du mich nur zu diesem Unternehmen überredet? Ich hätte es dir überlassen sollen, diese Räume allein zu erforschen!«
    Der Jüngere half ihm die Treppe hinunter. »Ja«, sagte er, »aber kaum jemand kennt den Palast so genau wie du.«
    »Stimmt«, sagte der ältere Mann. »Es herrscht seit so langer Zeit Frieden, dass die Familie das Interesse an Geheimgängen und versteckten Treppen verloren hat. Ich bedaure es nicht.«
    »Ich auch nicht, König Ephrion. Nur fällt es mir schwer, in einem Gebäude zu leben, das Geheimnisse vor mir hat.«
    »Vielleicht stellst du fest, dass der Palast dir

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