Drachenlanze - Die Erben der Stimme
Hacken
zurücksetzte, zog sich sein Herz vor Trauer und Wut
zusammen.
Plötzlich wurde ihm bewußt, daß schon seit einer Weile
jemand an die Haustür hämmerte. In diesem Moment flog die
Tür hinter ihm auf. Tanis fuhr herum.
»Großer Reorx!« schrie Flint, und dann: »Ailea!«
* * *
Auf halbem Weg zu Aileas Haus war Flint in den Strom von
Elfen geraten und hatte Miral aus den Augen verloren. Da er
jedoch fand, daß ein Elf, der mit den anderen Elfen auf
Augenhöhe war, bessere Chancen hatte, sich durch die Menge
zu kämpfen, als ein Hügelzwerg, hatte Flint sich nicht weiter
darum gekümmert.
Miral holte den Zwerg an der Schwelle zu Aileas Haus ein,
als Flint zum ersten Mal klopfte. Der Magier wirkte
ausgepumpt.
Flint beachtete ihn nicht. Statt dessen begann er, gegen die
Tür zu hämmern. Schließlich riß er sie auf, sah Tanis’
tränenüberströmtes Gesicht zu ihm aufschauen und schrie auf,
als er den Anblick hinter dem Halbelfen sah.
Und dann hatte Flint den Blick gehoben und die Worte
entdeckt, die auf dem Kaminsims geschrieben standen. Sie
wurden schon braun, weil die Flüssigkeit trocknete. »Ailea«,
stand da, »es tut mir leid.«
* * *
»Begreife, welches Urteil ich fällen muß«, sagte später die
Stimme vom Podium des Sonnenturms aus. Hunderte von
Elfen, die durch das Kentommen angelockt worden waren,
standen an der Tür, auch wenn in den zentralen Raum selbst
nur Adlige eingelassen wurden, wenn die Stimme Hof hielt. Im
Hintergrund wurde ununterbrochen gemurmelt.
»Seit den Sippenmord-Kriegen hat kein Elf mehr das Blut
eines Elfen vergossen, Tanthalas«, sagte Solostaran, »und wir
betrauern nicht nur das Dahinscheiden einer langjährigen,
treuen Dienerin des Hofes, wir trauern auch um den Verlust
des Friedens, der in dieser Stadt so lange geherrscht hat.
Doch bevor wir trauern können, muß der, der diesen
Schatten über uns gelegt hat, sich dafür verantworten. Darum
stehst du vor mir, Tanthalas Halbelf. Du bist des Mordes an
Eld Ailea, der Hebamme, angeklagt.«
Litanas murmelte von seinem neuen Platz rechts vom
Podium: »Wahrscheinlich hat er auch Lord Xenoth
umgebracht.«
»In dieser Tat und in meiner Weisheit«, erklärte Solostaran,
»erkläre ich dich für schuldig.«
Tanis, der immer noch die blutbefleckten Kleider trug, die er
bei seiner Festnahme durch die Palastwache in Aileas Haus
angehabt hatte, zuckte zusammen, blieb jedoch stehen. Er hörte
ein leises Murren hinter sich und wußte, daß das Flint war.
»Darum verkünde ich, daß du, Tanthalas, der Halbelf, vom
ganzen Land der Qualinesti verbannt sein sollst, und daß die
Bewohner dieses Landes dich ächten sollen, als hätte es dich
nie gegeben. Andernfalls droht ihnen dieselbe Strafe.«
Tanis schwirrte der Kopf. Der Tod wäre leichter, dachte er.
Der Gedanke, Qualinost zu verlassen, verursachte Tanis die
gleichen Schmerzen, als wenn man ihm ein Messer ins Herz
gestoßen hätte. Bei all seiner Sehnsucht, Krynn zu bereisen,
hatte er immer geglaubt, er könnte jederzeit nach Qualinost
zurück.
Tyresians Miene zeigte grimmigen Triumph bei den Worten
der Stimme.
»Tanthalas, nimmst du dieses Urteil an?« fragte Solostaran.
Tanis machte den Mund auf, um zu antworten, ohne daß er
wußte, was er sagen würde, doch plötzlich stolperte eine der
Wachen neben ihm, und Tanis sah überrascht, wie Flint wütend
nach vorne stapfte und sich vors Podium stellte. »Ich weiß
nicht, ob er es annimmt oder nicht«, entrüstete sich Flint mit
den Händen auf den Hüften, aber traurigen Augen. »Aber, bei
Reorx, ich weiß, daß ich nicht einverstanden bin!«
Alle, die ums Podium versammelt waren, starrten den Zwerg
sprachlos an.
Flint war sich all der mandelförmigen Augenpaare bewußt,
die ihn jetzt anstarrten, besonders dessen der Stimme. Jetzt
schmeißen sie mich aus der Stadt, dachte Flint, und dann kann
ich dem Halbelfen überhaupt nicht mehr helfen. Plötzlich
dachte er an Ailea und merkte, daß er – wenn Tanis verbannt
war und die Hebamme tot – wenig Grund hatte, in Qualinost zu
bleiben.
Er schüttelte den Kopf und ordnete seine Gedanken. Gewiß
würde Ailea es verstehen, wenn er jetzt alle seine Kraft
brauchte, um Tanthalas, ihren Liebling, zu verteidigen. Flint
würde die alte Hebamme später, im stillen, betrauern.
Aber jetzt brauchte ihn Tanis. »Seht doch, Stimme«, begann
Flint mit rauher Stimme, bevor Solostaran noch irgend etwas
sagen konnte. »Ihr habt anscheinend auf alles gehört, was diese
Elfenlords Euch über
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