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Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Drachenlanze - Die Erben der Stimme

Titel: Drachenlanze - Die Erben der Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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zu
glatt und zu eben, um natürlichen Ursprungs zu sein. Hohe
Zapfen erhoben sich wie Stalagmiten aus dem Boden, doch als
Flint näher kam, sah er, daß es kunstvoll verzierte Säulen
waren. Die waren nicht durch das Wasser entstanden, das
wußte er, sondern durch die Hände lebender Wesen. Er ging
langsam durch den gewaltigen Raum, in dem er gelandet war.
Obwohl er beim Echo seiner Schritte zusammenzuckte, lief er
weiter.
Er sah, daß er gar nicht in einer Höhle war, sondern in einer
Art großem Saal. Säulen standen an den turmhohen Wänden,
die nach oben in die Schatten hochragten, jenseits von Flints
schwachem Kerzenschein. Reihe von Bänken waren auf eine
Art erhöhtes Podium ausgerichtet, hinter dem eine breite
Treppe nach oben in die Schatten zu unbekannten Orten führte.
Die Steinmetzarbeit war unglaublich kunstvoll. Flint fuhr mit
der Hand über die sorgfältig polierten Ränder und die
verschlungenen Muster der Säulen. Solche Handwerkskunst
kannte die Welt heute nicht mehr, aber Flint war sicher, daß sie
von Zwergen stammte. Es konnte nichts anderes sein, nicht
hier, so tief unter der Erde. Aber es war auch alt. Das Alter
lastete hier so schwer wie das enorme Gewicht des Felsens, der
zwischen Flint und der Außenwelt lag. Doch was für ein Ort
konnte das sein, so nah an dem Elfenreich? Er mußte sehr alt
sein, womöglich älter als Qualinesti selbst.
Eine plötzliche Erkenntnis durchzuckte Flint, und die kleine
Kerzenflamme zuckte, als seine Hand zu zittern begann.
Unwillkürlich fielen ihm die Worte eines alten Gedichts ein,
das er als Kind gelernt hatte. Er erinnert sich, wie er als ganz
kleiner Junge auf dem Schoß seines Vaters gesessen hatte. Es
war eine der wenigen Erinnerungen an seinen Vater, der sehr
früh gestorben war. Flint hatte gebannt gelauscht, wenn sein
Vater leise am Feuer von einem uralten Königreich gesungen
hatte:
    So schloß man die Tore auf des Lehnsherrns Wort . Bei kaltem Totengeläut sogleich.
Versperrt vor dem Volke im Sonnenschein,
In Schatten fiel das alte Reich.
    Flint erschauerte beim Gedanken an seinen Großvater, der in
den Zwergentorkriegen umgekommen war. Dann überlegte er
weiter, wo er sich wohl befinden mochte.
»Thorbardin? Fax Tharkas?« flüsterte Flint in die Schatten.
    Es war gut möglich, sagte er sich, daß er durch einen
anderen dieser verflixten elfischen Sla-Mori gefallen war,
einen, der in die alte Hauptstadt der Bergzwerge oder in die
Festung der Elfen und Zwerge führte. Wenn das so war, dann
würde es ratsam sein, den verhaßten Vettern der Hügelzwerge
so rasch wie möglich zu entkommen.
Zögernd, weil er die Wahrheit über seinen Aufenthaltsort zu
entdecken fürchtete, ging Flint weiter.
     
* * *
    Tanis landete unsanft auf einem schmalen Granitvorsprung,
der etwa dreißig Fuß unter dem Rand aus der Klippe ragte –
immer noch Hunderte von Fuß über dem Fluß.
    Als er aufkam, erzitterte der Vorsprung unter seinem
Gewicht. Ein paar Kieselsteine rutschten herunter, um lautlos
kreisend ins Leere zu fallen. Der Stein neigte sich leicht zur
Schlucht hin. Tanis suchte sich etwas zum Festhalten, als ein
Haufen Erde und Steine über ihn hinwegrauschte und ihm in
Augen und Mund drang. Seine linke Hand erwischte ein festes
Stück Felsen, und er hörte auf zu rutschen.
Er blinzelte den Dreck aus den Augen. Dann schrie er:
»Gilthanas!«
    Sein Cousin rutschte den Stein hinunter und war drauf und
dran, in den Abgrund zu stürzen. Verzweifelt streckte Tanis die
Hand aus und konnte Gilthanas gerade noch am Handgelenk
festhalten. Zuerst befürchtete der Halbelf, daß er durch das
zusätzliche Gewicht selbst den Halt verlieren würde, so daß sie
dann beide in die Tiefe stürzen würden, doch er schaffte es,
seine Stiefelspitzen in eine Spalte in der Klippe zu graben. Er
preßte sich eng an den glatten Stein und hielt Gilthanas mit
aller Kraft fest. Tanis konnte nicht feststellen, ob der junge Elf
lebte oder tot war.
    Die lastende Schwärze der Mitternacht machte alles nur noch
schrecklicher.
Tanis merkte, daß seine Handfläche schweißnaß wurde. Der
Felsen neigte sich noch weiter. Wie lange konnte er noch
festhalten? Es war sowieso egal. Der Stein konnte jeden
Moment abbrechen.
Mit enormer Anstrengung verstärkte Tanis seinen Griff um
Gilthanas’ Ärmel. Der Stein kippte weiter, und wieder
kullerten einige Kieselsteine in die Tiefe. Tanis schloß fest die
Augen, betete im stillen, daß Gilthanas’ Schneider einen festen
Stoff verwendet hatte, und

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