Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenlanze - Finstere Pläne

Drachenlanze - Finstere Pläne

Titel: Drachenlanze - Finstere Pläne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
Vom Netzwerk:
du angehalten?«
»Ich weiß nicht genau«, antwortete Tolpan. »Ich hänge
irgendwo fest, aber… oh je!«
»Was ist denn?«
Tolpans Stimme klang sorgenvoll. »Es ist ein Spinnennetz,
und ich bin total verstrickt. Meine Arme und Beine hängen
fest, und je mehr ich strampel, desto mehr verheddere ich
mich.«
»Warte.« Selana erhob sich vom Rücken des Magiers und
eilte wieder zu dem Durchgang zurück. Kaum sah sie das Netz,
da hörte Tolpan, der sich bemühte, seine Beine zu befreien, das
geistige Gegenstück zu einem Schrei. »Über dir, Tolpan – die
Spinne!«
Der Kender sah gerade noch rechtzeitig, wie ein braunes,
haariges, mörderisches Ungetüm mit giftbewehrten Fängen
über das klebrige Netz auf ihn zu raste. Bevor er etwas tun
konnte, war sie über ihm und spann Fäden, während sie die
gefangene Fliege zwischen ihren Hinterbeinen herumwarf. Mit
jeder Umdrehung fühlte Tolpan, wie die Fäden enger wurden.
Er hatte keine Angst – das haben Kender selten –, aber die
Lage sah doch ernst aus. Gleichzeitig war er fasziniert. Er
bestaunte die Zielstrebigkeit und das Tempo der Spinne. Jedes
Mal, wenn sie ihn umdrehte, konnte er sehen, wie sich sein
eigenes, dunkles Gesicht in den facettenreichen Augen der
Spinne spiegelte.
Selana summte hilflos hinter dem Netz herum, denn sie hatte
einerseits zu viel Angst, um näher heranzukommen, und war
andererseits zu verstört, um klar denken zu können. Die
Spinnweben legten sich allmählich über Tolpans Gesicht. Die
unbewegten Augen der Spinne hingen über Tolpans Hals und
zielten, um ihre lähmenden Fänge in die Beute zu schlagen.
Tolpan machte schnell die Augen zu und entspannte sich.
Einen Augenblick später wurde aus der Fliege unter winzigen,
blinkenden Blitzen eine kleine, braune Maus. Die Spinnweben,
die ihn einschnürten, platzten, das Netz selbst zerriß, und
Tolpan plumpste als Maus auf den Boden, nicht ohne sich noch
in der Luft zu drehen, um auf allen Vieren zu landen. Die
Spinne fiel von ihm ab, fing sich jedoch an einem eiligst
gesponnenen Faden, an dem sie so schnell wie möglich zur
sicheren Decke hochkletterte.
Mit vor Erleichterung fast hysterischem Lachen landete
Selana neben Tolpan und verwandelte sich ebenfalls in eine
Maus. Mit zitternden Beinen stand sie da, während Tolpan
seine geschundenen Glieder reckte.
»Warum hast du nicht gleich daran gedacht?« fragte sie.
»Ich habe nicht gehört, wie du mir den Gedanken
vorgeschlagen hast«, gab er zurück. »Auf jeden Fall ist ja alles
gutgegangen. Warum bist du so verstört?«
Selana ignorierte seine Frage.
»Da ist ja unser altes Einauge«, sagte Tolpan. Sie sahen
ihren Gegner vor einer Tür am Ende eines langen,
kerzenerleuchteten Korridors stehen. Die beiden Mäuse flitzten
den Gang hinunter, wobei sie sich dicht an der Mauer und in
den Schatten hielten, bis sie gegenüber der Tür waren. Der
Magier machte die unauffällige Holztür auf und trat ein.
Tolpan, der vor Selana war, konnte sehen, daß dahinter ein
Raum lag, kein weiterer Gang. Aber die Tür ging zu, ehe sie
sie erreichen konnten.
Die beiden Mäuse näherten sich vorsichtig der Tür. Ihre
scharfen Mäuseohren konnten hören, wie der Zauberer auf der
anderen Seite herumlief. Der untere Rand der Tür war
mindestens einen Fingerbreit vom Steinboden entfernt, womit
die beiden Mäuse genug Platz hatten, sich durchzuquetschen.
»Nach dir«, dachte Tolpan und zeigte mit seiner bärtigen
Schnauze hin. Selana schlüpfte lautlos unter der Tür durch,
gefolgt von dem Kender, während sich beide fragten, was sie
auf der anderen Seite erwarten würde.
Kapitel 4
Zwei Seiten der Medaille
    Mit einem Spatel löffelte Balkom etwas Eichhörnchengehirn
in eine Steingutschüssel. Sein Labor grenzte an seine
Gemächer in Schloß Tantallon, und er arbeitete an einem
bauchhohen Holztisch. Der Raum war für ein Zaubererlabor
klein, aber im Vergleich zu den anderen Räumen der,
Burg
recht groß. Ein schmaler Spalt in der Außenmauer ließ etwas
Licht herein, doch zusätzlich brannten noch einige Fackeln.
    Stirnrunzelnd leckte er die letzten, bitteren Tropfen aus der
Porzellanschale in seiner rechten Hand. Der Zaubertrank aus
einer schneeweißen Perle und einer Eulenfeder schärfte seine
Sinne auf unangenehme Weise. Geräusche bekamen einen
mißtönenden Beiklang und hallten ungedämpft in seinem Kopf
nach; Gerüche verwirrten den Sinn für Zeit und die Abfolge
vergangener Ereignisse beunruhigend; am schlimmsten aber
waren die Farben und Formen,

Weitere Kostenlose Bücher