Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenlanze - Finstere Pläne

Drachenlanze - Finstere Pläne

Titel: Drachenlanze - Finstere Pläne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
Vom Netzwerk:
wenn er genau geradeaus
guckte – anscheinend die einzig mögliche Blickrichtung –, die
Mauer links von sich sehen konnte, Selana vor sich und die
verschwommenen Umrisse von Kerker und Hof rechts. Er
konnte sich auf jeden Teil dieses Blickfelds konzentrieren,
ohne den Kopf oder die Augen zu drehen. »Wenn man es erst
einmal raus hat, ist es gar nicht so schlecht«, sagte er sich.
Dann begann er sich zu fragen, was er mit seinen Beinen
machen sollte. Als Vogel war es ihm ganz natürlich
vorgekommen, sie unter seinem Körper einzuziehen. Im
Moment baumelten alle sechs Beine nutzlos unter ihm herum.
Tolpan zog sie fest an seinen Bauch. Nein, dachte er, das fühlt
sich auch nicht richtig an. Er beschloß, in Zukunft mehr auf
fliegende Insekten zu achten.
»Bitte, laß das«, flehte Selana. »Du lenkst mich furchtbar ab.
Vergiß nicht, alles, was du denkst, höre ich auch in meinem
Kopf.«
»Huch, entschuldige, daß ich denke«, murmelte Tolpan, dem
erst zu spät einfiel, daß auch dieser Kommentar zu Selana
gesendet wurde.
»Hast du bemerkt, wie schnell wir vorwärtskommen?« Jetzt,
wo er sich an der Wand gut orientieren konnte, war Tolpan
verblüfft, wie schnell sie flogen. Bevor Selana antworten
konnte, merkte der Kender, daß sie schon im Kreuzgang waren,
gleich rechts von der Tür, auf die der Zauberer zugegangen
war.
»Sie ist zu«, dachte Selana. »Können wir uns an der Seite
oder unten durchquetschen?«
»Brauchen wir nicht. Guck mal nach hinten.«
Aus der verschwommenen Ferne kam ihr Feind, kahl und in
seiner Robe. Tolpan erschauerte beim gräßlichen Anblick des
fehlenden rechten Auges des Zauberers und dessen vernarbter
Höhle.
»Wir haben ihn überholt!« jauchzte der Kender. »Wir waren
noch viel schneller, als ich dachte. – Schnell, zur Mauer an der
Tür. Wenn er aufmacht, schlüpfen wir auch hindurch.«
Beide Fliegen setzten sich in Bauchhöhe auf die Steinmauer,
kurz bevor die schwere Tür aufgezogen wurde. Ein Schwall
kalter Luft erwischte sie, dann war der Magier schon vorbei
und durch die Tür verschwunden. Beide Fliegen huschten
hinein. Selana stieß mit der Robe des Mannes zusammen, als
dieser stehenblieb und sich umdrehte, um die Tür zuzuziehen.
Mit einem Bums sperrte sie das Licht aus, und die drei
befanden sich in einem schwach beleuchteten Gang.
Selana summte hin und her, um den schweren Falten der
Zaubererrobe zu entkommen. Schließlich konnte sie sich
befreien, hielt sich aber außen fest und ließ sich unbemerkt
mittragen, während der Mensch den Gang entlang und an
Türen vorbei eilte, an deren Seiten tropfende Kerzen hingen.
Tolpan summte allein hinterher und versuchte dabei, unterwegs
die Türen zu zählen, falls er diesen Weg noch einmal nehmen
mußte.
Sein Zählen wurde von Selanas gedanklichem Drängen
unterbrochen. »Tolpan, setz dich auf seinen Rücken. Dann
kannst du uns nicht verlieren.«
Obwohl dem Kender das wie eine gute Idee vorkam, merkte
er schnell, daß es viel leichter gesagt als getan war. Der Körper
einer Fliege war lange nicht so geschickt wie der eines
Spatzen, und der Rücken des Magiers war ständig in
Bewegung. Seine Kleider hoben und senkten sich bei jedem
Schritt. Tolpans erster Anlauf ging mehrere Fingerbreit
daneben. Beim zweiten Versuch knallte er auf die sich
bewegende Oberfläche und wurde zurückgestoßen. »Das ist zu
schwierig«, protestierte er. »Und ich verzähle mich mit den
Türen.«
Der Zauberer trat über eine Schwelle und auf eine Treppe,
die links nach oben führte. Beim Hochsteigen wurde Tolpan
bewußt, wie müde er schon war. Anscheinend, dachte er, haben
Fliegen nicht viel Ausdauer. Seine Flügel taten weh, und er war
sehr hungrig. Dieser Hunger, stellte er fest, war etwas Neues.
Fliegen mußten Nahrung furchtbar schnell verbrennen. Er
überlegte, ob er nach etwas Eßbarem Ausschau halten sollte,
aber als er sich daran erinnerte, was Fliegen so fraßen, änderte
er schnell seine Meinung. Er beschloß zu warten, bis etwas
Genießbares auftauchte. Dann würde er sich augenblicklich in
etwas verwandeln, das es essen konnte.
Jetzt kamen sie am oberen Ende der Treppe an. Der Magier
trat durch den offenen Ausgang und ging nach links. Als
Tolpan ihm nachsauste, stieß er mit etwas Unsichtbarem
zusammen und blieb hängen. Er versuchte, seine Flügel zu
bewegen, doch der rechte klebte fest. Der linke surrte
vergeblich, bis auch er gegen etwas stieß und fest hing.
Selanas Stimme erklang in seinem Kopf. »Was ist los?
Warum hast

Weitere Kostenlose Bücher