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Drachenlanze - Finstere Pläne

Drachenlanze - Finstere Pläne

Titel: Drachenlanze - Finstere Pläne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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übernahm.
Während er überlegte, wie er das Thema dem Gott
gegenüber anschneiden sollte, drückte Balkom auf die Wunde
in
seiner Handfläche, bis der Blutstrom verebbte. Dann
umwickelte er ihn fest mit einem sauberen Stück Seide aus
einem emaillierten Kästchen neben dem Diwan. Mit der
kleinen Schale kehrte er in sein Labor zurück. Dort vermischte
er das gerinnende Blut mit süß duftenden Pülverchen zu einer
Paste. Die setzte er über einem rotglühenden Kohlebecken auf
und steckte dann den Kopf in die Rauchwolke, die aus der
Schale aufstieg. Dieser widerliche Dunst ließ die Erschöpfung
der letzten zehn Stunden verschwinden, so daß Balkom sich
wieder frisch und wach fühlte.
Er hatte dieses Ritual unzählige Male durchgeführt, bevor er
Hiddukel beschwor. Jede Begegnung mit dem scharfzüngigen
Gott war ein Duell des Willens. Hiddukel war der unsterbliche
Herr der Verträge. Alles, was während einer Unterhaltung mit
ihm gesagt wurde, ganz gleich, wie unbedeutend es scheinen
mochte, konnte einen auf ewig binden. Balkom hatte schon vor
langer Zeit erkannt, daß jede erdenkliche Vorsicht angebracht
war, wenn man mit einem solchen Wesen verhandelte.
Nachdem er sich klar und gestärkt fühlte, ging Balkom von
seinem Arbeitstisch zu einem reich verzierten Schrank in der
Ecke. Dieser enthielt oben und unten symmetrisch angeordnete
Fächer und dazwischen eine Unmenge kleiner Schubladen. Der
Zauberer wählte eine Schublade aus und zog sie vollständig
heraus. Dann griff er dahinter ins Leere und holte ein kleines
Kästchen aus glänzend poliertem, grauem Schiefer hervor. Jede
Seite war nur ungefähr zwei Finger breit. Er zog eine zweite
Schublade ganz heraus und ließ flink ein verborgenes Fach an
der Rückseite aufschnappen, aus dem er einen winzigen
Bronzeschlüssel zog. Er wandte sich wieder dem
Schieferkästchen zu, drehte es in den Händen, bis er die Seite
gefunden hatte, die er suchte. Vorsichtig zog er den
Bronzeschlüssel über diese Seite des Kästchens, und dann
erschien eine Vertiefung in der Größe des Schlüssels. Balkom
drückte den Schlüssel in die Kerbe, und sofort ging das
Kästchen auf; ein kleiner, tiefblauer Samtbeutel lag darin.
Vorsichtig faltete Balkom den Beutel auf, der zunächst leer
erschien. Das Erstaunlichste daran waren die sechs winzigen
Stahlhände, die die Beutelöffnung fest geschlossen hielten. Der
Zauberer sprach die Worte: »Buldi vetivich«, und entließ damit
die magischen Hüter, die das Täschchen schützten. Die sechs
Händchen verschwanden.
Vor Aufregung zitternd, kippte Balkom den scheinbar leeren
Beutel um, und heraus kullerte ein perfekt geschliffener,
faustgroßer Rubin. Obwohl Balkom den Stein ins Licht einer
der vielen Kerzen im Raum hielt, konnte er das verängstigte,
junge Gesicht tief in den weinfarbenen Facetten des Steins
kaum erkennen, das hin und her blickte und vergeblich die
Dinge außerhalb seines magischen Gefängnisses zu erkennen
suchte.
Sie hatten es ihm so leichtgemacht, der Ritter und sein Sohn
und besonders der nichtsahnende Delbridge, der durch die
Enthüllung des geheimen Plans allen außer sich selbst ein Alibi
verschafft hatte. Es war ein Kinderspiel gewesen, den Edelstein
zwischen Rostrevors Laken zu schieben, während er
die
Umgebung angeblich magisch versiegelte. In dem Moment, wo
der Knappe den Stein berührte, wurde er hineingezogen und
saß wie ein Flaschengeist gefangen. Als Balkom den Raum am
Morgen öffnete, mußte er nur noch den Edelstein unbemerkt
einstecken. Alle anderen waren viel zu sehr mit dem
unerklärlichen Verschwinden des Knappen beschäftigt
gewesen.
Aber eine Seele einzufangen war kein leichtes Unterfangen,
nicht einmal für einen so mächtigen Zauberer wie Balkom.
Zuerst brauchte der Zauberer ein Behältnis, das ein Edelstein
von unschätzbarem Wert sein mußte, weil er sonst zerspringen
würde, wenn man die Seele hineinzwang. Dann war es
notwendig, den Stein zu bezaubern, damit er überhaupt für
Magie aufnahmefähig wurde. Anschließend mußte der Magier
ein Zauberlabyrinth innerhalb des Edelsteins erschaffen, das als
Gefängnis für eine Seele dienen konnte. All diese Schritte
waren vor dem Zauber erforderlich, der die Seele letztendlich
einfing, und mußten wie ein Ritual jedes einzelne Mal
nacheinander befolgt werden, wenn Balkom ein Opfer
brauchte, um Hiddukels Hunger zu stillen.
Hunger war vielleicht das falsche Wort. Balkom fragte sich,
wie so oft, welchen Nutzen Hiddukel aus den Seelen zog,

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