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Drachenlanze - Finstere Pläne

Drachenlanze - Finstere Pläne

Titel: Drachenlanze - Finstere Pläne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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Balkom scheint sich daran zu orientieren, und so verirre
ich mich wenigstens nicht.
Sie konnte währenddessen die Berge kaum aus den Augen
lassen. Selana hatte noch nie solche Gipfel gesehen. In ihrem
Heimatreich konnte jeder leicht über die Unterwassergebirge
hinwegschwimmen, aber die waren ziemlich trostlos, und ihre
Spitzen und Kanten waren von der unermüdlichen Bewegung
des Wassers rundgewaschen. Diese hier hingegen waren kühn
zerklüftet und voller Leben. Dennoch erinnerte sie dieser
interessante Flug mehr an ihr Zuhause als alles andere, seit sie
das Meer verlassen hatte.
Burg Tantallon lag vielleicht dreißig Minuten zurück, als
Selana sich allmählich merkwürdig schwer fühlte und ihr
Blickfeld verschwamm. Der Trank. Wahrscheinlich ließ seine
Wirkung nach. Mit klopfendem Herzen senkte die Meerelf in
sofort ihren Kopf, legte die Flügel an und schoß direkt zur
moosbedeckten Erde hinunter.
Sie hätte es fast geschafft.
Hinter den obersten Zweigen der Fichten und der
knospenden Espen, genau über einem grasbewachsenen
Abhang am Flußufer verwandelte sich der Sperling wieder in
eine Meerelfin. Sie stürzte über acht Fuß tief ab, wobei ihr
blauer Mantel um sie herumflatterte, und landete unsanft in
einem großen, stacheligen Dickicht.
Mit einem durchdringenden Schmerzensschrei sprang Selana
aus den Büschen, doch ihre Robe verfing sich in den spitzen
Dornen. Tränen traten ihr in die Augen, während sie fast
hysterisch an ihrem Umhang zerrte. Jetzt war das gute Stück,
das schon bei dem Satyren und der Hetzjagd durch Tantallon
arg gelitten hatte, völlig zerrissen. Sie zog an dem zerrissenen
Stoff und heulte vor Enttäuschung und vor Erschöpfung nach
all den Strapazen der vergangenen Tage, dem wenigen Schlaf,
dem wenigen Essen. Das kleine Stück von dem Umhang, das
noch um ihren Hals lag, riß sie ab und warf es wütend in den
Busch, was ihren Ärger etwas besänftigte.
Ihr blaßsilbernes Haar war zerzaust und hing ihr in losen
Strähnen um das verschwitzte, schmutzige, zerkratzte Gesicht.
Mit nichts bekleidet als ihrer dünnen, gelblichen, wadenlangen
Tunika sank die Prinzessin der Dargonesti-Elfen auf die Knie
und weinte bitterlich.
»Was soll ich jetzt bloß machen?« schluchzte sie den
Himmel an. Balkom war längst nicht mehr zu sehen, und sie
hatte nur eine unklare Vorstellung von seinem Ziel: ein
Versteck flußaufwärts, das jedoch meilenweit entfernt sein
konnte. Zu einer Kugel zusammengerollt, hielt Selana sich mit
den zerkratzten Händen den Kopf und weinte, bis sie keine
Tränen mehr hatte und eine unheimliche Ruhe sie überkam.
Sie hatte keinen Proviant, keinen Unterschlupf und keine
magischen Sprüche mehr übrig. Da sie todmüde war, mußte sie
schlafen, bevor sie wieder zaubern konnte. Um Balkom
überhaupt noch zu erreichen, bevor es zu spät war, das
Armband zurückzuholen oder Rostrevor zu retten, würde sie zu
Fuß über Land ziehen müssen. Diese Aussicht war fast
unerträglich für sie. Wütend nahm Selana eine große Handvoll
Kieselsteine und schleuderte sie vor lauter Zorn in den Fluß.
Fern von ihrem Volk und noch weiter weg von allem, was
ihrem Leben im Meer ähnelte, fühlte sich die junge Meerelfin
mutterseelenallein.
Selana berührte mit ihrer Zunge eine salzige Träne, die über
ihre Lippen rann, und lächelte traurig, denn sie dachte an
schöne Zeiten, die sie mit ihrer Familie – besonders mit ihrem
großen Bruder – im Meer verbracht hatte. Semunel neckte sie
furchtbar gern. Wenn sie ihm beim Fangen spielen nah kam,
verwandelte er sich einfach in einen Delphin, eine Gestalt, die
alle Dargonesti von Natur aus annehmen können, die jedoch
meist nur auf der Flucht vor räuberischen Feinden benutzt
wurde. Er schwamm schneller als sie, tauchte durch die
Korallenriffe und die vielen Schiffswracks, mit denen der
Meeresboden übersät war, und war ihr dabei immer nur eine
Länge voraus, so daß sie ihn nicht packen konnte.
Als sie noch ganz klein war, hatte sie geweint und sich bei
ihrem Vater, der Stimme der Monde, beschwert, der Semunel
dann zurechtwies.
»Alle Mitglieder des Königshauses der Dargonesti müssen
darüber stehen, jemanden lächerlich zu machen oder besiegen
zu wollen, selbst untereinander«, sagte er in solchen Fällen
streng.
Hinterher kniff Semunel sie, wenn ihr Vater nicht hinsah.
»Du bist eine verzogene Prinzessin, Schwesterchen. Eines
Tages wird Vater nicht dasein, um deine Kämpfe für dich
durchzustehen«, schalt er. Und wenn sie dann vor

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