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Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Titel: Drachenlanze - Ungleiche Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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deutlicher hervor. Er war
stärker als jeder andere, und seine Brust war breiter, obwohl er
im Vergleich zu einem starken Menschen schmal gewirkt hätte.
Auch sein Gesicht zeigte, wie er sich verändert hatte. Seinen
Zügen mangelte es an der typischen Ebenmäßigkeit der Elfen;
sie wirkten nicht wie aus poliertem Alabaster, sondern eher wie
aus Stein gemeißelt. Sein Kiefer war eckig, der Nasenrücken
stark und gerade und seine Wangenknochen kantig. Und
natürlich waren seine Augen weniger mandelförmig als die der
anderen Elfen.
Flint wußte, daß Tanis drüben in Solace als schöner, junger
Mann angesehen werden würde, aber hier… nun, die meisten
in der Stadt hatten sich inzwischen anscheinend an ihn
gewöhnt, so daß er nicht mehr dauernd angestarrt wurde.
Zumindest gab es nur noch selten einen gemurmelten
Kommentar, der nie so laut geäußert wurde, daß Tanis oder
Flint denjenigen wirklich stellen konnten. Dennoch war es eine
schwere Zeit für Tanis gewesen. Menschen alterten so viel
schneller als Elfen und Zwerge, daß Tanis sich – für sein
Elfenvolk – wie über Nacht verändert hatte.
»Hast du nichts zu tun?« fragte Flint gereizt, wobei er darauf
achtete, zwischen Tanis und dem verdeckten Schwert zu
stehen.
»Zum Beispiel?« fragte Tanis. Er schien zu merken, daß mit
dem Zwerg etwas los war.
»Zum Beispiel alles, was du sonst auch machst«, redete Flint
barsch weiter. »Ich bin zu… zu krank, um dich heute zu
unterhalten, Junge. Ich brauche meine Ruhe.« Er schielte aus
dem Augenwinkel zu Tanis, um zu sehen, ob der Halbelf ihm
das abkaufte.
Tanis schüttelte den Kopf. Also hatte Flint mal wieder einen
seiner launischen Tage.
»Na schön, Flint. Ich wollte eigentlich vorschlagen, daß wir
uns in ein kleines Abenteuer stürzen«, Flints Augen wurden
groß, und er nieste plötzlich gewaltig, »aber ich denke, das
kann auf einen anderen Tag warten.« Der Halbelf kratzte sich
abwesend am Kinn.
»Du solltest dich lieber mal wieder rasieren«, sagte Flint,
»oder es wachsen lassen. Entweder – oder, wenn du nicht wie
ein Bandit aussehen willst.«
Tanis fuhr sich überrascht mit der Hand über die Wange, wo
er die Stoppeln eines wenige Tage alten Barts fühlte. Ein
Geschenk seines Menschenvaters – oder ein Fluch, je nach
Betrachtungsweise, fand Tanis. Seit etwa einem Jahr machte
sich der Bart bemerkbar, doch Tanis hatte sich immer noch
nicht daran gewöhnt. Er mußte mal wieder zu dem
Rasiermesser greifen, das Flint ihm gemacht hatte.
»Warum du keinen richtig schönen Bart willst, will mir nicht
in den Kopf«, klagte Flint.
Tanis schüttelte abwesend den Kopf. Wachsen lassen? Das
konnte er nicht über sich bringen. Flint sah die Geste und
beließ es dabei.
»Na schön, Flint, ich überlasse dich deinem Schmollen«,
sagte Tanis. »Eigentlich bin ich hier, um dir eine Nachricht zu
bringen. Morgen Nachmittag gibt es so eine Bekanntmachung
am Hof, und die Stimme hat mich gebeten, dich einzuladen.«
»Bekanntmachung?« fragte Flint und zog die buschigen
Augenbrauen zusammen. »Weswegen?«
Tanis zuckte wieder mit den Achseln. »Keine Ahnung. Die
Stimme hat sich einen Tag lang mit Lord Xenoth und Tyresian
zurückgezogen. Ich schätze, du wirst es gleichzeitig mit mir
herausfinden.« Mit einem Lächeln verließ der Halbelf den
Laden. Die kleine Glocke bimmelte wieder. Flint wartete noch
etwas, um ganz sicher zu sein, daß Tanis nicht zurückkam. Erst
dann deckte er das Schwert ab und rieb sich die Hände. O ja!
Das würde ein wunderbares Schwert werden!
Bald konnte man wieder den Rhythmus seines Hammers
vernehmen.
    Flints Laden sollte heute noch mehr Gäste sehen. Tanis’
Schritte waren auf der Gasse kaum verklungen, als die Glocke
schon wieder ertönte. Wieder warf Flint das Tuch über das
Schwert und stellte sich eilig vor die Waffe.
    Aber es war nicht Tanis. Es war eine alte Frau, die selbst für
eine Elf in alt war – doch Flint glaubte, auch einen Schuß
Menschenblut wahrnehmen zu können. Sie war klein und
drahtig und für eine Elfin auffällig gekleidet. Elfen liebten
fließende Gewänder, doch die Alte trug ein lockeres grünes
Oberteil aus einem Webstoff und einen angekräuselten
Wollrock. Der Rock reichte fast bis zum Boden, wodurch sie
noch kleiner wirkte als sie war. Eigentlich war sie kaum größer
als der Zwerg, was er bei einem erwachsenen Elfen noch nie
erlebt hatte. Die Augen, die aus dem dreieckigen Gesicht
blinzelten, waren rund und nußbraun – ein weiterer Hinweis
auf menschliche

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