Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
vorankam.
Rechts von ihm sah er die große Wiese, was bedeutete, daß die Stadt nur noch eine Viertelmeile entfernt war. Gut, bald würde er am Haus der Vanadins sein. Vielleicht wartete Maurynna dort auf ihn …
Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung. Er riß den Kopf herum und starrte in die Dunkelheit.
Am Rand der Wiese kamen zwei Reiter aus dem Wald, als hätten sie nur auf ihn gewartet. Linden griff nach Tsan Rhilin.
Seit seinem Erlebnis in der Lichtung trug er das Großschwert immer bei sich, wenn er die Stadt verließ.
Doch bevor seine Hand den Schwert griff erreichte, riß einer der Männer etwas hoch. Ein stechender Schmerz explodierte im Körper des Drachenlords. Er schrie auf und fiel halb vom Pferd. Bevor er sich wieder hochziehen konnte, scheute der verschreckte Wallach, warf ihn aus dem Sattel und preschte in die Dunkelheit.
Von Schmerzen gepeinigt, krümmte sich Linden im Schlamm, jede neue Schmerzwelle schlimmer als die vorherige.
Zu hoffen, er hätte ihr zu Hause eine Nachricht hinterlassen, war töricht gewesen. Sollte Gifnu ihn holen und ihn in den neun Yerrin-Höllen schmoren lassen. Ob Drachenlord oder nicht, er hatte kein Recht, sie so zu behandeln und Almereds Einladung zu ignorieren.
Und Otter hatte gesagt, Linden sei ein netter Kerl.
Ein Anflug von Panik durchfuhr Maurynna. Er verebbte sogleich wieder, doch ein unbehagliches Gefühl blieb zurück, und ohne weiter nachzudenken, streifte sie das Nachthemd ab und zog Hosen, Tunika und Stiefel an. Sie nahm den Gürtel mit dem Dolch daran und ging so leise wie möglich nach unten.
Maurynna steckte den Kopf in die Küche. Maylin knetete Teig.
»Ich brauche noch eine Weile; ich komme hoch, wenn ich fertig bin«, sagte Maylin.
»Ahm – ich kann nicht schlafen. Ich glaube, ich gehe noch mal ins Lagerhaus und arbeite ein paar Lieferlisten durch.« Sie räusperte sich. »Warte nicht auf mich.«
Maylin pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Meinetwegen«, sagte sie und wandte sich wieder dem Teig zu.
Maurynna warf sich den Umhang über die Schultern und schlich durch den Flur. Dann öffnete sie die Tür und schlüpfte in den Regen hinaus. Sie mußte Linden suchen. Aber wo?
44. KAPITEL
Feuer loderte in Lindens Körper, während sich seine Muskeln krampfartig zusammenzogen und wieder sekundenlang entspannten. Er wand sich hilflos im Schlamm. Es schien, als würde Säure durch seine Adern fließen. Wäre er dazu fähig gewesen, hätte er geschrien. Doch selbst diese Erleichterung blieb ihm verwehrt. Er konnte nur wie ein Tier grunzen.
Ein Krampf nach dem anderen schüttelte ihn durch. Was geschah mit ihm? Er hatte noch nie von einer Krankheit wie dieser gehört.
Ihm kam ein panischer Gedanke. Was, wenn er über den Boden rollte und mit dem Gesicht nach unten im Schlamm liegenblieb? Er hatte nicht die Kraft, um aufzustehen; er würde ertrinken.
Als wäre der Anflug von Panik ein Signal, begannen sich seine Gedanken zu überschlagen. Bilder purzelten an seinem inneren Auge vorbei, während er allmählich das Bewußtsein verlor. In Gedanken sah er eine letzte Erinnerung, angestrahlt wie von einem Blitz: die trinkende Sherrine, die ihm anschließend den Silberbecher reichte.
Gift? Das Wort hallte in seinem Geist wider, während er in Dunkelheit versank. Aber wie – wie – wie …
»Rynna, wo willst du hin?«
Maurynna ballte frustriert die Fäuste und blieb stehen. Sie hätte wissen müssen, daß Maylin ihr nicht glauben würde. »Ich gehe spazieren.«
Vielleicht – nur vielleicht – würde ihre Cousine den Wink verstehen und sie in Ruhe lassen.
Maylin schloß zu ihr auf und schnaubte spöttisch, die mehlbedeckten Fäuste in die Hüften gestemmt. »Um diese Zeit? Im Regen? Verkauf mich nicht für dumm, Rynna. Was hast du wirklich vor?«
Maurynna biß sich auf die Lippe und fragte sich, welche Geschichte sie dem jüngeren Mädchen auftischen sollte. Wenn sie ihrer Cousine erzählte, was sie vorhatte, würde Maylin sie nach Hause schleifen und ihre Mutter aus dem Schlaf brüllen. Dennoch platzten die Worte aus ihr heraus. »Linden suchen. Irgend etwas stimmt nicht. Ich weiß es.«
Sie hätte sich am liebsten geohrfeigt. Und der lange, finstere Blick, mit dem Maylin sie bedachte, war auch nicht dazu angetan, ihre sowieso schon angegriffenen Nerven zu beruhigen. Gerade als sie den Blick nicht länger ertragen konnte, sagte das andere Mädchen: »Maurynna, sei nicht dumm. Und wenn du herausfindest, daß er bei einer
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