Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
eines Monats. Von einer einzigen Zuhälterin. Und anderen passierte es auch, hatte Sossie gesagt. Eigenartig.
Und beunruhigend. Es gab immer ein paar Huren, die glaubten, auf eigene Faust mehr zu verdienen. Manchmal hatten sie recht. Meistens jedoch lagen sie sehr, sehr falsch. Er hoffte, daß Nobbie nicht zur letzteren Kategorie gehörte. Der kleine Nobs hatte ihm ein, zweimal ausgeholfen, als seine Einkünfte mager gewesen waren.
Eel seufzte. Er würde sich eine Weile aufs Ohr legen und später nach dem kleinen Kerl suchen und ein ernstes Wort mit ihm reden. Lieber für Mutter Sossie anschaffen, als ohne jeden Schutz auf der Straße zu stehen.
Überhaupt, was in aller Welt hatte Nobbie dazu veranlaßt wegzulaufen? Und all die anderen – und was war aus ihnen geworden?
61. KAPITEL
Maurynna leckte ihre Finger ab, als Tante Elenna das nächste Tablett hereintrug. Sie stöhnte lachend auf und sagte: »Nicht noch mehr, sonst bringt mein Gewicht die Seenebel noch zum Kentern! Das war auch so schon das größte und beste Frühstück, das ich je hatte. Hmm – was ist das?«
Maylin lachte. »Süßfleischbällchen. Probier eins und sag mir, wie es schmeckt. Die sind für die Gäste, die heute abend nach dem Fest der Parfümierergilde herkommen.«
Maurynna nahm eins der Fleischbällchen vom Tablett und schob es in den Mund. »Mmmmm lecker. Jetzt bereue ich es noch mehr, daß ich nicht bleiben kann. Wo findet euer Fest dieses Jahr statt?«
»Im neuen Gildesaal«, antwortete Tante Elenna. »Bist du sicher, daß du deine Abreise nicht noch einen Tag hinausschieben kannst? Du weißt, daß du herzlich eingeladen bist«
»Ich weiß. Aber ich habe Linden versprochen, daß ich heute aufbreche – und die Mannschaft wartet auf mich.«
Resigniert hob ihre Tante die Hände. »Wenn ein Drachenlord es wünscht … Ah, Rynna, am liebsten würde ich noch bleiben, aber ich muß rüber zu Shaina und ihr beim Backen helfen. Also, lebe wohl und noch mal alles Gute zum Geburtstag.«
Maurynna erhob sich von ihrem Stuhl, dann beugte sie sich zu ihrer winzigen Tante hinunter und umarmte sie. »Danke für alles. Ich weiß, daß ich dieses Mal kein pflegeleichter Gast war, aber …«
»Wie auch, bei allem, was passiert ist«, sagte Tante Elenna trocken.
»Stimmt«, sagte Maylin. »War wahrscheinlich fast zuviel für einen … Echtmenschen.«
Es war Feiertag. Selbst ein Dieb mußte sich mal freinehmen. Eel schlenderte durch die Straßen und bewunderte die Waren der zahllosen Händler. Er ging sogar soweit, am Stand eines älteren Paares eine Fleischpastete zu kaufen, anstatt sie – wie gewöhnlich – zu stehlen. Zufrieden schmatzend schlenderte er weiter und genoß den Trubel um sich herum.
Er stand am Eingang der Gaukelnden Kuh und überlegte, ob er jetzt zu trinken beginnen oder lieber noch ein bißchen warten sollte, als der Mann mit dem eckigen Gesicht herauskam, den er vergangenen Abend mit Nobbie gesehen hatte. An der Art, wie seine Hand auf der Gürteltasche lag, glaubte Eel ablesen zu können, daß der Mann etwas Wertvolles darin trug. Gold? Blitzschnell zückte Eel sein winziges scharfes Messer. Dann überlegte er es sich anders. Konnte es sein, daß Nobbie sich dem Kerl angeschlossen hatte?
Eel tauchte in die Menge ein und folgte dem Mann.
Am späten Nachmittag war es noch drückender als am Morgen. Die Hitze verschlimmerte den üblichen Hafengestank noch: Flußschlamm, toter Fisch und andere stechende Gerüche, deren Ursprung Maurynna lieber nicht wissen wollte. Doch allem Gestank zum Trotz konnte sie den frischen salzigen Duft des Meeres riechen. Sie sehnte sich danach, obgleich der größere Teil ihres Selbst in Casna bleiben wollte. Das wäre von allen Geburtstagsgeschenken das schönste gewesen.
»Wir sind fast soweit, Käpt’n«, rief Master Remon ihr von der Seenebel zu.
Sie winkte und sagte zu Otter, der sie zum Hafen gebracht hatte: »Ich werde dich an Bord der Seenebel vermissen, obwohl du einem manchmal ziemlich auf die Nerven gehen kannst.«
»Und ich werde dich vermissen, obwohl du sturer bist als ein gewisser Drachenlord, den ich kenne«, erwiderte er.
Sie lächelte verdrossen. Götter, wie sehr sie am liebsten umkehren und zu Linden eilen wollte. Aber sie hatte ihm versprochen, heute in See zu stechen. »Ich wünschte, er könnte vorbeikommen und sich von mir verabschieden.«
Wieder tastete Otters Hand nach seiner Gürteltasche, wie schon des öfteren während des gesamten Tages. Sie fragte
Weitere Kostenlose Bücher