Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
den Fall, daß er sie dort wieder alleine zu treffen gehofft hatte.
Aber ihr Yerrin war verschwunden.
Verwirrt ließ sie die Arbeiter länger schuften, als sie es normalerweise getan hätte. Dann waren Fackeln eben teuer … vielleicht würde er zurückkommen …
Doch nun lag das leere Schiff hoch im Wasser, und von dem Mann war weit und breit nichts zu sehen. Es gab keinen Grund, noch länger am Hafen zu bleiben. Die Arbeit war erledigt. Sie war müde und enttäuscht und sehnte sich nach der Behaglichkeit ihrer Familie.
Vor dem Lagerhaus traf Maurynna auf ihre wartende Cousine. Das jüngere Mädchen saß auf einem Pferd der Familie und hielt die Zügel eines zweiten in der Hand.
»Ich dachte, du würdest zu müde sein, um zu laufen, Bohnenstange«, rief ihre Cousine fröhlich. »Dein Freund, der Barde, erzählte uns, daß du helfen mußtest, die Ladung zu löschen.«
»Dank dir, Maylin«, sagte Maurynna und schwang sich in den Sattel. Sie war völlig erschöpft. »Du hast ja keine Ahnung. Wie geht es Otter?«
»Er hat uns von eurem Sturm erzählt. Er sah so mitgenommen aus, daß Mutter ihn sofort zu Bett geschickt hat.«
»Otter ist ohne Widerspruch zu Bett gegangen? Götter, der Sturm muß ihm mehr zu schaffen gemacht haben, als mir bewußt war. Bin ich froh, daß er sich hingelegt hat.« Maurynna ließ den Kopf kreisen, um ihre Schultermuskeln zu lockern.
Sie hörte kaum zu, als Maylin ihr erzählte, wie sehr sich die Familie freue, daß sie sicher nach Casna gelangt war und daß ein leckeres Abendbrot auf sie warte. Statt dessen fragte sie sich, wie viele Docks sie würde absuchen müssen, bis sie ihren Yerrin wiederfand.
16. KAPITEL
Linden? Linden?« Linden schaute auf. »Was? Tut mir leid, ich habe nicht zugehört.«
»Das geht schon den ganzen Abend so«, sagte Kief trocken. »Ihr seid in Gedanken meilenweit weg.« Er lehnte sich zurück, so daß der Diener die Teller vom Tisch räumen konnte.
»Träumt Ihr von Sherrine?« fragte Tarina. Ihr Grinsen war der blanke Hohn.
Linden schüttelte den Kopf und lächelte versonnen. »Nein, ich habe heute jemanden kennengelernt.« Es so auszudrücken erschien ihm ein wenig unloyal, doch falls seine Vermutung stimmte …
»Du meine Güte«, spottete sie. »Dann hat Sherrine also eine Rivalin? Das gibt es doch nicht.«
Linden erhob sich vom Tisch. »Wollen wir den Wein im Gartenpavillon trinken? Es ist ein wunderschöner Abend.«
Mit seiner Geiststimme fuhr er fort: Dorf sind keine Diener. Ich muß mit Euch beiden über etwas reden. Er ließ in der Geistesverbindung einen Hauch seines Hochgefühls aufblitzen.
Kief und Tarina wechselten bedeutungsvolle Blicke. Kief sagte: »Warum nicht?«
Tarina erhob sich aus ihrem Stuhl, einen Weinkelch in der Hand. »Eine wundervolle Idee, Linden.« Sie nahm die Hand, die Kief ihr darbot.
Sie sprachen nicht, während sie durch die Räume der Residenz am Uildodd schritten, die Kief und Tarina zur Verfügung gestellt worden war. Als sie die verglasten Türen zum Garten erreichten, schüttelte Linden den Kopf.
Er sagte: »Ich glaube, daran werde ich mich nie gewöhnen.
Als ich noch mit Bram und Rani zusammen war, war Glas äußerst selten. Heutzutage setzen die Leute eine Scheibe nach der anderen in ihre Türen und wandhohen Fenster ein.«
»Ich weiß, was Ihr meint«, sagte Kief. »Ich habe Glas auch erst lange nach meiner Ersten Verwandlung gesehen.«
Sie traten nach draußen in die warme Dunkelheit. Einer der Diener folgte ihnen mit einer Weinkaraffe.
»Schon gut, Harn. Wir bedienen uns selbst. Gib mir einfach den Wein«, sagte Kief.
Der Mann stand in der Türschwelle und klammerte sich an die Karaffe wie ein Ertrinkender an einen Holzbalken. Ein nervöses Lächeln huschte über seine sonst so ausdruckslosen Züge. »Das ist sehr großzügig, Euer Gnaden, aber es wäre mir ein Vergnügen …«
Linden nahm ihm die Karaffe aus der Hand. »Wir möchten dich nicht von deinen sonstigen Pflichten abhalten, Ham. Mache dir keine Gedanken um uns.«
Harn fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Aber …«
»Kein aber«, sagte Kief. Seine Stimme klang freundlich, ließ jedoch keinen Widerspruch zu.
Harn zog sich zurück.
Sie schlenderten über den Kiesweg, der zum Pavillon führte. Kief schüttelte den Kopf. »Ich mag es zwar, wenn ein Diener mit Eifer bei der Sache ist, aber manchmal …«
»Falsch, Liebster«, sagte Tarina. »Hast du nicht seinen Gesichtsausdruck gesehen, als er wieder
Weitere Kostenlose Bücher