Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
Dummkopf«, sagte Maurynna und trat näher zu Linden. Sie hielt inne und streichelte die schwarze Nase. »Es gab nicht genug für alle; es wäre unhöflich gewesen.« Boreal ließ sein Kinn auf ihrer Schulter ruhen. Auch Miki und Hillel gesellten sich zu ihren Drachenlords.
Shan zuckte mit den Ohren, als wollte er sagen, das könne zwar so sein, er erwartete aber später, wenn sie allein wären, mehr. Er gestattete es Linden, ihm den Hals zu streicheln; Linden lächelte und konzentrierte sich boshaft auf die kitzligste Stelle am Ansatz der Mähne. Einen Augenblick später reckte Shan die Nase zum Himmel und streckte die zitternde Oberlippe. Er sah bemerkenswert albern aus.
Linden betrachtete die gemischte Herde. Zwei Llysanyaner fehlten, eine Stute und einer ihrer vielen Enkel. Linden beschloß, ihnen noch ein wenig Zeit zu lassen. Er streichelte weiter Shans Hals. Die beiden fehlenden Llysanyaner tauchten nicht auf. Als er der Ansicht war, daß genug Zeit vergangen war, hielt Linden inne und ließ die Hand auf der Schulter des Hengstes ruhen.
»Das genügt. Wir haben etwas Ernsthaftes mit euch zu besprechen«, verkündete er.
Jeder Llysanyaner, der bisher weitergeweidet hatte oder ansonsten beschäftigt gewesen war, hielt inne, und alle wandten Linden ihre Aufmerksamkeit zu. Viele schauten auch die Echtmenschen in der Gruppe an und dann einander. Wie immer fragte Linden sich, wieviel die Tiere wirklich denken konnten; er hätte schwören können, daß viele dieser Blicke sagten Was haben diese Echtmenschen mit uns zu tun? Einige drängten die normalen Pferde weg. Es ging sie nichts an, und sie würden nur ablenken.
Als beinahe alle Llysanyaner versammelt waren, begann Linden mit seiner Ansprache und hielt dabei weiter nach den fehlenden Llysanyanern Ausschau. Sie waren immer noch nicht da, aber er konnte nicht mehr warten. »Ihr habt gesehen, wie die Echtdrachen nach Süden geflogen sind, nicht wahr?«
Allgemeines Nicken. Die Llysanyaner warteten.
»Ihr habt gesehen, wie sie zurückkehrten.«
Ein paar Köpfe wurden abgewandt. Linden wußte, daß die intelligenten Llysanyaner erkannt – und wahrscheinlich verstanden – hatten, was es bedeutete, als der geschlagene Rest dieser einstmals so stolzen Armee auf dem Heimweg wieder vorbeikam. Und zweifellos hatten viele Llysanyaner gelauscht, wenn ihre Drachenlords oder die Stallhelfer über die Angelegenheit gesprochen hatten.
»Es wurde beschlossen, daß Drachenlords ins ferne Jehanglan ziehen, um dem gefangenen Echtdrachen Pirakos zu helfen. Und dabei brauchen wir eure Hilfe.« Nun sah er die beiden, die zuvor gefehlt hatten, am Rand der kleinen Herde stehen und sprach lauter, damit auch sie ihn hören konnten. »Wir brauchen zwei Llysanyaner, die bereit sind, Echtmenschen zu tragen« – einige wandten sich sofort ab; also gut, gab Linden zu, das hatte er erwartet … »und die so tun wollen, als wären sie nichts anderes als normale Pferde.« Er hielt inne, damit die verbliebenen Llysanyaner über seine Worte nachdenken konnten.
Shan, Miki und Hillel waren an solche Verstellung gewohnt, das wußte er; Linden war nicht immer ganz offen als Drachenlord unterwegs, ebensowenig wie Lleld oder Jekkanadar. Der unerfahrene Boreal würde ihrem Vorbild folgen und schnell lernen.
Die Stute und ihr Enkel kamen ein wenig näher. Lindens Hoffnungen wuchsen mit jedem bedächtigen Schritt; die beiden schienen als einzige interessiert zu sein. Keiner von ihnen hatte bisher einen Drachenlord erwählt, obwohl viele versucht hatten, sie zu verlocken; es waren wunderschöne Tiere, schwarz mit eisengrauen Mähnen und Schweifen. Linden hatte schon viele ihrer Art gesehen, aber das waren echte Graue gewesen, deren Fell und Mähnen im Lauf der Jahre weiß geworden waren. Die beiden hatten die ungewöhnliche Farbe behalten; Linden glaubte nicht, daß andere als Llysanyaner das konnten.
Und noch mehr als ihre ungewöhnliche Farbe trennte sie von anderen. Chailen, der Stallmeister, bezeichnete sie als eine Art Eremiten unter Pferden oder Llysanyanern. Sie interessierten sich wenig für andere, zogen es vor, allein zu grasen, und wandten sich demonstrativ ab, wenn ein anderer Llysanyaner oder ein Pferd ihnen zu nahe kam. Und immer bewegten sie sich im Gleichklang, als teilten sie ihre Gedanken.
»Seltsame Tiere«, hatte Chailen erklärt. Und das kam von einem Kir, der mit Llysanyanern und ihrer Art gearbeitet hatte, seit er jung gewesen war.
Hoffen wir, daß diese »Seltsamkeit«
Weitere Kostenlose Bücher