Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
wie sie ihn als Verwandten aufnahmen. Zweifellos war Raven einmal davon ausgegangen, selbst eines Tages hier zu stehen und diesen Leuten als Maurynnas Mann gegenüberzutreten. Statt dessen befand sich ein anderer an seinem Platz, und nicht nur als Ehemann, sondern als viel, viel mehr.
Seelengefährte.
All das war seinem Gesicht deutlich anzusehen. Dann schwang sich Raven mit einer abrupten Bewegung wieder auf Sturmwinds Rücken.
»Ich habe beschlossen, mit den anderen im Gasthaus zu übernachten«, sagte er. Man mußte Raven lassen, daß seine Stimme ihn nicht verriet.
»Aber Raven …«, begann Maurynna.
Linden sprach rasch im Geist mit ihr und gestattete Otter zu »lauschen«, damit der Barde keinen weiteren Kommentar abgab. Laß ihn, Liebste. Mich mit deiner Familie zu sehen macht alles nur noch schlimmer für ihn.
Ein winziges Nicken zeigte, daß sie verstanden hatte.
»Also gut, Raven. Wir sollten uns auf den Weg machen«, sagte Lleld und fügte mit einem Nicken zu Taren hinzu: »Es war ein langer Ritt. Wir heben uns die Vorstellungen für morgen auf und überlassen euch beide und Otter der Fürsorge deiner Familie, Rynna.« Sie bedachte Owin und Maylin mit einem frechen Grinsen, und die beiden starrten sie neugierig an. Wer konnte es nur wagen, mit zwei Drachenlords so zu sprechen, wie es diese Person tat, die wie ein Kind aussah?
Lleld hob die Hand zum Gruß und wendete Miki. Jekkanadar folgte mit einem Winken und ebenfalls einem Grinsen.
Gute Idee, Lleld, dachte Linden amüsiert. Zwei Drachenlords im Hof sind genug Überraschung – aber vier?
Taren, im Sattel zusammengesackt, Müdigkeit in jeder Linie seines Körpers, folgte ihnen. Raven bildete die Nachhut. Selbst sein Rücken kündete noch von glühendem Zorn.
Als die Hufgeräusche im Dunkeln verhallten, sagte Maylin: »Das war dein Freund Raven, Maurynna? Der, mit dem du in Thalnia aufgewachsen bist?«
»Ja«, erwiderte Maurynna.
»Du hast mir nie gesagt, daß er so gut aussieht.«
Einen Augenblick lang war Maurynna überrascht. »Tut er das? Weißt du, ich habe nie darüber nachgedacht. Er war schrecklich schlaksig. Meinst du, er ist herausgewachsen?«
»Ich finde schon«, meinte Maylin mit einem katzenhaften Lächeln.
Linden hörte Otters Schnauben und berührte den Geist des Barden.
Ihr Götter – glaubst du, ich sollte meinem armen, dummen Neffen sagen, er solle sich am besten gleich ergeben? fragte der Barde.
Linden erwiderte: Wie meinst du das? Obwohl er eine recht gute Vorstellung davon hatte. Er verkniff sich ein Lächeln.
Jungchen, du hast keine Ahnung, wie entschlossen diese junge Dame da sein kann. Erinnere mich daran, daß ich dir von meiner letzten Auseinandersetzung mit ihr erzähle. Was Maylin haben will, bekommt sie auch. Otters Schultern bebten in lautlosem Gelächter. Raven hat gegen sie keine Chance.
Maylin sagte: »Ihr drei habt doch bestimmt Hunger. Ich kümmere mich darum, daß Brot und Käse und Bier bereitstehen, wenn ihr mit den Pferden fertig seid.« Immer noch lächelnd drehte sie sich um und ging beschwingt ins Haus zurück.
Ihr Vater räusperte sich. »Unser Stall ist voll«, begann er. »Aber es gibt einen Mietstall in der Nähe, nur …«
»Wenn es dich nicht stört, Onkel«, meinte Linden, »haben wir Getreide für sie dabei, und sie könnten heute nacht im Garten bleiben.«
Owin glühte geradezu über das »Onkel«, dann verzog er besorgt das Gesicht. »Werden sie nicht durchgehen?«
»Nein, Onkel Owin«, sagte Maurynna. Sie streichelte Boreais Hals. »Es sind Llysanyaner.«
»Oh«, sagte Owin und riß die Augen weit auf. »Oh.«
»Genau«, meinte Linden und lächelte über die Ehrfurcht im staunenden Blick seines neuen Verwandten. Er griff nach Shans Zügeln. »Komm, schon Alter, finden wir einen Platz für dich; ich will so schnell wie möglich zu meinem Brot und Bier kommen.« Der Hengst schnappte nach ihm, als er ihn in den Garten hinter dem Haus führte.
»Wie gefällt dir dieses Zimmer?« fragte Maylin, als sie viel später das Bündel Decken aufs Bett legte.
Maurynna sah sich um und schüttelte bewundernd den Kopf. »Diese geschnitzten Dachbalken sind wunderschön! Und sieh dir nur die Kacheln am Kamin an; ein so hübsches Muster habe ich noch nie gesehen. Es ist etwas anders, nicht wahr?«
»Anders als das alte Haus? Ja, viel größer und heller. Kella und ich haben jetzt eigene Zimmer. Aber weißt du, manchmal fehlt mir das alte Haus. Wir haben hier noch nicht alle Ecken und Kanten
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