Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
machen, aber Morien bestand darauf, daß ich es sein sollte; er hat sich heute früh mit der Herrin in Verbindung gesetzt. Also.«
»Ihr Götter«, war alles, was Linden sagte. Es schien alles zu sein, was er sagen konnte. »Ihr Götter.«
Maurynna dachte an die Geschichten, die er ihr über Lleld erzählt hatte, und stimmte ihm im stillen zu. Ich werde wichtig sein für die Echtdrachen, und Lady Unruh wird diesen Einsatz leiten. Hat Morien den Verstand verloren?
»Und in drei Tagen«, fuhr Lleld fort, »reisen wir nach Casna.«
»Fürst Jhanun, eine Taube hat gerade diese Botschaft gebracht.«
Jhanun befahl mit erhobener Hand Schweigen, dann tauchte er den Pinsel wieder in die Tinte. Er hielt inne, um sich zu überzeugen, daß der Augenblick richtig war, dann fuhr er mit dem Pinsel über das Papier auf dem kleinen, tragbaren Zeichentisch, der vor ihm stand. Ein paar rasche Pinselstriche, und ein Pflaumenbaum erschien, karg und zierlich.
Er betrachtete ihn und dann das lebende Modell vor sich, dann kehrte sein Blick zu seinem Bild zurück. Es war gut; es war sehr gut, aber er fürchtete, nicht vollkommen die Essenz des Baums erfaßt zu haben.
Dennoch, viele hätten von einem Meisterwerk gesprochen. Jhanun wußte es besser. »Ja?« sagte er und schaute über die Schulter.
Sein Verwalter kam auf ihn zu, einen kleinen Streifen Papier in der Hand. Jhanun griff danach – »Lehrling gefunden« -und lächelte.
Dann wählte er ein anderes Blatt Papier aus und betrachtete den Pflaumenbaum abermals. Vielleicht würde er diesmal sein wahres Wesen verstehen.
22. KAPITEL
Die Reise nach Casna, der größten Hafenstadt in Cassori, verlief rasch und ereignislos. Linden hoffte, daß dies ein Vorzeichen für den Rest ihres Unternehmens darstellte.
Sie erreichten das Stadttor in der Abenddämmerung. Diesmal betraten die Drachenlords die Stadt ohne großen Empfang, einfach als eine weitere Gruppe von Reisenden.
Genau so, wie es Linden am liebsten war.
Die Wachen hielten sie auf, ebenso wie alle anderen, die in die Stadt wollten. Aber der Harfenkasten auf Otters Rücken, sein roter Umhang und das Aufblitzen seines Bardenreifs genügten ihnen; sie winkten die Reisenden weiter und zogen sich wieder an ihr Feuer im Wachhaus zurück.
Während ein Teil von ihm den Göttern lautlos dafür dankte, störte die Unbeschwertheit den Söldner in Linden. Sie hatten zu lange Frieden; sie sind verweichlicht. Nun, das ist vermutlich besser als Krieg und Mißtrauen.
Er zog die Kapuze seines Umhangs noch ein wenig weiter vor, als wollte er sich gegen die Kälte schützen – obwohl es nach Maßstäben der Drachenfestung so weit im Norden bestenfalls ein wenig kühl war –, als sie durch die Straßen ritten, damit nicht ein aufmerksamerer Soldat oder ein Bürger ihn nach seinem vorherigen Besuch in dieser Stadt erkannte. Immerhin war seit der Regentschaftsdebatte nicht viel Zeit vergangen. Zumindest war die Anwesenheit der Drachenlords diesmal … inoffiziell.
Bei seinem letzten Besuch hatte er genug Pomp und Zeremonien über sich ergehen lassen müssen, daß es für ein oder zwei Jahrhunderte genügen würde. Er war sehr zufrieden, ohne schmetternde Fanfaren zum Haus von Maurynnas Verwandten – die nun auch die seinen waren – hier in Casna reiten zu können.
Ihr Götter, es war schön, wieder Verwandte zu haben. Aber noch besser eine Seelengefährtin. Er verlagerte sein Gewicht ein wenig im Sattel. Shan bewegte sich seitwärts, so daß Lindens Bein kurz Maurynnas streifte, als sie nebeneinander herritten.
Sie bedachte ihn mit einem boshaften Grinsen. »Werden dir deine alten Gemächer nicht fehlen?« fragte sie. »Dieses Haus, das man dir im Adelsviertel zur Verfügung gestellt hat, ist viel größer als das neue Zuhause meiner Tante und meines Onkels.«
»Das mag sein«, meinte Linden und erwiderte ihr Lächeln. »Aber das Bier war nicht so gut.«
»Du kannst dich aber wohl kaum über den Weinkeller beschweren«, rief Otter über die Schulter zurück.
Linden stimmte ihm lachend zu. Es war typisch für den Barden, daß er die Qualität des Weines noch in Erinnerung hatte; aber um ehrlich zu sein, war dieser Wein tatsächlich hervorragend gewesen. Dennoch, er zog Elennas Bier vor.
Er schaute seinerseits über die Schulter. Raven und Taren folgten ihnen, und Lleld und Jekkanadar bildeten die Nachhut mit Jhem und Trissin oder den »zwei armen Schweinen«, wie Chailen die armen Llysanyaner nannte, die von Nachtlied in den
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