Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz
war, Maurynna hoffte, sie würde sie nicht verlassen, bis es vorüber war.
Sie blieb vor Darijen stehen. Aber als er ihr seinen zornigen Blick zuwarf, brach die mutige Fremde in ihr unter dem Gewicht der Erinnerungen zusammen. Maurynnas Mund wurde trocken, und die Worte erstarben ihr auf der Zunge.
Sie sah Raven hilfesuchend an – und entdeckte nur Verzweiflung in seinem Blick.
»Wo ist er?« Der Mann schob den unglücklichen Diener, der ahnungslos die Tür geöffnet hatte, beiseite. Rotfalk kam in die Vorhalle gestürzt, als Linden gerade das Ende der Treppe erreicht hatte, Lleld an seiner Seite. Jekkanadar blieb hinter ihnen stehen.
Linden sah sich rasch nach Maurynna um. Zum Glück war sie nirgendwo in Sicht; Rotfalk würde vermutlich versuchen, seinen Zorn an ihr auszulassen, bevor er sich erinnerte, was sie nun darstellte.
In diesem Augenblick traf sie Rotfalks Blick. Linden erkannte, daß das Gesicht des Mannes vor Zorn gerötet war; Rache glitzerte in diesen blauen Augen, die Ravens so ähnlich waren. Wo immer der Junge war, Linden hoffte zutiefst, daß er dort bleiben würde. Raven konnte unerträglich sein, aber eine solche Heimkehr hatte er nicht verdient.
Rotfalk schien bereit, durch das Haus zu stürmen und seinen Sohn zu suchen. Zwei große Schritte, und Linden stand beinahe zufällig vor ihm und blockierte ihm den Weg in das obere Stockwerk. Lleld und Jekkanadar blieben auf der Treppe; sie lehnte sich lässig an das Geländer, er an die Mauer. Aber Linden wußte, falls Rotfalk die kleine Frau und den schlanken Assantikkaner für kein Hindernis hielt, stand ihm ein böses Erwachen bevor. Was eigentlich genau das war, was Ravens Vater für sein bisheriges Verhalten verdient hatte.
»Wo ist mein Sohn?« zischte der Mann und sah alle drei nacheinander an. Die Reitpeitsche, die er in der Hand hielt, bebte, als wolle er nach einem von ihnen schlagen.
»Meister Rotfalk!« keuchte der Diener. »Das da sind Drachenlords! Bitte, Ihr dürft nicht so mit ihnen sprechen.« Aber falls Rotfalk die Warnung und die Besorgnis des Dieners bemerkt hatte, ließ er es sich nicht anmerken. Linden befürchtete tatsächlich, daß der Mann so in seinem Zorn versunken war, daß er nach einem von ihnen schlagen würde – und die Götter mochten ihm helfen, wenn er das tat. Er wollte nicht, daß ein Verwandter von Freunden je erleben mußte, was dann geschah.
Rotfalk ging einen weiteren Schritt, als wolle er Linden wegschieben. Linden blieb stehen und gab nicht nach.
Die blauen Augen glühten vor Zorn, und Rotfalk hob die Peitsche zum Schlag.
Ihr tapferes Ich hatte sie doch nicht vollkommen verlassen. Maurynna fuhr fort: »Alles, was du gerade gesagt hast, ist eine Lüge, Onkel. Ravens Verwandtschaft in Yerrin hat ihn nicht rausgeworfen. Er ist nicht einmal in Yerrin gewesen – er kam direkt nach Schloß Drachenhort. Und er ist auch nicht nur ein Mitläufer. Im Gegenteil, er reist mit uns als Gleicher unter Gleichen. Und was mich angeht, wird Raven entweder als geehrter Gast im Mauseloch wohnen wie wir anderen, oder wir gehen. Ich bin sicher, daß eines der anderen Häuser gerne vier Drachenlords und auch einen Barden aufnehmen würde.« Sie verschränkte die Arme und starrte Darijen kühl an.
Dann warf sie Kesselandt einen Blick zu. »Onkel? Wie Raven schon gesagt hat, liegt die Entscheidung bei dir.«
Die Peitsche zuckte abwärts, aber nur gegen Rotfalks Stiefel. »Wo ist mein Sohn?« fragte er erneut. Seine Blicke schössen überall hin, als ginge er davon aus, daß Raven sich hinter einem Vorhang verbarg.
Linden schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, Rotfalk«, sagte er. »Er ist schon am Vormittag nach Hause gegangen.«
Er hielt inne und wartete darauf, daß Rotfalk ihn erkannte. Der Mann hatte doch sicher nicht vergessen, daß er ihm einmal begegnet war?
Das hatte Rotfalk selbstverständlich nicht getan. Der wütende Blick wandte sich wieder Linden zu und schien ihn erst jetzt wirklich zu bemerken.
Von irgendwo im Haus kam das Geräusch einer Tür, die geöffnet und dann wieder geschlossen wurde. Ein Diener, der Hilfe holte? Linden hatte nicht die Zeit, darüber nachzudenken.
Rotfalk sagte: »Ihr seid Linden Rathan. Wir haben uns vor langer Zeit kennengelernt. Ihr … Ihr habt Euch überhaupt nicht verändert, nicht wahr?« Ein Hauch von Angst lag in diesen Worten.
Es war eine Angst, mit der Linden nur zu vertraut war. »Nein, das habe ich nicht. Und was Raven angeht, Meister Rotfalk, wir haben ihn
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