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Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz

Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz

Titel: Drachenlord-Saga 02 - Drachenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Bertin
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eine Mal war die Schicklichkeit vergessen; jene, die an den Wänden standen, reckten die Hälse und schubsten einander wie Bauern bei einem Hahnenkampf, um zu sehen, wer hereingekommen war. Xiane, dankbar für eine Unterbrechung in der tödlich langweiligen Routine, spürte dennoch, wie sein Magen sich vor Angst zusammenzog.
    Nicht noch eine Invasion!
    Aber zu seinem größten Staunen und zu seiner ungeheuren Erleichterung war die Gestalt, die den Raum betrat, Shei-Luins Eunuch, Murohshei. Ihm folgten einige der geringeren Eunuchen des Harems. Als sie ein paar Schritte weit gekommen waren, knieten sie nieder und warfen sich auf den Boden, um seine Worte zu erwarten.
    Zischendes Flüstern breitete sich von Minister zu Höfling und wieder zurück aus. Es klang wie ein Nest zorniger Schlangen. Xiane schnippte mit dem Fächer und schlug heftig mit dem Sandelholz auf die Armlehne des Throns. Der Fächer zerbrach mit einem lauten Knacken, das von den Wänden widerhallte. Das Flüstern hörte augenblicklich auf. Bleiche Gesichter wandten sich ihm zu, entsetzt über diese Zurschaustellung kaiserlicher Laune. Xiane ließ die Reste des Fächers fallen. Der Duft nach Sandelholz stieg auf.
    »Ich hoffe, es gibt einen guten Grund für dieses Eindringen, Murohshei?« sagte er in die bleierne Stille hinein.
    Überall an der Wand entlang sah man weit aufgerissene Münder und staunend vorgequollene Augen. Aus dem Augenwinkel bemerkte Xiane, daß viele der älteren Anwesenden sich an die Brust faßten, als wäre der Schock darüber, daß der Kaiser einen einfachen Eunuchen in der Öffentlichkeit ansprach, zuviel für sie.
    Murohshei hob den Kopf. »Den gibt es, Erlauchter Phönixherrscher. Darf meine Herrin sich nähern?«
    Hoffnung flackerte in Xianes Herz auf. Shei-Luin war waghalsig, aber so etwas würde sie nicht zum Scherz tun. Bedeutete das –? »Ja«, antwortete er, und es gelang ihm irgendwie, das Wort mit fester Stimme auszusprechen.
    Die Eunuchen erhoben sich. Eine schlanke Gestalt, schwer verschleiert, erschien hinter ihnen in der Tür. Während die Garde von Eunuchen sich um sie herum aufstellte, ging die verschleierte Frau weiter vorwärts. Murohshei wich zurück an seinen angemessenen Platz, einen Schritt hinter seiner Herrin.
    Die seltsame Gruppe bewegte sich durch den Audienzsaal langsam vorwärts. Sie schritten würdevoll einher und ignorierten die entsetzten Mienen an ihrem Weg. Sie kamen direkt auf ihn zu, bis schließlich die geringeren Eunuchen zur Seite traten, niederknieten und mit der Stirn den Boden berührten. Shei-Luin kam zur ersten Stufe des Phönixthrons und kniete dort. Murohshei sank direkt hinter ihr auf die Knie.
    Xiane vergaß beinahe zu atmen, als er auf die schlanke Gestalt niederstarrte, die dort, in beste Seide gehüllt, vor ihm kniete. Sich ihm so zu nähern, hier im Audienzsaal, erforderte einen Mut, der undenkbar war bei einer Frau. Aber diese Frau hatte offensichtlich den Kampfgeist eines Tigers.
    Diese Frau hatte die Kraft, ihn gegen die Zweifel, die V'Thoun und Yesuin ihm ins Herz gesenkt hatten, zu festigen. Und falls sie ihm die Neuigkeiten brachte, auf die er kaum zu hoffen wagte …
    »Sprich«, sagte er, nachdem er endlich seine Zunge gefunden hatte.
    »Erlauchter Phönixherrscher des Himmels«, sagte Shei-Luin, ihre wohlklingende Stimme von Schleiern gedämpft, »ich bringe Euch eine freudige Botschaft. Durch die Gnade des Phönix bin ich erneut schwanger.«
    Xiane wurde schwindlig. Ein weiteres Kind? Vielleicht sogar ein weiterer Sohn? Freude glühte in seinem Herzen. Ungeachtet des Rituals des Audienzsaales stand Xiane auf. Verblüfft über seine eigene Waghalsigkeit ging er die neun Treppenstufen hinunter, die zum Thron führten, und sein schweres, steifes Gewand zwang ihn, majestätisch zu schreiten, wo er doch lieber gesprungen wäre.
    Endlich stand er vor Shei-Luin. Eine Bewegung der Schleier sagte ihm, daß sie den Kopf zurückgelegt hatte, um zu ihm aufzublicken. Mit zitternder Hand schob er die Schleier weg. Die Blüte des Westens schaute ihn an, die dunklen Augen groß.
    »Schenk mir noch einen Sohn«, sagte er mit leiser, vor Leidenschaft bebender Stimme, »und ich werde dich über deine wildesten Träume hinweg belohnen.«
    Ein Surren der Spekulationen erfüllte den Audienzsaal, als jene, die in der Nähe standen, seine Worte weitergaben.
    Shei-Luins Lächeln betäubte ihn beinahe. Er wollte nichts anderes, als in ihm zu ertrinken. Und irgendwie wußte er nun, daß es

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