Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
erwiderte er. Er legte ihr sanft die Hand auf die Schulter, sowohl, um sie zu trösten, als auch, um sie vorwärts zu schieben.
Sie gehorchte. Shima fuhr fort. »Tefira darf die Höhle betreten, denn er ist Zhantses Schüler. Er wird die benutzten Fackeln wegwerfen, die wir dort gelassen haben, und sie durch frische ersetzen.«
Sein mitleidiger – und gleichzeitig amüsierter – Tonfall machte deutlich, daß es sich nur um eine von vielen langweiligen Pflichten handelte, die seinem Bruder auferlegt waren.
Sie gingen weiter, und das trockene Kratzen von Miunes Klauen folgte ihnen. Zhantse blieb nicht im Tal stehen, wie Maurynna halb erwartet hatte; statt dessen ging der Schamane rasch weiter, und sein Jelah schwang dabei vergnügt hin und her.
Nun gut; die Spannung würde sie schon nicht umbringen. Es würde sie nur noch ein wenig mehr quälen.
Sturmwind stolzierte zum Tanzplatz und bewegte sich dabei im Shallinn, dem langsamen, akzentuierten Trab, bei dem er zwischen jeder Bewegung kurz verharrte. Als sie in Sichtweite der Feiernden kamen, setzten sich die beiden armen Schweine an Sturmwinds Seite und kopierten seine Gangart. Raven wußte, daß die Größe und die Schrittpräzision der Llysanyaner alle hier begeistern würden.
Und er hatte sich nicht geirrt. Man hatte sie bereits entdeckt; ein Freund rief dem anderen zu, und immer mehr drehten sich um, um ihnen entgegenzusehen. Raven sprang von Sturmwinds Rücken. Er lief Lerche entgegen, die aufgestanden war.
»Glaubst du, daß es jemanden stören wird?« fragte er.
»Sie können wirklich tanzen?« fragte Lerche, als hätte sie ihn überhaupt nicht gehört, und vielleicht hatte sie auch nicht auf ihn geachtet; sie starrte mit weit aufgerissenen Augen die Llysanyaner an, die nun langsam in einem Kanter um die Tanzfläche kreisten. Hin und wieder, auf ein Zeichen, das Raven nicht erkennen konnte, hoben sie sich auf die Hinterbeine und drehten sich.
Dann schnappte Lerche nach Luft und beantwortete ihre eigene Frage. »Ihr Götter«, sagte sie voller Ehrfurcht. »Sie können wirklich tanzen! Sieh nur – wann immer der Rhythmus sich ändert …«
Sie hatte recht. Das Trommeln hatte ein Muster, und wann immer das Muster sich änderte, bewegten sich die Llysanyaner mit ihm. Raven stand ebenso staunend da wie beim ersten Mal, als er sie hatte tanzen sehen. Mehr und mehr Menschen drängten sich um die Tanzfläche, um zuzusehen.
Jemand schob ihm etwas in die Hand. Wie verzaubert begann er, einen jener assantikkanischen Rhythmen zu trommeln, den die Llysanyaner kannten, Takka nih Bahani, den »Tanz des roten Geistes«. Ihr improvisierter Tanz ging in den über, den sie so gut kannten.
Erstaunte Rufe stiegen in die Nachtluft auf. Raven trommelte, und während die Tah’nehsieh-Trommler einer nach dem anderen einfielen, sobald sie den Rhythmus erkannten, tanzten die Llysanyaner im Feuerlicht.
Maurynna kniete neben dem ersterbenden Lagerfeuer. Zhantse ließ sich mit steifen Bewegungen neben ihr nieder, Miune auf einer, Shima auf der anderen Seite. Der Schamane legte ihr seine Bürde auf den Schoß.
»Es steht dir selbst zu, es zu öffnen – Drachenlord«, sagte Zhantse und zögerte nur kurz vor dem wenig vertrauten Wort. Aufsein Zeichen hin legte Shima mehr Holz nach. Die frischen Flammen reckten sich wie scharlachrote Türme, die nach dem Himmel greifen.
Maurynna betrachtete das klobige, in Tuch gewickelte Bündel; sie legte eine Hand darauf, damit es ihr nicht vom Schoß rutschte. Es war vielleicht armlang, an einem Ende ein wenig breiter als am anderen, und schmal. Grasschnüre waren darum gewickelt. Es verrutschte unter ihren Fingern, und sie hörte das leichte Kratzen von Metall gegen Metall.
Maurynna hatte irgendwie das Gefühl, ein Sakrileg zu begehen, als sie ihren kleinen Gürteldolch aus der Scheide zog und die Schnüre durchschnitt. Sie teilten sich schnell unter der scharfen Klinge. Maurynna fuhr mit den Fingern über das grobgesponnene braune Tuch; dann holte sie tief Luft und zog das Tuch vom breiteren Ende des Bündels weg.
Eine dicke Eisenkugel tauchte auf. Was ist das? fragte sie sich und antwortete im nächsten Herzschlag: Ein Schwertknauf. Daß das Eisen immer noch nicht verrostet war, sagte ihr, wie trocken es in der Wüste sein mußte.
Aber … ein Schwert? Sie war keine Kriegerin. Morien hatte die falsche Person erwählt; zweifellos hätte Linden derjenige sein sollen, der dieses Schwert schwang.
Dennoch hatte man ihr die Last
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