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Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix

Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix

Titel: Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Bertin
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ich hatte dich für feige gehalten. Ich habe mich geirrt.« Dann überraschte sie Nama – und sich selbst –, indem sie sich vor dem Mädchen verbeugte.
    Nama erwiderte die Verbeugung, so gut sie konnte. »Bitte … laßt mich nicht lange warten. Wenn ich zu viel Zeit habe, nachzudenken …«
    »Ich verstehe.« Shei-Luin nickte Murohshei zu. Er verbeugte sich vor beiden Frauen und ging. Als sie allein waren, nahm Shei-Luin Nama an der Hand und führte sie zum Bett zurück. »Setz dich«, befahl sie.
    Das Mädchen gehorchte.
    Shei-Luin stellte einen Stuhl ihr gegenüber auf und setzte sieh. Sie warteten.
    Bald darauf kehrte Murohshei zurück, eine Flasche des besten Reisweins in der Hand. »Er ist bereits gemischt«, sagte er leise. In der anderen Hand hielt er einen großen Kelch. Er war aus Gold und mit Perlen besetzt – einer von Xianes Kelchen. Shei-Luin nickte anerkennend. Murohshei goß den Wein ein und stellte die Flasche beiseite.
    Nach einem Blick zu Shei-Luin trug er den Kelch zum Bett. Er kniete sich nieder, hob ihn über den gesenkten Kopf und reichte ihn Nama. Sie nahm den Kelch entgegen, er verbeugte sich und berührte mit der Stirn den Boden, als wäre sie die Kaiserin.
    Shei-Luin sah, wie sich die bleichen Wangen angesichts solcher Ehren rosig färbten. Nama leckte sich die Lippen; sie starrte den Tod, den sie in ihren Händen hielt, einen langen Augenblick an. »Laßt meinen Onkel wissen, daß ich willig gestorben bin, um die Schande auszulöschen, die er mir verursacht hat.« Dann hob sie den Kelch an die Lippen und trank.
    »Puh!« sagte sie und verzog das Gesicht. Dann lächelte sie ein wenig und erklärte verlegen: »Es macht den Wein viel zu dick und süß«, und trank den Rest.
    Nach einer Weile sagte Nama: »Mein Kopf wird ganz schwer.« Sie schloß die Augen.
    »Leg dich hin«, sagte Shei-Luin mit derselben sanften Stimme, die sie gegenüber Xahnu oder Xu benutzte.
    Nachdem sie und Murohshei es dem Mädchen bequem gemacht hatten, flüsterte Nama leise: »Werdet Ihr bei mir bleiben? Bitte?«, und streckte die Hand aus.
    Shei-Luin nahm die kalte, zitternde Hand in ihre beiden Hände. »Ja.«
    »Danke.« Wieder schloß Nama die Augen.
    Ein kleines Weilchen später verzog sie die Lippen zu einem dünnen Lächeln. »Nun kann mir niemand mehr weh tun.« Die Worte kamen schleppend, und sie hatte die Augen nicht wieder geöffnet.
    »Nein«, antwortete Shei-Luin. »Niemals wieder.« Das Lächeln blieb. Shei-Luin bemerkte, daß der Atem des Mädchens langsam und flach geworden war. Sie tastete nach dem Pulsschlag; er war schwach, aber stetig. Shei-Luin streichelte die kleine Hand.
    Es gab nichts mehr zu tun, als zu warten.
    Die Explosion, die Maurynna halb gefürchtet hatte, geschah nie. Sie begegnete Raven einige Zeit später, wie er auf der Mauer saß, die die Tanzfläche umgab, und ein paar Kinder hockten vor ihm, während er Sturmwinds Zaumzeug säuberte.
    Als er hörte, daß eines der beiden armen Schweine zugestimmt hatte, einen Echtmenschen zu tragen, sagte er nur: »Schade, daß wir ihre Sättel verloren haben. Nichts, was der Stamm hat, wird Trissin passen«, und machte sich wieder an die Arbeit.
    Maurynna zuckte die Achseln und ließ ihn auf der Mauer sitzen, während die Kinder lachten und ihm Gegenstände reichten, auf die er zeigte und die er versuchte, in stotterndem Tah’nehsieh zu benennen.
    Aber sobald er sie nicht mehr sehen konnte, lehnte er sich an die nächste Mauer. »Den Göttern sei Dank«, murmelte sie leise. Raven würde tatsächlich vernünftig sein. Eine Sache weniger, um die sie sich sorgen mußte.
    Sie wußte nicht, wann es geschehen war. Einen Augenblick lang hörte Shei-Luin noch das flache Atmen. Im nächsten Moment hatte es aufgehört. Wieder tastete sie nach dem Puls. Nichts. Nama nohsa Jhi, die letzte Konkubine von Xiane ma Jhi, des verstorbenen Kaisers von Jehanglan, des Erlauchten Phönixherrschers des Himmels, war gestorben.
    Shei-Luin schob die schlaffe Hand, die sie so lange gehalten hatte, unter die Decke. »Mögest du dort, wohin du gegangen bist, Glück finden, armes Kind«, sagte sie. »Ich werde dir deinen Onkel hinterherschicken, damit er dein Sklave sein kann.« Mit steifen Bewegungen erhob sie sich. Sie hatte zu lange gesessen.
    Zu Murohshei sagte sie: »Schicke nach ihren Frauen, damit sie sie waschen und ihre Leiche vorbereiten. Wenn sie bereit ist, sollen die Eunuchen sie in den Hauptaudienzsaal bringen, so daß die wichtigsten Minister bezeugen

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