Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
können, daß Nama tot ist und ihr Kind mit ihr. Sie sollen das mit ihren Daumenabdrücken besiegeln. Und wenn das geschehen ist, bitte die Priester hierher und sage ihnen, daß die Asche zum Tempel gebracht werden soll. Man wird ihr die Ehre einer Noh erweisen. Sie wird ein Leichentuch aus der kaiserlichen goldenen Seide haben, genau wie … genau wie meine Schwester.«
Ihre Stimme wäre beinahe gebrochen. Wären die Dinge anders gewesen, hätten sie und Nama Freundinnen sein können? Sie hatte nicht die Zeit, sich mit dem abzugeben, was hätte sein können. Sie war Kaiserin von Jehanglan, und es gab viel für sie zu tun.
Als erstes mußte sie das Todesurteil für Fürst Jhanun, den Verräter, erlassen.
Trissin stand wie erstarrt, als Raven und Shima sich mit ihm beschäftigten. Hin und wieder schnaubte er, und seine Haut zuckte, als die beiden jungen Männer mit einer Decke und einem Stück Grasschnur seine Maße um den Bauch nahmen, aber davon abgesehen hätte der Hengst eine Statue sein können.
»Es tut mir leid, Junge«, sagte Raven nach einem besonders heftigen Zucken. »Ich habe dich nicht kitzeln wollen.« »Hm«, knurrte Trissin tief in der Brust. »Hm.« Shima starrte ihn verblüfft an. Von der Stelle, wo sie im Schatten saß, sagte Maurynna: »Ich habe auch schon gehört, wie Shan solche Geräusche machte. Und ich schwöre, er hat einmal ›gekichert‹. Irgendwie erwartet man einfach nicht, daß ein Pferd einem auf diese Weise antwortet. Zumindest würde ich es nicht erwarten.« Sie grinste. »Aber ich bin auch nur Seefahrerin und kenne mich mit Pferden nicht aus.«
»Nein«, sagte Shima. »Man erwartet es nicht – jedenfalls nicht so.«
Wieder betrachtete er sein neues Reittier mit, wie Maurynna dachte, einer Mischung aus Stolz und Bangen.
»Hast du dir schon einen Namen für ihn ausgedacht?« fragte sie.
»Wie meinst du das? Ich dachte, er hieße Trissin.«
»Das ist nur sein Weidename«, erklärte Raven. »Der Stallmeister von Schloß Drachenhort hat mir erklärt, daß sie den Pferden solche Namen geben, damit ihre Pfleger nicht immer sagen müssen ›die Fuchsstute mit dem weißen linken Vorderfuß und der Blesse< oder ›der braune Hengst mit dem Fleck auf der Nase‹. Das ist einfach lästig. Aber am Ende wählt ihr Reiter einen Namen für sie aus.«
»Manchmal«, sagte Maurynna grinsend, weil sie sich an die Taufe Boreais erinnerte, »mögen sie ihn nicht und gehorchen nicht. Bereite dich aufs Feilschen vor.«
Trissin nickte, und seine schwere Mähne flatterte.
Shimas Augen waren nun riesengroß. Maurynna hätte beinahe laut gelacht, so leicht waren seine Gedanken zu lesen: Auf was habe ich mich hier bloß eingelassen?
Armer Shima, dachte sie, aber wie Schwerter haben die meisten Dinge zwei Seiten. Sie verbarg ein Lächeln hinter der Hand. Dann befahl sie: »Gib ihm einen Namen!«
»Hm.« Shima kniff die Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger. »Was …« Er streckte die Hand aus, fuhr mit den Fingern leicht über den kräftigen Hals des Hengstes, dann streckte er die Hand zum Kopf hin aus. Trissin rieb die Nase an der Handfläche und schnaubte. Einen langen Augenblick standen sie so. »Je’nihahn«, sagte Shima plötzlich.
Trissin legte fragend den Kopf schief. »›Hahn‹ bedeutet in eurer Sprache ›Westen‹, nicht wahr?« fragte Maurynna. »Was heißt dann ›Je’nihahn‹?«
»›Sturm aus dem Western«, antwortete Shima. »Der Westen bringt Glück.« Er schaute verlegen drein. »Ich habe an die Namen eurer Llysanyaner gedacht, wißt ihr, und … und das ist, was mir dann eingefallen ist. Wirst du es akzeptieren?« fragte er Trissin.
Der Llysanyaner nickte.
»Willkommen, Je’nihahn«, sagte Maurynna und hob die Hand zum Gruß. Raven wiederholte Worte und Geste.
Der Hengst berührte die Schulter seines Reiters. Shima schlang die Arme um den Hals seines Llysanyaners und vergrub sein Gesicht in der dichten Mähne.
»Hm«, knurrte Je’nihahn tief in der Brust. »Hm.«
Als Hodai vom Finkenkäfig aufblickte, sah er, wie Pah-ko unruhig auf seinem Sessel hin und her rutschte. Seit sein Herr gehört hatte, daß der Kaiser gestorben war und sich die Kaiserin des Phönixthrons ketzerisch bemächtigt hatte, war der Nira unruhig gewesen. Hodai wartete, denn er wußte, was nun kam.
Es dauerte nur eine kleine Weile. »Hodai, eine Schale heißen Reiswein und eine mit Reisbrei, bitte.«
Hodai zwang sich mit den Fingern »Ja, Herr« zu sagen, statt seine Freude am Dienen in
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