Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
seiner Seite. War es das, was Zhantse befürchtet hatte? fragte sich Raven, als sie weitergingen. Falls er daran schuld war, daß Maurynna versagte und starb …
Er schob den Gedanken aus seinem Kopf und konzentrierte sich darauf, auf den Beinen zu bleiben. Irgendwie würden sie fliehen müssen; er mußte wach und aufmerksam bleiben.
Je weiter sie kamen, desto deutlicher wurde sich Maurynna eines seltsamen unbehaglichen Gefühls bewußt. Sie streckte ihre Sinne aus, fragte sich, was es wohl sein mochte; dann wußte sie es und hielt den Atem an.
Pirakos. Pirakos, der an ihr zerrte, der sie zu sich zog. Das Gefühl bewirkte, daß sie eine Gänsehaut bekam; es war Finsternis dort; unsauber und böse, auf eine Weise, die die einfache Dunkelheit der Tunnel hinter dem Licht des Kaltfeuers freundlich wirken ließ.
Sie war so versunken in ihre Entdeckung, daß sie weiterging wie in einem Traum. Erst als Shima »Licht!« rief, sah sie sich um.
Tatsächlich fiel aus einer gekerbten Öffnung vor und über ihnen Tageslicht in die Höhle, warm, freundlich, tröstlich. Sie saugte es in sich auf.
Dann fiel ihr etwas ein. »Shima – sagt das Richtungslied irgend etwas …?«
»Nein, aber ich weiß, wir sind auf dem richtigen Weg; siehst du die Markierung dort? Ich frage mich, ob das Erdbeben, von dem Amura gesprochen hat, auch diesen Riß geöffnet hat.«
»Das ist gleich, so lange der Weg der richtige ist. Aber Shima, ich muß nach draußen schauen. Ich … ich hasse diese Dunkelheit.«
Damit rannte sie zu der Tunnelmauer unter der Öffnung. Zu ihrer Erleichterung fand sie Nischen für Hände und Füße. Sie begann zu klettern, Shima war direkt hinter ihr.
Es war nicht weit, und es gab ein Sims, als ob ein freundliches Wesen dafür gesorgt hätte, so daß sie Seite an Seite hocken und in die Welt hinaus schauen konnten.
Tatsächlich war dort nicht viel mehr zu sehen als roter Fels und festgestampfter Boden eines steilen Abhangs und die stachligen Pflanzen, die überall in diesem Land wuchsen, aber das Sonnenlicht war reine Freude, und die Luft frisch. Maurynna atmete tief ein, die Augen geschlossen, das Gesicht zur Wärme und zum Licht erhoben, und genoß dieses kleine Wunder – bis sie Shima keuchen hörte: »Tefira!«
»Was?« fragte sie verwirrt und öffnete die Augen wieder. Dann sah sie, wie die Welt rund um sie herum erstarrte.
24. KAPITEL
»Ihr Götter! Shima – du mußt ihnen helfen!« Maurynna klammerte sich an den Felsen vor ihr fest, als sie Raven entdeckte, verwundet und blutend, wie er gestützt von Tefira durch das Tal taumelte. Die Wachen scheuchten sie mit Stichen ihrer Speere und Piken vor sich her.
Ja, es war dumm von ihnen, nicht zu gehorchen und uns zu folgen, aber wenn jeder, der sich einmal dumm angestellt hat, dafür sterben müßte, gäbe es kaum mehr Menschen auf der Welt. Er hat es nicht verdient zu sterben.
Tefira würden sie zum Sklaven machen; Raven würden sie als ausländischen Dämon töten. Dessen war sie so sicher, wie sie sich der Gezeiten sicher war. Bei dem Gedanken daran wurde ihr Blut zu Eis.
»Shima«, flehte sie, als er sich nicht regte.
Er wandte sich ihr zu, und auf seinem Gesicht zeichnete sich der Widerstreit der Emotionen ab. »Was soll ich machen?« fragte er. »Meine Pflicht gilt dir. Sie sind selbst an ihrer Lage schuld.«
Barsche Worte, die sein Blick Lügen strafte. Es war sein Bruder da unten. Und obwohl er Raven nicht sonderlich mochte, wünschte Shima ihm sicherlich nicht den Tod. Dieser gequälte Blick sagte ihr das deutlich.
»Geh«, sagte sie. »Lenk die Wachen ab – es sind nicht viele. Gib Raven und dem Jungen zumindest eine Chance, zu fliehen. Ich werde … ich entlasse dich aus meinem Dienst. Ich kann alleine weitergehen, ganz bestimmt, Shima. Ich kann Pirakos spüren, das wird mich leiten.«
Er regte sich nicht.
Sie ballte die Fäuste. Wenn sie ihn mit Gewalt vertreiben mußte, würde sie das tun. Dann kamen ihr die Worte ungebeten auf die Lippen. »Befehl eines Drachenlords!« fauchte sie. »Geh!«
Wie dumm; die Worte bedeuteten Shima nichts. Er war nicht mit den Legenden von …
Aber der Tah’nehsieh kletterte aus dem Loch und glitt zwischen die Felsen und struppigen Büsche, die sich an die Schluchtwände klammerten, bevor sie noch blinzeln konnte. Er bewegte sich wie ein Schatten von einem unmöglichen Versteck zum anderen und kletterte rascher den Hügel hinab, als Maurynna für möglich gehalten hätte.
Wieder schaute sie zum
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