Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
niederblickte, eine Ader in seinem Arm öffnete und ihn mit Blut beträufelte, um das krankhafte Band zwischen ihnen zu besiegeln.
Denn dieser Mann war der Kern der Magie, die ihn hier gefangenhielt. Aber nun würde Pirakos dem ein Ende machen.
Maurynna folgte dem schwerfälligen Galopp des Drachen. Diese Bewegungen auf vier Beinen waren schwieriger, als sie angenommen hatte; wenn sie daran dachte, geriet sie ins Stolpern. Also verbannte sie es aus dem Kopf und konzentrierte sich statt dessen darauf, was sie von Pirakos’ haßerfüllten Erinnerungen aufschnappte, obwohl es ihr den Magen umdrehte. Sie ließ sich von diesem Ekel darüber, wie man den Drachen behandelt hatte, antreiben und stampfte zornig durch den Tunnel hinter ihm her.
Amura stand bei den anderen Sklaven und sah zu, als der letzte der Prozession im Tunnel verschwand. Er warf einen Seitenblick auf seinen Freund und Mitarbeiter hier im Sklavenlager, auf Chuchan den Zwerg.
Chuchan tat dasselbe. Die Männer wechselten einen besorgten Blick. Was, wenn Shima und das Mädchen aus dem Norden – Maurynna – sich immer noch im Gefängnis des Drachen befanden? Würden sie imstande sein, ihren Auftrag zu beenden? Oder hatten sie sich im Berg verlaufen?
So viele Fragen und keine Antworten.
Also blieb er an der Straße stehen, in einer Reihe mit den anderen, während die Sonne am Himmel höher und höher stieg.
Spuren widerlichen Gestanks schlüpften durch den schweren Duft des Räucherwerks. Haoro hätte sich beinahe übergeben; nur eiserne Entschlossenheit hielt ihn davor zurück, sich die Nase zuzuhalten. Er würde keine Schwäche zeigen.
Andere waren nicht so willensstark. Der Gesang wurde leiser. Rings um ihn her hörte er unterdrücktes, überraschtes Keuchen, dann gedämpftes Würgen. Die Geräusche hallten von den Steinen wider und umgaben ihn wie etwas aus einem schlechten Traum.
Dann erhob sich eine einzelne, entschlossene Stimme über die anderen; zunächst bebte sie, aber dann wurde sie jeden Augenblick stärker. Als wäre es ein Ruf zu den Waffen, fielen auch die anderen Stimmen wieder ein, und abermals erklangen die Hymnen, auf die Haoro so lange gewartet hatte.
Er ließ die Lobgesänge alle bösen Ahnungen vertreiben.
Der Luftzug wurde jeden Augenblick stärker. Immer noch dicht hinter Pirakos, reckte Maurynna den Hals und hoffte, hinter dem Echtdrachen das Tageslicht sehen zu können. Sie öffnete den Mund, um die frische Luft einzuatmen, berauscht vom Versprechen der Freiheit wie von Wein.
Oh! Was war das? Etwas kratzte sie im Hals, eine Art Rauch, dachte sie, aber süßlich. Sie blieb stehen und hustete. Pirakos bog um eine Kurve im Tunnel und geriet außer Sicht.
Dann begann das Schreien.
27. KAPITEL
Shima legte die Flügel an und ging in Sturzflug. Etwas tief unten hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Es war nicht Pirakos, das wußte er; aber er mußte es sich ansehen.
Männer – bewaffnete Männer. Mindestens fünfzig, vielleicht auch mehr, und sie ritten zum Paß in das Tal unter dem Kajhenral.
0 Shashannu – wieso müssen die verdammten Ersatztruppen ausgerechnet jetzt kommen?
Er mußte sie aufhalten, bevor sie den Tempel erreichten. Er hoffte, daß diese Soldaten keine Pfeile mit giftgetränkten Spitzen dabeihatten, und schoß in die Tiefe.
Das plötzliche Geschrei bewirkte, daß Maurynna sich auf die Hinterbeine setzte. Ihr Götter, was …
Ein triumphierendes Brüllen, dann eine Stimme in ihrem Kopf: * Jetzt habe ich euch! Ich werde euch in Stücke reißen, ihr Echtmenschendreck! Sterbt!* Das letzte Wort stieg in ihrem Kopf auf wie ein wilder Haßgesang.
Maurynna bog um die Tunnelkurve. Der entsetzliche Anblick, der sich ihr bot, ließ sie innehalten.
Zerrissene Gestalten lagen auf dem Tunnelboden. Einen Augenblick lang konnte Maurynna nicht glauben, daß es einmal Menschen gewesen waren. Sicher waren es nur Spielzeuge, die ein ungezogenes, wütendes Kind zerrissen und zertrümmert hatte. Oder?
Bitte laß es nicht Wirklichkeit sein … Ihr Geist zog sich vor dem Gemetzel zurück, das ihre Augen wahrnahmen.
Dann drang der heiße Gestank frischen Bluts in ihre Nüstern und brannte durch ihren Kopf wie Essig. Abermals hörte sie die Schreie. Sie waren nun viel weniger, viel leiser geworden. Sie hob den Kopf und sah Pirakos direkt vor sich. Hinter ihm entdeckte sie eine Spur Tageslicht. Ein tief aus der Brust kommendes Knurren bewirkte, daß sie ihre Aufmerksamkeit wieder Pirakos zuwandte.
Der lange Hals des
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