Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
ihm.
Llelds Schrei ließ sie beinahe aus dem Sattel fallen. Nein!
Sprich nicht im Geist mit Linden! Geht – ich befehle es dir im Namen der Herrin!
Nie hatte sie solchen Stahl in Llelds Stimme vernommen. Sie wußte, warum der kleine Drachenlord ihr verbot, mit Linden zu sprechen. Aber nicht einmal mehr das zu haben …!
Liebe kämpfte mit Pflichtbewußtsein. Die Pflicht siegte.
*Reitet nach Norden, dann nach Westen, ansonsten geratet ihr direkt in die Garnison von Rhampul.*
Das war die Stimme, die sie gewarnt hatte. Maurynna hatte keine andere Wahl, als ihr zu trauen. Sie wendete Boreal. »Hier entlang«, rief sie Raven zu. »Hier …« Ihre Stimme brach.
Sie konzentrierte sich darauf, schneller zu sein als die Soldaten, die ihnen zu Pferd folgten.
Sie waren noch nicht lange unterwegs, als die anderen über einen niedrigen Hügelkamm ritten und auf der anderen Seite des Hügels verschwanden. Als Linden, der ein wenig hinterherhing, die Kuppe erreichte, sah er, daß die anderen unten auf ihn warteten. Otter war im Sattel zusammengesackt und versuchte, Luft zu schnappen. Jekkanadar lag am Boden, das Ohr auf die Erde gedrückt, und lauschte.
»Ich glaube, wir haben die Soldaten abgehängt«, berichtete Linden, als er zu ihnen stieß. Er fuhr sich vorsichtig über die Rippen – nichts gebrochen; das dachte er zumindest. »Warten wir hier auf Maurynna und Raven?«
Jekkanadar sah ihm nicht in die Augen. Aber Lleld …
Lleld saß aufrecht wie ein Speer im Sattel. Die grelle Sonne von Jehanglan warf ihr Licht auf eine grimmigere Miene, als er sie je bei ihr gesehen hatte.
Und plötzlich befürchtete er zu verstehen. »Wo ist sie?« fragte Linden leise.
Lleld sagte: »Weg. Ich habe im Geist mit ihr gesprochen und ihr befohlen, mit Raven zum Kajhenral zu reiten.«
Er starrte auf sie nieder, war gefährlich dicht daran, ihr den Hals umzudrehen. Otter hatte es ihm offenbar angesehen, denn er setzte dazu an, Nachtlied zwischen sie zu treiben.
Lleld hielt ihn mit einer Geste zurück; dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und sah Linden furchtlos an.
»Wie kannst du es wagen!« sagte Linden und versuchte seinen Zorn herunterzuschlucken. Die Kälte, die er verspürt hatte, als er befürchtete, Maurynna könne von den Soldaten gefangen worden sein, kam zehnfach verstärkt zurück. »Die Götter mögen dich verfluchen, Lleld, konntest du uns keine Gelegenheit geben, uns zu verabschieden?«
»Es war keine Zeit dazu, Linden«, sagte sie.
»Dazu hattest du kein Recht«, schrie Linden, endlich vom Zorn überwältigt.
»Ich hatte alles Recht dazu!« schrie Lleld zurück. »Oder hast du vergessen, daß die Herrin mich zur Anführerin ernannt hat? Und der Einsatz ist wichtiger als jeder einzelne von uns, oder als unsere Gefühle. Und du wirst dich auch nicht im Geist mit ihr in Verbindung setzen. Die Götter allein mögen wissen, in was für ein Hornissennest wir einen Stein geworfen haben. Unsere Aufgabe ist es jetzt, die Soldaten hinter uns herzulocken, ohne daß sie uns erwischen. Und nach einem solchen Ritt brauchen selbst die Llysanyaner ein wenig Rast. Aber haltet euch bereit, sofort wieder weiterzureiten.«
Linden fluchte und stieg aus dem Sattel. Als Lleld ihm einen Wasserschlauch und Trockenfleisch brachte, hätte er beinahe ihre Hand beiseite gestoßen. Statt dessen starrte er sie wütend an.
»Du mußt essen, Linden. Wir wissen nicht, wann wir wieder Gelegenheit dazu haben werden.«
Selbstverständlich hatte sie recht; das gehörte zu den ersten Dingen, die ein Soldat lernte. Man aß, wann man konnte, man ruhte sich aus, wann man konnte – und tat alles andere ebenfalls, wann man konnte. Er erinnerte sich an die Nacht zuvor, und sein Herz zog sich zusammen. Hätte er nur gewußt …
Und was, wenn Lleld recht hatte? Das half ihm überhaupt nichts.
Hin und wieder wechselten sich die Drachenlords dabei ab, am Boden nach Hufschlägen zu lauschen. Sie kamen schneller, als sie erwartet hatten.
»In den Sattel«, sagte Jekkanadar. »Sie kommen.« Er sprang auf und stieg in Hillels Sattel.
Einen Augenblick später waren sie alle wieder auf den Pferden. Lleld stieß Miki die Fersen in die Flanken. Sofort war die kleine Llysanyanerstute im Galopp. Jekkanadar und Otter folgten und ließen Miki, die kürzere Beine hatte, ihr Tempo bestimmen.
Linden folgte. Im Reiten schaute er immer wieder über die Schulter, obwohl er wußte, daß es vergeblich war.
Maurynna würde inzwischen weit weg sein.
13.
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