Drachenmagier
ist.«
Er schritt davon,
begleitet von dem herausfordernden Knurren des Hundes.
Ramu erschien anstelle
seines Vaters. Er trat an den Tisch, griff mit einem
gehässigen Blick auf
Alfred nach der Schriftrolle, verstaute sie mit
größter Sorgfalt wieder in
ihrem Behälter und legte sie ins Fach zurück. Dann
bezog er am
entgegengesetzten Ende des Lesesaals Posten, soweit von dem
Verräter entfernt
wie möglich, ohne seine Pflichten als Bewacher zu
vernachlässigen.
Dabei
bestand gar keine Notwendigkeit, ihn zu bewachen. Alfred
hätte sich auch durch
eine sperrangelweit offenstehende Tür nicht zu einem
Fluchtversuch verleiten
lassen. Er kauerte vornübergebeugt auf seinem Stuhl,
ein Bild des Jammers –
Gefangener seines eigenen Volkes, das wiederzufinden er sich so lange
gesehnt
hatte. Und jetzt? Es stimmte, er war ein schlechter Sartan. Er hatte
sich des
Ungehorsams schuldig gemacht, der Widersetzlichkeit, infamer
Verdächtigungen,
beinahe des Ehebruchs… Wie furchtbar!
Und um nichts in der Welt konnte
er sich mehr vorstellen, was ihn bewogen hatte, all das zu
tun.
Seine Handlungen hatten Samah gegen ihn aufgebracht.
Schlimmer noch, er hatte Orla verletzt. Und weshalb? Weil er sich in
Angelegenheiten eingemischt hatte, die ihn nichts angingen, von denen
er nichts
verstand.
»Samah ist viel
klüger, als ich es bin«, sagte er zu sich selbst.
»Er weiß, was für uns alle am
besten ist. Und er hat ganz recht. Ich bin kein Sartan. Ich bin teils
Patryn,
teils Nichtiger. Sogar« – er lächelte
traurig auf den Vierbeiner herab, der
geduldig zu seinen Füßen lag
– »ein
bißchen Hund. Aber vor allem anderen bin ich
ein Narr. Samah würde nie versuchen, seinem Volk dieses Wissen
vorzuenthalten.
Wie Orla sagte, er wartete nur auf den geeigneten Zeitpunkt,
das ist alles.«
Er seufzte und rieb sich das Gesicht.
»Wenn ich vor dem Rat
stehe, werde ich um Entschuldigung bitten und mit Freuden jede
Buße annehmen,
die man mir auferlegt. Dann gehe ich meiner Wege. Ich habe
hier nichts mehr zu
suchen. Warum ist das so?« Er betrachtete seine
Hände und schüttelte sie in
ratloser Verbitterung. »Warum geht alles in Scherben, was ich
anfasse? Warum
bringe ich denen Unglück, die mir am Herzen liegen? Ich werde
diese Welt
verlassen und niemals wieder zurückkehren. Ich gehe in meine
Krypta auf Arianus
und lege mich schlafen. Für lange, lange Zeit. Vielleicht,
wenn ich Glück habe,
wache ich überhaupt nicht mehr auf. Und du, Hund, du hast
keinen Herrn mehr,
stimmt’s? Ihr seid nicht getrennt worden, du und
Haplo. Er hat dich weggejagt.
Er will dich nicht zurück! Nun, weg mit Schaden, kann ich da
nur sagen. Ihr
könnt mir gestohlen bleiben, alle beide!«
Das Tier duckte sich
unter seinem schroffen Ton und dem unfreundlichen Blick. Mit
hängenden Ohren
und eingekniffenem Schwanz schlich er ein paar Schritte zur Seite,
legte sich
wieder hin und betrachtete Alfred unverwandt aus feuchten,
kummervollen Augen.
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Kapitel 19
Phondra, Chelestra
Zu Haplos größtem
Erstaunen rüsteten sich die mit ihren Kindern
wiedervereinten königlichen
Familien zum Aufbruch. Offenbar hatten sie tatsächlich vor,
nach Hause
zurückzukehren, sich von der Aufregung zu erholen und
dann die Organisation
der Sonnenjagd in Angriff zu nehmen.
»Was soll das? Wo
wollt ihr hin?« verlangte Haplo von den Zwergen zu wissen,
die sich
anschickten, ihr Tauchboot zu besteigen. Die Menschen waren im
Begriff,
dasselbe zu tun.
»Wir kehren nach
Phondra zurück«, antwortete Dumaka.
»Phondra!« Haplo
starrte ihn mit offenem Mund an. Nichtigel dachte er
verächtlich. »Hört zu –
ich weiß, ihr habt Schweres durchgemacht, und ich teile den
Kummer über euren
Verlust, glaubt mir.« Sein Blick fiel auf Alake, die
schluchzend in den Armen
ihrer Mutter lag. »Aber ihr scheint nicht zu begreifen,
daß wichtige Dinge im
Gange sind, Dinge, die euch und das Schicksal eurer Völker
betreffen! Ihr müßt
etwas unternehmen! So ist der Meermond, den ihr zu eurer neuen Heimat
ausersehen
habt, schon besiedelt.«
Aha! Dumaka und Delu
schauten sich an, legten beide die Stirn in Falten. Die Zwerge blieben
stehen,
drehten sich zu ihm herum. Sogar Eliason hob den Kopf, in
seinen eingesunkenen
Augen glomm ein Funke Interesse.
»Davon haben die
Delphine nichts gesagt«, meinte Dumaka argwöhnisch.
»Woher weißt du es? Wer hat
es dir gesagt?«
»Die
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