Drachenmeister
Dschungels alle in Richtung des Flusses liefen. Ein Flammenblitz am fernen Himmel weckte seine Aufmerksamkeit, und er sah nicht nur die grausilbernen Fädenschleier, sondern auch die dunklen Punkte, die Drachengeschwader darstellten.
Gewarnt durch sein knappes Entkommen am Strand, hatte er Vorkehrungen für den nächsten Sporeneinfall getroffen. An der Stelle, wo der Fluss aus dem Wald trat, ragte ein umgestürzter Baumstamm ins Wasser. Nun sprang Piemur kopfüber in den Strom und tauchte in eine Tiefe, wo die Fäden nicht mehr lebensfähig waren. Einen Arm schlang er um den Baumstamm, mit dem anderen schob er ein Binsenrohr an die Wasseroberfläche, durch das er atmen konnte. Es war nicht das bequemste Versteck, und die Fische schienen seine Arme und Beine mit Fädenklumpen zu verwechseln, sodass er ständig strampelte und um sich schlug. Er hatte den Eindruck, dass es Stunden dauerte, bis keine Sporen mehr in die Tiefe sanken. Erleichtert schoss er nach oben - und wäre um ein Haar mit einem kleinen Renner zusammengestoßen. Im Wasser wimmelte es von Tieren aller
Art. Als hätte er mit seinem Auftauchen ein Zeichen gesetzt, strebten sie nun alle wieder den Ufern zu, schüttelten das Wasser ab und flohen auf die Ebene hinaus. Einige waren von Fäden gezeichnet und wimmerten vor Schmerz. Zu Piemurs Verblüffung rannten die verletzten Tiere zu den Heilkrautdickichten und wälzten sich darin. Also kannten auch sie die schmerzstillende Wirkung dieser Sträucher.
Piemur watete ans Ufer, ließ sich zu Boden sinken und rief nach Farli. Seine Arme und Beine fühlten sich von dem langen Umherrudern unter Wasser wie Blei an.
Farli tauchte aus dem Nichts auf, landete auf seiner Schulter und wickelte den Schweif fest um seinen Hals. Ihr Stimmchen klang ängstlich und erleichtert zugleich. Piemur streichelte die kleine Königin, bis sie getröstet vor sich hinsummte. Plötzlich jedoch versteifte sich der winzige Körper wieder. Farli starrte an ihm vorbei und begann dann, wütend zu schimpfen. Piemur drehte sich um, entdeckte jedoch zunächst nichts Außergewöhnliches. Die Echse drehte den Kopf nach oben. Hoch über ihnen kreisten Where. Das bedeutete, dass ganz in der Nähe ein Geschöpf sein musste, das den Fädeneinfall nicht überlebt hatte. Und wenn es für die Where als Beute infrage kam, dann bot es vielleicht auch Nahrung für Piemur und Farli.
Farli schien ebenso begierig wie er, den Wheren zuvorzukommen, und sie kreischte begeistert, als er sich mit einem dicken Knüppel bewaffnete und die Böschung erklomm.
Die meisten Tiere, die im Fluss Zuflucht gesucht hatten, waren bereits verschwunden; Piemur hielt den Blick dennoch auf den Boden gerichtet, um nicht versehentlich auf eine Schlange oder Natter zu treten.
Der Renner lag halb verborgen unter einem Buschdickicht. Würmer krochen über seine Flanke, aber zu Piemurs Verblüffung schien sich das Tier plötzlich aufzubäumen. Lebte das arme Ding etwa noch? Piemur hob den Knüppel, um den Qualen des
Tieres ein Ende zu bereiten, als er sah, dass sich unter dem Körper des Renners etwas bewegte. Es war ein schwaches, verzweifeltes Strampeln. Farli flog ihm von der Schulter und umkreiste laut zeternd einen winzigen Huf, der unter dem Kadaver hervorschaute und den Piemur bis jetzt nicht bemerkt hatte.
Mit einem erstaunten Ausruf zerrte Piemur den toten Renner zur Seite. Und er sah ein Fohlen, das sich zitternd hochstemmte und auf dünnen, wackligen Beinen stehen blieb. Sein Kopf und die Schultern waren von Fäden versengt.
Beinahe geistesabwesend streichelte Piemur den zottigen Kopf und kraulte das Kleine hinter den Ohren. Dann erst entdeckte er die lange Risswunde am rechten Bein des Winzlings.
»Ach so - deshalb seid ihr nicht mehr rechtzeitig zum Fluss gekommen, was?« Piemur drückte das Fohlen enger an sich. »Und deine Mutter hat dich mit ihrem eigenen Körper vor den Fäden geschützt! Wie tapfer von ihr!«
Farli zirpte leise und schmiegte sich an das unverletzte Bein des Renner-Fohlens, ehe sie auf den Kadaver hüpfte und ihn anzunagen begann. Piemur führte das Fohlen zum Fluss hinunter, wusch seine Wunde aus, legte Heilkrautblätter darauf und umwickelte sie mit Lianen, um die Insekten fernzuhalten. Mit seiner Angelleine band er das Tier an einem Baumstamm fest und schnitt dann Fleisch für mehrere Mahlzeiten aus dem Kadaver. Die Where umkreisten sie inzwischen in immer niedrigeren Spiralen.
Farli war so satt, dass sie nichts gegen einen Aufbruch
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