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Drachenmonat

Drachenmonat

Titel: Drachenmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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stand auf der Karte. Ich kann mich an sie erinnern. Ich wollte sie behalten. Rönnbärsweg 12.«
    »Wenn es jetzt Tag wäre, könnten wir ihn besuchen«, sagte Kerstin.
    »Wenn es Tag wäre, wäre er in der Schule«, sagte ich.
    »Zu seiner Schule sollten wir wohl lieber nicht gehen«, sagte Kerstin.
    »Das Jugendamt hat dort bestimmt schon Wachen aufgestellt«, sagte ich.
    »Dann müssen sie wohl überall Wachen aufgestellt haben, in allen Schulen?«
    »Ja. Die glauben, wir kommen nicht einen Tag ohne Schule klar.«
    »Vielleicht haben sie Recht«, sagte Kerstin. »Das Jugendamt hat nie Recht.«
    Der Wind zerrte wieder an den Baumkronen. Es sah aus, als machten sie einen Diener, aber nicht vor einem Lehrer, sondern vorm Himmel. Der Himmel war größer als alles andere. Wo immer man auf der Erde stand, war über einem der Himmel, und so war es, seit die Erde in einer Explosion entstanden war. Aber den Himmel hatte es schon vorher gegeben. Keine Multiplikationstabelle der Welt reichte aus, um zu errechnen, wie alt der Himmel war.
    Mir wurde langsam kalt. Es war immer noch Altweibersommer, aber der Wind kühlte die Nacht ab. Wir brauchten einen Windschutz, und den bot uns der Amerikaner.
    »Sollen wir zurückgehen?« Ich zeigte in Richtung Würstchenbude.
    Das Reklameschild leuchtete, aber drinnen war es dunkel. Im Sommer hatte eine nette Würstchenfrau Janne und mir ein Würstchen geschenkt. Sie waren nicht mal angebrannt gewesen. Als ich an die Würstchentante dachte, fiel mir Krister ein.
    »Womöglich ist Krister beim Auto gewesen, um nach uns zu sehen«, sagte ich. »Warum sollte er?«
    »Vielleicht macht er sich Sorgen.«
    »Mir würde das nicht gefallen, wenn plötzlich jemand am Fenster auftaucht, während ich da liege«, sagte Kerstin. »Mir eigendich auch nicht.«
    »Mich friert.«
    »Wir gehen zurück«, sagte ich.
    Und in dem Augenblick fuhr ein Polizeiauto mit Blaulicht, aber ohne Sirene, über die Brücke.
     
    Wahrscheinlich sahen wir aus wie zwei Büsche im Park. Wo wir standen, gab es keine Laterne. Das hellste Licht waren im Augenblick die blauen Strahlen auf dem Dach des Polizeiautos, sie reichten bis in den Himmel, als suchten sie auch dort, als wären wir gerade jetzt dort auf der Flucht.
    »Ich glaube, die suchen uns«, sagte Kerstin.
    »Dann muss Krister es doch erzählt haben«, sagte ich.
    »Was machen wir jetzt?«
    »Die können auch ganz andere Flüchtende suchen«, sagte ich. »Vielleicht suchen sie nicht mal, die fahren hier nachts eben immer mit Blaulicht.«
    »Sie sind in die Pachtung gefahren, aus der wir gekommen sind«, sagte Kerstin.
    »In dieser Stadt gibt es doch nur zwei Richtungen«, sagte ich, »bald kommen sie zurück.«
    Aber sie kamen nicht zurück. Das Blaulicht am Himmel war erloschen. Es war genauso still wie vorher, so als sei das Polizeiauto gar nicht an uns vorbeigefahren.
    »Wir halten uns an den Plan«, sagte ich, »und gehen zurück zum Amerikaner, aber vorsichtig.«
    Wir nahmen denselben Weg. Ich sah wieder den Kirchturm, aber das Kreuz wirkte jetzt kleiner.
    Das Licht vor dem Femsehladen war noch genauso blau wie vorher, fast genauso hell wie das Blaulicht des Polizeiautos. Um nicht vom Licht erfasst zu werden, benutzten wir die andere Straßenseite.
    Bei der Brandmauer und der Straßenecke am Parkplatz war alles dunkel. Das Polizeiauto war verschwunden, als wäre es seinen eigenen Lichtstrahlen gefolgt und in den Weltraum gedüst.
    Wir stellten uns in einen Hauseingang, der von der Straße nicht einsehbar war.
    »Warte hier.«
    »Was willst du tun, Kenny?«
    »Gucken, ob nicht jemand beim Auto auf uns wartet.«
    »Die können dich sehen.«
    »Ich glaub, es gibt noch einen Zugang«, sagte ich.
    Am anderen Ende des Parkplatzes hatte ich eine Gasse bemerkt. Wenn ich die Straße zurückging und an der ersten Kreuzung nach rechts abbog, müsste ich die Gasse von der anderen Seite erreichen.
    »Ich bleib nur ein paar Minuten weg«, sagte ich. »Wenn jemand kommt, tu so, als wärst du irgendwohin unterwegs.«
    »Zu der Würstchenbude im Park«, sagte Kerstin. »Da treffen wir uns.«
    »Gut.«
    Ich ging nach rechts und fand den Zugang zur Gasse. Die Pflastersteine glänzten in der Straßenbeleuchtung. Alles schien nachts viel deutlicher zu werden, als wäre es am Tag zu hell.
    Die Gasse war ungefähr zehn Meter lang. Nach einem schwachen Linksbogen sah ich das gelbe Licht vom Parkplatz wie Nebel auf mich zufließen.
    Vorsichtig machte ich noch ein paar Schritte.
    Dann

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