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Drachenmonat

Drachenmonat

Titel: Drachenmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Gewitter und schaukelte auf den Wolken. Es war ein Gefühl, wie auf Wasser zu treiben, ohne nass zu werden. Wieder grollte es. Mutter kam auf einer anderen Wolke angeschwebt, sie wollte in die entgegengesetzte Richtung. Ich rief, aber sie sah mich nicht. Es gab nichts, womit ich die Wolke lenken konnte. Langsam glitten wir aneinander vorbei, und Mutters Wolke verschwand im All. Jetzt grollte es nicht mehr. Es war still, totenstill. Und dann hörte ich eine Stimme. »Kenny? Kenny!«
    Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter. Wie hatte sich jemand auf meine Wolke setzen können, ohne dass ich es bemerkte?
    »Kenny?«
    Ich öffnete die Augen und sah in Kerstins Gesicht. »Wir sind da, Kenny.«
    Ich war ein Stück vom Sitz heruntergerutscht, während ich gleichzeitig aus meinem Traum geglitten war.
    Ich richtete mich auf und schaute hinaus.
    Jetzt war es Abend. Gegenüber parkten einige Autos. Wir hatten den Platz erreicht, wo wir schlafen sollten. Ich hatte schon geschlafen und war zum Schlafen geweckt worden.
    Auf dem Fahrersitz saß niemand.
    »Wo ist Krister?«
    »Er wollte was zu essen holen.«
    Ich drückte den Türgriff herunter und stieß gegen die Tür, es ging schwer, aber sie öffnete sich. »Wir sind jedenfalls nicht eingesperrt.«
    »Hast du das geglaubt?«
    »Da kommt er.«
    Krister kam mit einer großen Papiertüte auf dem Arm über den Parkplatz. Das Licht glitzerte auf seinem Haar, als hätte er kurz ein Bad genommen, und jetzt sah er Elvis noch ähnlicher.
    Ich öffnete die Autotür weiter. »Jetzt bist du also wach, Junge.«
    »Ich hab doch gar nicht geschlafen.«
    »Ach nein?«
    Krister bückte sich und reichte Kerstin die Tüte. »Es ist nur ein bisschen für heute Abend«, sagte er. »Nur ein paar Stullen und etwas zu trinken.«
    »Wo haben Sie das denn bekommen?«, fragte ich. »Im Hotel.«
    »Sind die nicht misstrauisch geworden?«
    »Ich kenne die Kaltmamsell und hab gesagt, ich wolle im Zimmer essen.«
    »Was ist eine Kaltmamsell?«, fragte Kerstin.
    »Na ja, eine, die Butterbrote schmiert zum Beispiel und Gerichte für das Büffet vorbereitet und so was.«
    »Hat sie Ihnen geglaubt?«, fragte ich.
    »Mir glaubt sie alles.« Er sah mich an. »Mach dir keine Sorgen, Junge. Sie ruft nicht die Bullen an oder das Jugendamt.«
    Er zog den Kopf aus der Tür zurück und streckte sich. Hinter einer hohen Brandmauer am hinteren Ende des Parkplatzes hörte ich Autoverkehr.
    Krister steckte eine Hand in die Hosentasche und nahm etwas hervor, das er mir reichte.
    »Hier sind die Schlüssel. Es ist besser, ihr schließt ab, bevor ihr einschlaft.«
    »Ich muss zur Toilette«, sagte Kerstin.
     
    »Ach ja, das hab ich vergessen. Gleich hinter der Ecke gibt es eine Toilette.« Er zeigte auf die Ausfahrt des Parkplatzes. »Die ist in Ordnung. Aber es kostet Geld.« Er holte einige Münzen aus seiner Hosentasche. »Das müsste reichen.«
    »Wir haben Geld«, sagte ich.
    »Na, dann gut.« Er steckte das Geld wieder ein und hob die Hand. »Schlaft gut. Ich tauche morgen früh gegen acht Uhr auf.«
    Er ging zurück und verschwand hinter der Ecke.
     
    9
     
    Das gelbe Licht der Straßenlaterne, die neben dem Auto stand, leuchtete herein wie ein Mond. Wir hatten die Butterbrote aufgegessen. Kerstin war schon nach dem Käsebrot satt gewesen, und ich hatte auch noch ihr Brot mit Leberpastete gegessen.
    Kerstin lag auf dem Rücksitz, ich auf dem Vordersitz. Die Sitze waren so breit, dass meine Füße nicht ganz bis zum Lenkrad auf der anderen Seite reichten. Krister hatte uns ein paar Decken und Kissen aus dem Kofferraum geholt, bevor er gegangen war. In dem schien Platz für alles Mögliche zu sein. Schlimmstenfalls konnten wir uns darin verstecken, wenn unsere Verfolger kamen. Der Zündschlüssel passte auch für den Kofferraum, ich hatte es kontrolliert, nachdem Krister gegangen war.
    Ich meinte Kerstin schnarchen zu hören, aber ich täuschte mich. Plötzlich hörte ich ihre Stimme vom Rücksitz, eine kleine Stimme von weit her, als sagte sie etwas auf der anderen Seite einer Mauer.
    »Kenny? Bist du noch wach?«
    »Ja. Ich dachte, du schläfst.«
    »Ich kann nicht schlafen.«
    »Ich auch nicht.« Ich richtete mich auf.
    »Das alles ist wie ein Traum«, sagte Kerstin.
    »Mhm.«
    »Plötzlich sind wir hier, in diesem komischen Auto. Es ist wie im Traum, plötzlich ist man irgendwo.«
    Ich dachte an meinen Traum von der Wolke. Kerstin hatte Recht. Wir lebten wie in Träumen, plötzlich war man an einem Ort, von dem

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