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Drachenmonat

Drachenmonat

Titel: Drachenmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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saß in einem Amerikaner und fuhr übers Meer. Ich saß auf einem Vogel. Ich saß in einem Haus, das durch die Wolken flog. Ich stand an einer Kreuzung, die falsch beschildert war. Auf dem Schild, das nach rechts zeigte, stand LINKS, und auf dem Schild, das nach links zeigte, stand RECHTS. Kerstin war mitten auf der Kreuzung, schon irgendwohin unterwegs. Woher weiß man, wohin man gehen soll?, fragte ich. Sie drehte sich um und sagte: Geh einfach geradeaus. Links, was vielleicht rechts war, stand meine Mutter aufrecht in einem Bett. Sie zeigte Kerstin nach, als sollte ich ihr folgen. Ich hörte ein Geräusch und schaute auf. Nachschlagewerke kamen wie ein Bomberverband angeflogen. Plötzlich drehten die Bücher nach rechts ab, das vielleicht links war, und ließen Tausende von Steinen fallen, die wie Hagel rollend auf der Erde aufschlugen. Auf der Erde war niemand. Die Steine hüpften weiter, rollten, hüpften, rollten.
    Ich öffnete die Augen und merkte, was mich aus dem Traum geweckt hatte: Es war Regen, der gegen die Scheiben trommelte. Vielleicht war er ein Teil meines Traumes gewesen.
    Ich stand auf und ging ans Fenster. Der Holzfußboden war weich und kühl unter meinen Füßen. Das Zimmer war groß wie ein Krankensaal.
    Die Farben waren zurückgekehrt. Die Erde war grün, die Bäume waren gelb. Der Himmel war in mehreren Schichten verschieden grau getönt. Auf den Schotterwegen im Garten hatten sich Pfützen gebildet. Der Regen peitschte die Wasseroberfläche wie Pistolenschüsse oder ein Bombenhagel aus kleinen Steinen. Ich schaute wieder nach oben, aber es kamen keine Nachschlagewerke aus den Wolken geflogen.
    Plötzlich fuhr ein Blitz aus der Erde auf wie ein Feuerschwert. Es sah immer aus, als würde der Blitz einschlagen, aber ich wusste, er kam aus dem glühenden Erdinnern. Die Erde griff den Himmel an. Bevor ich das Donnergrollen hörte, schoss ein größerer Blitz empor. Er war nahe, es sah aus, als käme er aus dem Garten. Und dann donnerte es wie von zehntausend Bombern. Das Fenster klirrte so sehr, dass ich dachte, die Scheibe würde zerbrechen. Ich sah noch einen Blitz, nur Sekunden später ertönte der Knall, sehr nah. Es war nicht gut, am Fenster zu stehen. Der Regen schlug noch härter gegen die Scheibe. Es war ein richtiger Wolkenbruch, der sich mit Regen gegen die Blitze der Erde verteidigte. Die Pfützen im Garten verbreiteten sich auf den Rasen, wurden zu Seen. Der Regen stand wie Schilfröhricht um die Pfützen. Wind zerrte an den Baumkronen. Es war nachtdunkel geworden. Der Himmel war schwarz. Ich sah noch einen Blitz und zählte bis zum Donner. Nun war es etwas weiter entfernt, aber Wind und Regen blieben.
    Der Indiansummer war vorbei.
     
    »Habt ihr Stiefel?«
    Erik stand am Herd und briet Eier. Das Zischen war lauter als der Regen draußen. Es roch noch besser als Regen. Ich war auf der Treppe gewesen, hatte unterm Dach gestanden und den Regen betrachtet, ihn gerochen. Es war ein Geruch, den ich seit dem Frühling nicht mehr wahrgenommen hatte, er war wie neu.
    »Die haben wir in der Eile vergessen mitzunehmen«, antwortete ich.
    »Ihr braucht Stiefel.« Er drehte die Eier um. Es war die größte Bratpfanne, die ich je gesehen hatte, in der fünf, sechs Eier Platz hatten. »Ich habe mehrere Paare. Ihr könnt euch welche aussuchen.«
    »Wir wollen sie aber nur leihen.«
    »Das ist klar.« Er ließ die Eier auf eine längliche Platte gleiten. »Und ich schicke euch auch nicht weg. Ihr könnt bleiben, bis meine Eltern kommen.«
    Ich sah Kerstin an. Sie schüttelte den Kopf. Wir hatten gesagt, dass wir noch einmal darüber schlafen wollten. Es war, als wäre der Regen der Anlass, dass wir nicht bleiben wollten. Als hätte er uns ein Zeichen gegeben, dass wir weiterziehen sollten.
    Erik stellte die Platte mit den gebratenen Eiern auf den Tisch, auf dem schon Butter, Käse und Marmelade standen. Erik begann Brotscheiben in einem großen Toaster zu toasten, der fast die ganze Spüle bedeckte.
    »Leider haben wir keinen Schinken«, sagte Erik.
    »Das ist nicht nötig«, sagte Kerstin.
    »Eigendich gehört Schinken dazu.«
    »Eier sind auch gut«, sagte ich. »Jetzt brauchen wir bis zum Abend nichts mehr zu essen.«
    »Wir bringen euch zur Stadtgrenze«, sagte Janne. »Das ist nicht nötig.«
    »Falls die Bullen nach zwei Kindern fahnden, sehen sie vier, und das wirkt weniger verdächtig.«
    »Eine Schulklasse«, sagte Erik. »Spezialklasse«, sagte Janne.
    »Vielleicht sollten wir mitkommen«,

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