Drachenmord (Funny-Fantasy-Serie: Gesandter der Drachen) (German Edition)
helles Haar hinter die Ohren.
„So?“
Er wusste von Nyredds Tod. Soviel war sicher.
Ich bemühte mich, eine schlaue Frage zu ersinnen und gab den Versuch fast sofort wieder auf, denn Elfen sind ebenso klug wie listenreich.
„Du hast also davon gehört?“
Sirluîn zuckte die Achseln.
„Wie jeder in weitem Umkreis.“
„Weißt du, wer es war?“
„Nein.“
Das kam erstaunlich schnell.
„Fragen wir anders: Wo warst du, als Nyredd starb?“
„Wann starb er denn?“, fragte Sirluîn zurück.
Nun, so genau wusste ich das selbst nicht.
„Was sagte man dir denn darüber?“, erkundigte ich mich deswegen.
„Vor drei Tagen.“
Also hatte Veshira sehr schnell beschlossen, mich auftreiben zu lassen. Außerdem bedeutete es wahrscheinlich, dass Nyredds mächtiger Kadaver noch irgendwo lag, denn Drachen haben recht eigentümliche Beisetzungsgewohnheiten, die es nicht vorsehen, die lieben Verblichenen allzu bald verschwinden zu lassen.
Hieß das, ich würde einen toten Drachen untersuchen müssen?
Der Gedanke hatte etwas … Überwältigendes. Wie suchte man an einem solchen Koloss nach einem möglicherweise winzigen Einstich?
Nun überschlugen sich meine Gedanken.
Wie jeder Drachenjäger weiß, gibt es nur wenige Möglichkeiten, einen Drachen zu töten. Viele davon sind nicht sonderlich praktikabel. Andere einfach so gut wie undurchführbar. Dazu gehört die gute alte Nadelmethode. Dabei nähert man sich einem schlafenden Drachen mit einer Nadel von Armeslänge, die nicht dicker sein darf als eine Nähnadel. Gleichzeitig muss sie die Widerstandskraft eines Diamanten besitzen, weshalb man sie mehrmals härtet und dann mit Diamantstaub überzieht. Sie wird in einen hölzernen Schaft eingelassen, der es ermöglicht, sie vorsichtig zwischen zwei Schuppen zu schieben. Entweder muss man nun das Herz treffen, die Nadel zurückziehen und verschwinden, ehe der Drache überhaupt merkt, dass er verletzt wurde. Oder man verwendet eine vergiftete Nadel. Eine solche kann man überall einstechen. Nur verwendet man besser ein sehr schnell wirkendes Gift.
„Was stierst du so?“, fragte Sirluîn.
„Oh, ich denke ein wenig nach.“
„Worüber?“
„Warst du in letzter Zeit auf dem Drachenberg?“
Sirluîn lachte.
„Da ich hier stehe und am Leben bin, erübrigt sich wohl die Frage.“
Erübrigte sie sich? Das war ja genau das, was mich beschäftigte.
Elfen bewegen sich leise. Angeblich riechen sie nach Blumenwiesen, frisch gemähtem Heu oder Quellwasser. Nichts davon würde einen Drachen beunruhigen, während er einen Menschen schon von großer Entfernung wahrnimmt und bei seiner Annäherung selbst aus tiefem Schlummer erwacht.
Elfen besitzen die Fähigkeit, mit ihrer Umgebung zu verschmelzen, atmen lautlos und sind ganz gewiss in der Lage, eine Nadel an der passenden Stelle einzustechen.
Nun, wenn Sirluîn sich tatsächlich in Nyredds Höhle geschlichen und ihn auf eine solch abgefeimte Weise getötet hatte, dann war ihm meine Bewunderung sicher.
Leider würde ich es dabei nicht belassen können.
Bewunderung war wohl das Letzte, was Veshira dem Mörder zu gönnen gedachte. Und ich handelte notgedrungen nach ihren Wünschen.
Oder gab es Hoffnung, mich irgendwie herauszuwinden? Ich konnte so tun, als hätte ich nichts herausgefunden.
Meine Schultern sanken.
An wem würde Veshira ihre Enttäuschung dann wohl auslassen? Richtig: an mir! Wenn ich nicht langsam und grausam sterben wollte, musste ich stattdessen jemand anderen ans Messer liefern. Ich hoffte mit Inbrunst, dass derjenige ein Drache sein würde.
Sirluîn hatte mich beobachtet.
„Du scheinst in Schwierigkeiten zu sein“, sagte er ohne hörbares Mitgefühl.
Ich schluckte die erste und auch die zweite Entgegnung herunter, die mir in den Sinn kamen, und versuchte es stattdessen mit der dritten: „Kaum mehr als du, wenn du weiter versuchst, mich an der Nase herumzuführen. Was weißt du über Nyredds Tod?“
„Er war verdient. Das weiß ich.“
„Natürlich war er verdient. Aber wer …“
Sirluîn schnalzte.
„Du tust es also wirklich. Du nimmst einen alten Freund und Weggefährten ins Verhör und machst dir die Wünsche und Absichten der Drachen zu eigen.“ Er fasste zu und schüttelte mich. „Wach auf“, zischte er. „Das ist der Drachenbann! Du Schwachkopf hast zu lange und zu oft zugehört und die Drachenstimmen haben dich bezaubert.“ Er ließ mich jäh los und ich stürzte. „Oder bist du sehenden Auges in dieses
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