Drachenmord (Funny-Fantasy-Serie: Gesandter der Drachen) (German Edition)
vertrieb.
„Lyrach, Lachnyr und Lilac“, sagte Veshira und schwankte ganz offensichtlich zwischen Verzweiflung und Stolz auf ihren Nachwuchs.
„Sehr hübsch“, sagte ich wahrheitsgemäß. „Ganz und gar nach der Mutter geraten, wie es aussieht.“
Veshira griff sich eins ihrer Kinder und hielt es auf meine Augenhöhe.
„Sieh dir die Krallen an!“
Nun, sie waren schon in diesem zarten Alter lang wie Dolche, ebenso scharf und … silbern. Die Erinnerung an das Erbe ihres Vaters. Ich bewunderte sie pflichtschuldigst. Veshira schniefte ein wenig.
„Und nun?“, fragte sie an niemand Bestimmten gewandt. „Und nun?“
„Warum lasst ihr euch das gefallen?“, fragte ich. „Ihr seid mehr als ein Dutzend Drachenmütter und Niflingyr, so stark er auch sein mag, ist nur ein einzelner Drache.“
„Ist er nicht“, erwiderte Veshira. „Ihm folgen die Speichellecker und jene, die immer schon darauf gewartet haben, dass ein Drache an die Macht kommt, der ihnen mehr Freiheiten gestattet. Sie wollen endlich Dörfer niederbrennen und Schattensee vernichten.“
„Warum?“
„Aus Spaß“, sagte Veshira. „Und sie alle werden mit ihm kommen. Sie werden auch das hier genießen …“
Ihr versagte die Stimme. Sacht, ganz sacht setzte sie den kleinen Drachen wieder zu seinen Geschwistern.
„Wir bringen sie hier fort!“
Veshira glotze mich an.
„Wir? Fort? Wohin, Anjûl?“
Nun, darauf wusste ich keine Antwort.
„Es wird doch Höhlen geben, in die ein erwachsener Drache nicht vordringen kann“, sagte ich forsch. „Hier wartet ein ganzes Gebirge nur darauf, eure Kinder zu verbergen. Und Niflingyrs liebreizende Freunde sind nicht eben die Hagersten. Ihnen mangelt es schon seit Jahren an nichts. Sie brauchen inzwischen recht gut ausgebaute Höhleneingänge.“
Veshira starrte mich an und ich starrte zurück.
Was machte ich hier? Junge Drachen retten? War ich noch ganz bei Trost? Die Gegend würde froh um jeden dieser kleiner Wonneproppen sein, der das Erwachsenenalter niemals erreichte. Unwillkürlich betastete ich das Amulett unter meinem Hemd.
War das Drachenbann? Oder meine ausgeprägte Abneigung gegen den Mord an Frauen und Kindern? Waren es denn Kinder, oder nicht einfach künftige Monster?
Ich betrachtete die Kleinen.
Mein Leben als Drachenjäger hatte dazu geführt, dass ich schon früher Drachenjunge gesehen hatte, manche davon so hässlich wie verhungernde Fledermäuse. Diese drei hier jedoch kamen wirklich nach der Mutter. Jedes von ihnen konnte ein prachtvoller Drache werden. Lilac würde jedem Drachenmann den Kopf verdrehen, das sah man jetzt schon.
Ich schüttelte den Kopf, wie um einen Ohrzwang loszuwerden.
„Nein“, sagte ich laut.
„Was meinst du damit?“, fragte Veshira.
„Ich meine damit, dass ihr nicht länger warten solltet! Jede Mutter soll ihre Kinder in eine andere Höhle bringen und dort verbergen! Umso weniger von ihnen wird Niflingyr finden.“
„Er wird die Felswände einreißen, unsere Jungen werden von stürzendem Gestein erschlagen werden …“, begann Veshira, brach ab und sah ihre Jungen an, wie ich sie angesehen hatte. Dann stieß sie einen Schrei aus, der mich dazu brachte, mir das linke Ohr zuzuhalten. Nur hilft das wenig, wie ich feststellen musste. Mit nur einer Hand war ich dem Gebrüll künftig ausgeliefert.
Und etwas Derartiges hatte ich noch niemals gehört.
Auf diesen Schrei hin erhoben sich alle Drachenmütter von ihren Nestern und stiegen über dem Nistplatz auf. Dort quirlten sie alle durcheinander, wie es die männlichen Drachen über dem Kampfplatz getan hatten.
„Was wird das nun?“, fragte ich Lynfir.
„Der Rat der Mütter“, sagte er.
Dann machte er den Hals lang und spähte nach Osten. Ich konnte zuerst nichts entdecken, aber nach einer Weile war es auch für meine schwachen Menschenaugen offensichtlich: Dort stieg Rauch auf.
„Sie verbrennen Nyredd doch nicht?“
Lynfir schnaubte.
„Schon mal versucht, einen Drachen zu verbrennen? Das Feuer wird entfacht, um den ehemaligen und den künftigen König zu ehren. Je länger es brennt, desto glorreicher wird die Herrschaft Niflingyrs sein.“
„Dann sollten wir eigentlich erwarten, dass es gleich wieder verlöscht.“
„Jedenfalls ist er jetzt König“, erwiderte Lynfir.
„Dann hoffen wir mal, so ein Rat der Mütter tagt nicht ewig!“
Wenn sich Niflingyr sofort auf den Weg machte, um den Nachwuchs seines Vorgängers aus der Welt zu schaffen, dann würde die Zeit kaum
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