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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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vor. Und dann diese kupfernen Knöpfe überall, diese Schnürchen und Nieten – in dieser Jacke würde er aussehen wie ein Heavy-Metal-Fan, aber nicht wie ein erwachsener Mann.
    »Die sind für Elfen genäht …«, teilte ihm die Alte betrübt mit. »Elfen mögen so was … und dann war da so eine Kleine heute Morgen, die hat ewig rumprobiert und dann doch nichts genommen …«
    Viktor fragte gar nicht erst nach, wie besagte Kleine ausgesehen hatte. Auch so war er sich ziemlich sicher, dass es sich um Tel gehandelt hatte.
    »Nimm den Mantel!«, riet die andere. Offenbar hatte Viktor in ihren Augen den Status eines echten Kunden erworben. »Der taugt was, ist aus Biberfell.«

    Aber Viktor war nicht so verrückt, in einem edlen Mantel aus fein gegerbtem, glänzendem Fell auf Reisen zu gehen. Darin würde er viel zu sehr auffallen.
    »Dann nimm eine Scheide; wenn du weiter so mit dem Schwert durch die Gegend gehst, wirst du noch jemanden erschrecken«, ließ die Alte nicht locker.
    Und das war nun tatsächlich ein guter Rat. Aus einem dicken Sack unter dem Tisch zog sie geschickt einige Scheiden hervor. Viktor besah sie sich neugierig: Sie waren aus Holz und mit dickem, rauem Leder überzogen. Er maß sein Schwert mit dem Blick und schob es dann in die erstbeste Scheide; es glitt leicht hinein und saß doch fest, als wäre die Hülle extra für seine Waffe angefertigt worden. Sogar die Alte war überrascht und schüttelte den Kopf. »Sieh einer an, da hast du aber die richtige gefunden …«
    Viktor hatte das Gefühl, dass sie den Preis, der für eine Scheide ohnehin unverschämt war, gleich noch mal verdoppelte. Aber er bezahlte schweigend und ging weiter. Die Scheide hatte er an seinem Gürtel befestigt, nun baumelte sie ihm zwischen den Beinen – ohne nachzudenken, schob er sie nach hinten; es schien, als ob die Waffe sich an ihren Platz erinnerte.
    Die Räuber blieben ebenfalls an dem Kleiderstand stehen. Neugierig beobachtete Viktor sie. Würden sie sich tatsächlich auch Unterhosen kaufen? Aber so weit ging ihre blinde Ergebenheit nun auch wieder nicht. Der Grenzer befühlte die Lederjacke, verzog das Gesicht und rief den Jüngsten zu sich. Er sprach ein paar Worte zu ihm und gab ihm dann einen kleinen Schubs. Der Jüngste stürzte eilig los und verschwand.
    Viktor fuhr fort, sich mit dem örtlichen Warenangebot vertraut zu machen. Eine Frau von etwa vierzig Jahren in
einem bunten Sarafan und mit grell geschminktem Gesicht bot alkoholische Getränke an. Hauptsächlich standen da Krüge mit dicht schließenden Deckeln, aber es gab auch an die zehn Flaschen. Das Glas war grob und uneben, wie selbstgefertigt … und das war es vermutlich auch. Statt Etiketten waren kleine Stückchen Waschleder aufgeklebt, auf denen mit sorgfältiger Schrift geschrieben stand: »Elfenstark«, »Bärentrunk«, »Bergbalsam«.
    Viktor wollte jetzt keine Experimente machen, daher ging er zügig weiter. Vielleicht konnte er auf dem Rückweg ein paar Flaschen … als Überraschung; seine Kumpels würden sich nicht schlecht wundern!
    Ganz zum Schluss entdeckte Viktor etwas, mit dem er nie gerechnet hätte. Vor einer stämmigen, kleinen Frau, die dastand wie ein Fels, lag ein schmaler Stoß Zeitungen.
    Echte Zeitungen! Richtig gedruckte! Viktor streckte die Hand aus, und die Alte schlug ihm blitzschnell und überraschend stark auf die Finger.
    »Erst bezahlen … Ihr Schriftkundigen werdet auch immer mehr …«
    Die Stimme der Alten klang rau und guttural. Hinter ihm stieß der Grenzer einen Schrei aus und trat zu ihnen. Viktor drehte sich um und bedeutete ihm mit einem Blick, sich aus dem Staub zu machen, dann sah er die Alte an.
    Ein hartes, faltiges Gesicht mit einem Schnurrbart und einer flachen Nase umrahmt von einem Büschel drahtiger Haare.
    Ein Gnom, besser gesagt, eine Gnomfrau!
    »Wie viel?«
    »Ein Goldstück«, sagte sie in einem Ton, der eigentlich nur eines nahelegte, nämlich »Hau ab«.
    Viktor stieß innerlich drei Flüche aus, gegen sein Gedöns eines Intellektuellen, gegen die allgemeine Schulbildung
und schließlich gegen seine in dreißig Jahren nicht überwundene Liebe zum gedruckten Wort. Aber schließlich würde er doch aus der Zeitung eine Menge nützlicher Informationen über die Mittelwelt erhalten. Oder nicht? Und dass der Preis so hoch war, nun ja … schließlich war Papier hier eine Seltenheit …
    Nachdem er gründlich untersucht hatte, welches die kleinste Münze war, legte er sie neben die Zeitungen. Ohne

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