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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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Wolken Menschenkleider über den Pelz ziehen musste. Ein Junge in Bens Alter führte Ben und den Professor zu einem Haus am Rand der Klosteranlage, wo die Mönche Proviant und Kleidung aufbewahrten. Erst auf dem Weg dorthin bemerkte Ben, wie groß das Kloster war und wie viele Menschen hier lebten.
    »Wir würden alle so gern mitkommen«, sagte Barnabas Wiesengrund, während sie dem kleinen Mönch folgten. »Ich meine Vita, Guinever und ich. Aber ich fürchte, bei diesem Unternehmen haben Menschen nichts zu suchen.« Er klopfte Ben auf die Schulter. »Bis auf den Drachenreiter natürlich.«
    Ben lächelte. Der Drachenreiter. Jeder Mönch, der ihnen entgegenkam, verbeugte sich vor ihm. Er wusste gar nicht, wo er hinschauen sollte.
    »Weißt du schon, was du danach machen willst?«, fragte der Professor ohne Ben anzusehen. »Ich meine, wenn ihr den Saum des Himmels gefunden habt und alles gut geht und ...«, er räusperte sich und fuhr sich mit der Hand durch das graue Haar, »... Lung zurückfliegt um seine Verwandten zu holen. Willst du für immer bei den Drachen bleiben?«
    Verlegen sah er den Jungen von der Seite an.
    Ben zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Darüber hab ich noch nicht nachgedacht. Im Moment gibt's gar kein Vorher und Nachher, wissen Sie?«
    Der Professor nickte. »Ja, ja, das Gefühl kenne ich. Es stellt sich meistens ein, wenn man etwas Besonderes erlebt. Aber«, er räusperte sich noch einmal. »Falls du Lust hättest, ich meine«, er putzte sich die Nase mit einem großen Taschentuch, »falls du nach diesen ganzen Abenteuern gern mal wieder unter Menschen wärst...« Er blickte zum Himmel. »Vita mag dich sehr gern und Guinever hat sich schon oft beklagt, dass sie keinen Bruder hat. Vielleicht«, er sah Ben an und wurde rot, »vielleicht hättest du Lust uns eine Weile als deine Familie zu betrachten. Was meinst du?«
    Ben guckte Barnabas Wiesengrund sprachlos an.
    »Das ist natürlich nur ein Vorschlag«, beeilte der Professor sich zu sagen. »So eine meiner verrückten Ideen. Aber ...«
    »Das würde ich gern«, unterbrach Ben ihn. »Sehr gern sogar.«
    »Ach ja?« Barnabas Wiesengrund seufzte erleichtert auf. »Oh, das ist eine große Freude. Da wird uns das Warten hier noch schwerer fallen. Wir«, er lächelte zu dem Jungen hinunter, »wir wollen als Nächstes den Pegasus suchen. Erinnerst du dich?«
    Ben nickte. »Da würd ich gern mitsuchen«, sagte er. Und griff nach Barnabas Wiesengrunds Hand.
     
     
    Es war alles zur Abreise bereit, als es dunkel wurde zwischen den Bergen. Ben und Schwefelfell waren dick eingemummelt, mit spitzen warmen Mützen auf den Köpfen, Handschuhen und warmen Westen. Fliegenbein saß, eingewickelt in ein Stück Lammfell, auf Bens Schoß, auf dem Kopf die abgeschnittene Spitze von einem Handschuhdaumen. In Schwefelfells Rucksack steckten getrocknete Aprikosen und eine Thermoskanne heißer Buttertee - für alle Fälle, wie der Lama schmunzelnd bemerkt hatte, als Schwefelfell misstrauisch daran schnüffelte. Lung fürchtete die Kälte nicht und auch die Mönche schienen sie nicht zu spüren. In ihren dünnen Gewändern begleiteten sie den Drachen durch die schneidend kalte Nacht zu den Höhlen der Dubidai. Lung schimmerte hell wie der herabfallende Mond im Schein ihrer Fackeln. Lola Grauschwanz flog schnurrend vor ihm her. Die Ratte hatte beschlossen sich dem Drachen anzuschließen. Sie winkte den Mönchen, als gelte die ganze Aufregung ihr.
    Burr-burr-tschan erwartete Lung schon. Er stand im selben Felsloch, aus dem er am Nachmittag aufgetaucht war, aber diesmal war er nicht allein. Auch aus den anderen Löchern lugten Dubidai. Alle Dubidai waren gekommen um den fremden Drachen zu sehen. Als Lung unterhalb der Höhlen stehen blieb und hinaufblickte, erhob sich ein aufgeregtes Raunen. Pelzige Köpfe, große und kleine, schoben sich vor und betrachteten den silbernen Drachen.
    Burr-burr-tschan warf sich einen Rucksack über die Schulter, hangelte sich an den Felsen herab und kletterte auf Lungs Rücken, als hätte er sein Lebtag nichts anderes getan. »Ist da noch Platz für mein Gepäck?«, fragte er, als er sich vor Schwefelfell setzte.
    »Gib her«, brummte Schwefelfell und hängte seinen Rucksack neben ihren. »Was hast du da drin? Steine?«
    »Pilze!«, wisperte Burr-burr-tschan ihr ins Ohr. »Die köstlichsten Pilze der Welt. Ich wette, du hast noch nie bessere gegessen.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen«, knurrte Schwefelfell und schnallte sich fest.

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