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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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sie. »Sollten wir ihn entdecken, fliege ich als Zeichen einen Looping. Dann lenken wir das Ungeheuer ab und Lung fliegt, so schnell er kann, zur Höhle und verschwindet darin.«
    »Ablenken?«, fragte Fliegenbein mit schwacher Stimme. »Wie denn?«
    »Wart's ab!« Lola schlug ihm so fest auf die Schulter, dass er fast kopfüber von Lungs Rücken purzelte. »Du sollst nur gucken. Das Fliegen übernehme ich.«
    »Wie beruhigend!«, murmelte Fliegenbein. »Dann hätte ich nur noch eine Frage: Was ist ein Luping?«
    »Ein Überschlag in der Luft«, antwortete Lola. »Gibt ein wunderbares Kribbeln unterm Bauchnabel. Absolut unbeschreiblich.«
    »Ach, wirklich?« Fliegenbein rieb sich nervös die Nase.
    »Kein schlechter Plan«, brummte Burr-burr-tschan. »Könnte klappen.«
    »Ich weiß nicht«, knurrte Schwefelfell. »Gefällt mir nicht, dass wir alles diesen zwei Winzlingen überlassen.«
    »Ach ja? Willst du vielleicht runterfliegen, Pelzgesicht?«, fragte Lola. »Los geht's, Hummelkuss!« Sie griff nach Fliegenbeins Hand. »Jetzt werden wir uns mal ein bisschen nützlich machen.« Sie drehte sich noch einmal zu Lung um. »Ist doch praktisch, wenn man ein paar kleine Leute dabeihat, was?«
    Lung nickte. »Sehr praktisch«, antwortete er. »Weißt du was, Ratte? Ich glaube, die Welt wird irgendwann den Kleinen gehören.«
    »Nichts dagegen«, antwortete Lola.
    Dann stieg sie mit Fliegenbein im Schlepptau über Bens Schoß, balancierte über Lungs Rücken und zog den Homunkulus mit sich zu der Stelle, an der sie ihr Flugzeug vertäut hatte. Sie lösten die dünnen Ketten, Lola schob das Cockpit auf´- und die beiden kletterten hinein.
    Fliegenbein warf noch einen Blick zu Ben hinüber und lächelte zaghaft. Ben winkte ihm zu. Dann warf Lola Grauschwanz den Motor an. Das Brummen erfüllte die Nacht wie Grillengezirp - und das kleine Flugzeug flog mitsamt den beiden Kundschaftern auf das Auge des Mondes zu.

    DAS AUGE DES MONDES  
     
    »Ganz schön groß, dieser See!«, rief Lola in den Motorenlärm.
    »Ja«, flüsterte Fliegenbein. »Groß wie ein Meer.«  Er schaute aus dem Fenster und hörte seinen Zähnen beim Klappern zu. Der Motor dröhnte in seinen Ohren und seine Knie schlugen gegeneinander. In einer Blechmaschine fliegen! Wie entsetzlich! Nichts als ein bisschen Metall und eine schnurrende Apparatur zwischen ihnen und dem Nichts. Er wollte zurück auf Lungs starken Rücken, auf Bens warmen Schoß, in den Rucksack, überallhin, nur in dieser Höllenmaschine wollte er nicht bleiben.
    »He, mach mal Meldung. Siehst du was Verdächtiges, Humun-kupus?«, fragte die Ratte.
    Fliegenbein schluckte. Aber Angst kann man nicht verschlucken. »Nein«, antwortete er mit zittriger Stimme. »Nichts. Nichts außer den Sternen.«
    Wie winzige Leuchtkäfer spiegelten sie sich unten im Wasser.
    »Flieg näher ans Ufer«, rief Fliegenbein der Ratte zu. »Da versteckt er sich am liebsten. Er legt sich in den Schlamm.«
    Sofort drehte Lola ab und flog in weitem Bogen wieder aufs Ufer zu. Fliegenbeins Magen überschlug sich.
    Der See lag unter ihnen wie ein Spiegel aus schwarzem Glas. Summend glitt das Flugzeug über das Wasser. Alles war dunkel. Nur die Blumen am Ufer leuchteten in geheimnisvollem Blau.
    Fliegenbein blickte über die Schulter, dorthin, wo Lung gelandet war. Aber von dem Drachen war nichts mehr zu sehen. Er hatte sich wohl schon versteckt - und wartete in einer Felsspalte auf ihr Zeichen. Fliegenbein drehte sich wieder um und sah aufs Wasser. Plötzlich, wie aus dem Nichts, spürte er ein seltsames Beben in der Brust.
    »Er ist hier!«, rief er erschrocken.
    »Wo?« Lola umklammerte ihr Steuer und blickte angestrengt in die Dunkelheit. Aber sie konnte nichts Verdächtiges entdecken.
    »Ich weiß nicht, wo!«, rief Fliegenbein. »Aber ich spüre es. Ganz deutlich.«
    »Könnte was dran sein«, Lola drückte die spitze Nase gegen das Cockpitfenster. »Da vorne kräuselt sich das Wasser sehr verdächtig! Als wär dort ein großer Stein versunken.« Sie drosselte den Motor. »Ich schalte die Scheinwerfer aus«, raunte sie. »Das sehen wir uns aus der Nähe an.«
    Fliegenbeins Knie fingen wieder an zu schlottern. Die Vorstellung, seinen alten Meister wieder zu sehen, ließ sein Blut zu Eiswasser werden. Lola flog in einer Schlangenlinie auf die verdächtige Stelle zu. Sie brauchte keine Scheinwerfer. Sie hatte Nachtaugen, genau wie Fliegenbein, und das Licht der Sterne reichte ihr.
    Da, wo das Wasser sich kräuselte

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