Drachenreiter
der Drachen. Plötzlich fühlte er sich, als wäre er nach Hause zurückgekehrt.
Der Tunnel führte in die Tiefe. Mal wand er sich nach links, dann wieder nach rechts. Einige Male zweigten schmalere Gänge ab, gerade hoch genug für Kobolde. Aus einigen Gängen duftete es verführerisch nach Pilzen. Schwefelfells Magen knurrte, aber sie ging tapfer weiter.
»Es ist gar nicht dunkel hier«, sagte Ben, als sie schon tief im Inneren des Berges waren. »Wie ist das möglich?«
»Mondstein«, antwortete Burr-burr-tschan. »Wir haben Mondstein für die Wände genommen. Der saugt das Licht auf wie ein Schwamm. Du brauchst nur ab und zu Mondlicht hereinlassen oder ein bisschen Drachenfeuer durch den Tunnel zu blasen, schon reicht es wieder für Jahre. Aber es ist viel dunkler geworden, seit ich das letzte Mal hier war.« Er sah an den schimmernden Wänden hoch und zuckte die Schultern. »Wahrscheinlich lassen sie nicht mal mehr das Mondlicht rein aus Angst vor dem goldenen Drachen. Bin wirklich gespannt, was sie dazu sagen, dass er höchstpersönlich unten im See schwimmt.«
»Wütend werden sie sein«, murmelte Schwefelfell und zupfte nervös an ihren Ohren. »Sehr wütend. Die werden sich wahrscheinlich gar nicht erst anhören, warum wir hier sind.«
»Mit den Menschen können wir nicht kämpfen«, sagte Lung. »Wenn wir hundert vertreiben, kommen tausend nach. Aber mit Nesselbrand könnten wir es schon aufnehmen.«
»Was?« Schwefelfell verstellte ihm beunruhigt den Weg. »Fängst du schon wieder an? Redet von Kämpfen. Dabei haben wir uns auf den Weg gemacht um einen Platz zu finden, an dem wir unsere Ruhe haben! Kämpfen mit diesem Monster? Pah!«
»Er ist ziemlich schwerfällig«, sagte Burr-burr-tschan hinter ihr. »Kommt schnell aus der Puste wegen seinem Panzer. Und besonders schlau scheint er auch nicht zu sein. So leicht, wie die Ratte ihn an der Nase rumführen konnte ...«
»Blödsinn!« Schwefelfell drehte sich ärgerlich zu ihm um. »Blödsinn, Blödsinn, Blödsinn! Er ist zwanzigmal größer als Lung.«
»Größer!« Burr-burr-tschan zuckte die Achseln. »Na und?«
»Reg dich nicht auf, Schwefelfell«, sagte Lung und schob das Koboldmädchen sacht zur Seite. »Lass uns weitergehen.«
»Ja, ja!«, knurrte Schwefelfell ärgerlich. »Aber hör auf vom Kämpfen zu reden, ja?«
Schweigend gingen sie weiter. Eine ganze Weile führte der Tunnel sie noch in die Tiefe, bis er plötzlich eine scharfe Biegung machte und sich vor ihnen eine gewaltige Höhle öffnete. An der Decke glitzerte es matt von Tausenden von Mondsteinen. Tropfsteine hingen wie gefrorener Schaum aus der Dunkelheit herab. Andere wuchsen vom Boden der Decke entgegen.
Staunend machte Ben ein paar Schritte vor. Noch nie hatte er einen solchen Ort gesehen. Hier im Inneren des Berges schienen die Steine lebendig geworden zu sein. Es kam ihm vor, als stünde er zwischen seltsamen Pflanzen, Bäumen und Hügeln, alle aus silbrig schimmerndem Stein.
»Na?«, sagte Schwefelfell hinter ihm. »Wo sind sie denn nun, die anderen Drachen?«
»Haben sich verkrochen«, antwortete Burr-burr-tschan. »Jede Wette.«
Lung schritt zögernd in die Höhle hinein. Schwefelfell lief ihm nach. Burr-burr-tschan und Ben kamen langsam hinterher. In der Mitte der Höhle, zwischen gezackten Hügeln aus Stein, blieb Lung stehen. »Wo seid ihr?«, rief er.
Keine Antwort kam zurück. Nur das Echo seiner eigenen Stimme.
»He, hallo!«, rief Schwefelfell. »Wir sind um die halbe Welt geflogen, da könntet ihr wenigstens mal die Nasen rausstrecken um uns zu begrüßen.« Aber auch sie bekam keine Antwort.
Nur ein leises Rascheln war zu hören aus einem Dickicht von Tropfsteinsäulen im hintersten Winkel der Höhle. Schwefelfell spitzte die Ohren. »Hast du das gehört?«, flüsterte sie Lung zu. Lung nickte.
»Es ist dunkel hier«, sagte er. »Ich werde uns mehr Licht machen.« Er streckte den langen Hals - und spuckte Feuer. Zischend fuhr es zwischen die Steine, leckte die dunklen Wände hinauf und loderte blau bis zur Decke. Die ganze Drachenhöhle begann so hell zu leuchten, dass Ben für einen Augenblick die Augen zukneifen musste. Die Mondsteine strahlten von der Decke herab. Die Wände schillerten und an den Spitzen der Tropfsteine sammelte sich das Drachenfeuer in knisternden Flammen.
»Ja!«, rief Burr-burr-tschan und riss die Arme in die Luft. »Ja, genau so soll es aussehen.«
Lung schloss das Maul und schaute sich um.
»Lung«, flüsterte Ben und
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