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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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aber er fühlte sich nicht schlecht darunter. Nein, im Gegenteil. Er trat an den Abgrund heran, bis seine Schuhspitzen ins Leere ragten - und es machte ihm nicht das Geringste aus.
    »Erstaunlich«, murmelte er, drehte sich um und schob den Hut so weit zurück, dass er unter der Krempe hervorsehen konnte. Die Berge sahen plötzlich ganz anders aus. Sie glitzerten und schimmerten in tausend Farben. Staunend blickte Fliegenbein sich um.
    »He, Hummelkuss, hilf mir mal, ja?« Lola zog eine lange Schnur aus ihrem Overall. »Wir müssen den Zwerg fesseln, oder willst du, dass er zu seinem Meister zurückläuft? Wirklich gut, dass dir das mit dem Hut eingefallen ist. Hatte ich längst wieder vergessen.«
    »Grüß dich, Kiesbart«, sagte Fliegenbein und setzte sich auf den Bauch des Zwergs, während Lola ihren Gefangenen verschnürte. »Du bist wirklich ein fleißiger Spion. Viel fleißiger, als ich es dreihundert Jahre lang war.«
    »Verräter!«, knurrte der Zwerg und spuckte Fliegenbein gegen die Brust. »Gib mir meinen Hut zurück.«
    Fliegenbein zuckte nur die Schultern. »Nein, wieso sollte ich?« Er beugte sich über den Zwerg. »Ich weiß genau, warum du meinem alten Meister so eifrig dienst. Weil das Gold seiner Schuppen dich blendet. Nur - wie willst du an sie herankommen, ohne dass er dich frisst? Willst du sie ihm im Schlaf ausrupfen? Das würde ich dir nicht raten. Du weißt doch, wie sehr er an jeder einzelnen hängt. Hast du vergessen, dass er den Professor fressen wollte wegen einer einzigen? Was meinst du?« Er schob seinen Kopf noch etwas näher an den Zwerg heran. »Hat er Angst davor, dass jemand erfährt, woraus sein Panzer besteht? Oder fürchtet er noch mehr, dass jemand herausfindet, was in dem Kasten ist, den er sein Herz nennt?«
    Kiesbart kniff wütend die Lippen zusammen und blickte ins Feuer.
    »Was machen wir mit ihm?«, fragte Lola. »Irgendwelche klugen Vorschläge, Humpklusspuss?«
    »Wir nehmen ihn mit, was sonst«, sagte jemand hinter ihnen.
    Erschrocken fuhren Lola und Fliegenbein herum. Aber es war nur Schwefelfell, die plötzlich vor den Felsen stand. Über ihre Schulter grinste Burr-burr-tschan.
    »Wo kommt ihr denn her?«, fragte Fliegenbein verblüfft. »Habt ihr die Höhle der Drachen gefunden?«
    »Haben wir«, antwortete Schwefelfell. »Und ihr habt den kleinen Spion gefangen, wie ich sehe. Nicht schlecht. Stellt euch vor«, sie biss in einen verschrumpelten Pilz, den sie in der Pfote hielt. »Wir haben auf dem Weg zu euch ein paar alte Pilzzuchten entdeckt, aus der Zeit, als die Dubidai noch hier gelebt haben. Der Berg ist ganz durchlöchert von ihren Gängen.« Sie leckte sich die Lippen und musterte Fliegenbein spöttisch. »Hast du einen neuen Hut, Winzling?«
    Der Homunkulus tippte gegen die Krempe. »Es ist ein ganz erstaunlicher Hut«, sagte er.
    »Erstaunlich war auch, wie ihr Nesselbrand an der Nase rumgeführt habt«, sagte Burr-burr-tschan. »Rübling und Butterpilz, das war nicht übel. Und jetzt habt ihr auch noch seinen Spion gefangen !«
    Lola strich sich geschmeichelt über die Ohren. »Kleinigkeit«, sagte sie.
    »Gut, die Kleinigkeit werd ich tragen. Nehmt ihr den Rest«, sagte Burr-burr-tschan und blickte noch einmal ins Tal hinunter. Der Nebel lichtete sich langsam. Schwarze Vögel kreisten zwischen den weißen Schwaden. Unzählige schwarze Vögel. Ganze Wolken von ihnen tauchten auf und verschwanden wieder im Nebel.
    »Seltsam«, murmelte der Kobold. »Solche schwarzen Vögel hab ich noch nie gesehn. Wo kommen die plötzlich her?«
    Wie der Blitz waren Schwefelfell und Fliegenbein neben ihm.
    »Die Raben!«, knurrte Schwefelfell. »Hab schon drauf gewartet, dass die wieder auftauchen.«
    »Er hat sie alle herbeigerufen!«, stöhnte Fliegenbein und versteckte sich hinter ihrem Bein. »Oh, oh! Jetzt sind wir verloren. Sie werden uns sehen! Sie werden uns von den Felsen pflücken!«
    »Was redest du denn da?« Die Ratte trat neben ihn - und stieß einen so schrillen Pfiff aus, dass Fliegenbein zusammenzuckte. »Tatsächlich! Jede Menge Raben. Mein Onkel hat mir von ein paar unangenehmen Exemplaren erzählt. Sind das da unten dieselben?«
    Fliegenbein nickte. »Zauberraben. Und diesmal sind es so viele, dass Schwefelfell sie nicht mit ein paar Steinchen vertreiben kann.«
    »Machen wir, dass wir wegkommen«, sagte Schwefelfell und zog Burr-burr-tschan vom Abgrund weg. »Bevor sie uns entdecken.«
    »Nesselbrand, der Goldene, wird euch alle fressen!«, kreischte

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