Drachenritter 03 - Der Drache an der Grenze
unser vordringlichstes Anliegen, den falschen Prinzen und den wahren Edward einander gegenüberzustellen. Deshalb befahl ich einem unserer Bewaffneten, Sir Giles und den Prinzen zu holen. Kurz darauf kehrte er in vollem Galopp zurück und meldete, Sir Giles werde heftigst von mehreren Rittern attackiert, die alle schwarze Streifen auf den Visieren hätten. Demzufolge waren es Malvinnes Ritter, die offenbar den Auftrag hatten, Sir Giles zu überwältigen und den wahren Prinzen Edward entweder gefangenzunehmen oder zu töten.«
»Wie viele waren es, Mylord?« erkundigte sich Herrac.
»Der Bewaffnete hatte etwa anderthalb Dutzend gezählt«, antwortete Jim. »Wohl wahr, aufgrund der Enge in dem Gang konnte jeweils nur einer von Malvinnes Rittern über Sir Giles herfallen. Doch in dem Moment, da dieser einen besiegt hatte, nahm ein anderer seinen Platz ein; und dabei handelte es sich um Ritter, die man aufgrund ihrer Kraft und Tapferkeit ausgewählt hatte.«
»Und was geschah dann?« fragte Herrac, der seine Neugier kaum besser zu bezähmen vermochte als seine Söhne.
»Ich schickte sogleich mehrere Männer los, um Sir Giles und den Prinzen zu retten«, sagte Jim, »und als sie zurückkehrten, war der Prinz zwar unverletzt, aber Euer Sohn blutete aus fast zwanzig Wunden und war so geschwächt vom Blutverlust, daß kein Zweifel daran bestand, daß er sterben würde. Ihr möchtet wissen, mit wie vielen Rittern er aneinandergeraten ist und wie er sich dabei geschlagen hat?«
Er schaute erst Herrac an, dann dessen Söhne und schließlich wieder Herrac.
»Das war meine Frage«, antwortete Herrac in hartem Ton, wobei er zum erstenmal das ganze Volumen seiner Baßstimme gebrauchte.
»Man zählte acht tote Ritter und vier weitere, die später ihren Verletzungen erlagen«, antwortete Jim. »Das war der Preis, den Euer Sohn bezahlt hat, um den Kronprinzen zu schützen; und das war ihm so gut gelungen, daß keiner der Angreifer auch nur bis auf Schwertlänge an Edward herangekommen wäre.«
Er war zum Höhepunkt seines Berichts gelangt. Allerdings war deutlich zu merken, daß seine Zuhörer vollkommen gefangen davon waren und noch mehr hören wollten.
»Unsere Männer brachten Sir Giles so schonend wie möglich zu dem Ort, wo wir den König und seine mittlerweile entwaffnete Leibgarde gefangenhielten. Wir konnten nur wenig für Euren Sohn tun. Er hatte schon zuviel Blut verloren und verlor immer noch mehr - die meisten Wunden ließen sich einfach nicht stillen. Gleichwohl wurde alles Menschenmögliche getan...«
»Da war eine Dame von unglaublicher Schönheit«, warf Giles ein, »die sich sehr liebevoll um mich kümmerte und mich tröstete; nicht nur, was meine Lage betraf, sondern auch im Hinblick auf meine Größe und... äh... meine Nase. Könnte ich doch nach Frankreich zurückkehren und sie wiederfinden!«
Jims Zuhörerschaft war dermaßen gefesselt von seiner Erzählung, daß Herrac Giles diesmal keinen Verweis erteilte. Allerdings sprach Jim ihn an.
»Es ist gut so, wie es ist, Giles«, sagte Jim. »Sie ist ein Elementargeist und kein Mensch, sondern eine Art Fee. Sie würde Euch lediglich auf den Grund des Sees verschleppen, in dem sie wohnt, und Euch für immer dort behalten. Ich glaube, die Welt hält noch andere Aufgaben für Euch bereit, Giles, als Euch auf dem Grund eines französischen Sees verhätscheln zu lassen.«
»Süßwasser?« murmelte Herrac.
»Ja, Sir Herrac«, sagte Jim, »Süßwasser.«
»Dann hattest du wirklich Glück, Giles. Hast du mich verstanden?« wandte Herrac sich an seinen Sohn. »Hast du dich eigentlich schon bei Sir James bedankt?«
»Ich... ich hatte bis jetzt noch keine Gelegenheit dazu, Vater«, stammelte Giles. »Nun, ich danke Euch von ganzem Herzen, James. Nicht nur dafür, daß Ihr mir jetzt die Augen für die Gefahr geöffnet habt, die von der schönen Dame ausging, sondern auch, weil Ihr mir Gelegenheit gegeben habt, mich an jenem Tag zu bewähren.«
»Gut gesprochen, wenn auch ein wenig verspätet«, knurrte Herrac. »Giles, du hast dem Namen deiner Familie Ehre gemacht.«
Giles errötete.
»So, Hector!« wandte Herrac sich an den anderen Sohn. »Was meinst du nun, hat es dein Bruder verdient, daß eine Ballade über ihn geschrieben wird?«
»Ganz bestimmt, Vater...« stammelte Hector. »Ich wünschte mir bloß, daß ich irgendwann Gelegenheit bekomme, mich einer Ballade auch nur als halb so würdig zu erweisen.«
»Gut«, grollte Herrac. »Und nun, Mylords, genug
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