Drachenritter 04 - Der Drache im Krieg
abermals. »Dominus vobiscum.«
Trotz Jims allgemeinem Mangel an Frömmigkeit hatte er nicht einen Gutteil seiner akademischen Zeit darauf verwandt, mittelalterliches Kirchenlatein zu lernen, um nun das gottesfürchtige »Der Herr sei mit euch« nicht verstehen und darauf antworten zu können.
»Et cum spiritu tuo«, sagte er.
Er war sich der Tatsache bewußt, daß der Mönch diese lateinische Phrase hauptsächlich benutzt hatte, um seine Glaubwürdigkeit zu beweisen. Aber nun begann der kleine Mann mit der Tonsur abermals zu sprechen, diesmal an Angie gewandt.
»Mylady«, sagte er tadelnd, »Ihr könnt nicht im Ernst gesprochen haben, als Ihr sagtet, Ihr wolltet diese beiden guten Frauen verbrennen lassen. Ich kann Euch im Namen des Herrn sagen, daß die beiden keine Hexen sind, sondern weise Frauen, die den Kranken und Notleidenden zu Hilfe eilen. Nur ihren Bemühungen ist es zu verdanken, daß der Magier überhaupt noch am Leben ist.«
»Ach, tatsächlich?« fragte Jim. Er trat vor und stieß Elly beiseite. Trotz ihrer kühnen Worte wich sie ohne Protest zurück. Jim legte eine Hand auf Carolinus' Stirn. Sie war nicht heiß, sondern kalt und feucht. Aber der alte Mann schien bewußtlos zu sein. Da plötzlich hoben sich die runzligen Augenlider kurz, und ein paar gewisperte Worte kamen über Carolinus' Lippen.
»Holt mich hier raus ...«
»Keine Sorge, Carolinus«, antwortete Jim. »Genau das werden wir jetzt tun. Auf Burg Malencontri wird es Euch gleich viel besser gehen. Was haben sie mit Euch gemacht?«
»Alles...«, wisperte Carolinus, dann verließ ihn offensichtlich die Kraft. Seine Augen schlössen sich.
»Wahrhaftig! Das ist eine bösartige Lüge!« brach es aus Elly heraus. »Delirium, sage ich, eine Folge seiner Krankheit! Wir haben ihm nichts als gesunde Abführmittel und Heiltränke gegeben, und zur Ader gelassen haben wir ihn überhaupt nur zwei Mal.«
»Das genügt, um ihn zu töten!« fauchte Angie.
Sie war Jim gefolgt und stand nun an seiner Seite. Dann beugte sie den Kopf.
»Theoluf, laßt ein paar von Euren Männern eine Bahre anfertigen. Sie sollen sich kräftige Stöcke beschaffen, dann können wir die Decken benutzen, um Carolinus zu tragen.«
»Sehr wohl, Mylady.« Theoluf schob sein Schwert in die Scheide, drehte sich auf dem Absatz um und trat durch das helle, sonnenbeleuchtete Rechteck der Tür. Sie konnten hören, wie er den anderen Bewaffneten Befehle erteilte.
»Das wird sein Tod sein!« rief Elly. »Ihn aus unserer Obhut zu nehmen, wo wir es die ganze Zeit über kaum geschafft haben, ihn am Leben zu erhalten. Er wird nicht einmal den Ritt zu Eurer Burg überstehen!«
»Oh, ich glaube doch«, schleuderte Angie der walkürenhaften Frau mit wildem Blick entgegen. Auch sie hatte Carolinus' Stirn gefühlt. »Er mag am Anfang noch gar nicht so krank gewesen sein. Aber Ihr habt ihn mit all diesem verrotteten Zeug, das Ihr ihm gegeben habt, beinahe umgebracht!«
»Er gehört uns!« erwiderte Elly grimmig. »Ihr mögt ja eine Lady sein, aber dies ist, wie ich sage, nicht Euer Territorium! Der letzte vernünftige Wunsch des Magiers besagte, daß er bei uns bleiben wollte. Und wir werden ihn um jeden Preis behalten!«
»So ist es«, fügte Bruder Morel glattzüngig hinzu, »und nicht nur diese beiden guten Frauen hier, sondern meine ganze Herde wäre traurig, wenn Ihr versuchen solltet, den Magier von hier fortzuschaffen, damit er auf dem Weg zu Eurer Burg stirbt. In Gottes Namen, wir würden gegen einen jeden derartigen Versuch Widerstand leisten!«
»Mylord!« erklang Theolufs Stimme vom Eingang her. »Könntet Ihr für einen Augenblick zu mir herauskommen?«
»Ich bin gleich da!« rief Jim. Dann sah er erst die beiden Frauen an und schließlich den Mönch. »Wenn sich herausstellt, daß in meiner Abwesenheit entweder meiner Gemahlin oder Carolinus irgend etwas angetan wurde, wird keiner von euch den nächsten Sonnenaufgang erleben!«
Zu seiner Überraschung stellte er fest, daß er jedes Wort ernst meinte.
Er trat an die Tür. Direkt vor dem Trittstein draußen stand Theoluf und hinter ihm mit griffbereiten Waffen die acht Bewaffneten, die sie mitgebracht hatten. Sie sorgten geschickt dafür, daß die schmuddelige Menschenmenge, die sich um sie herum scharte, nicht auf Hörweite an sie herankam. Theoluf flüsterte Jim etwas ins Ohr.
»Diese Grabenratten«, murmelte Theoluf, »die es eindeutig auf die Besitztümer des Magiers abgesehen haben, warten nur darauf, zugreifen zu
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