Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
verfehlen.«
»Nun, vielleicht auch nicht«, beruhigte ihn Jim. »Betrachtet die Sache doch von der freundlichen Seite.«
»Ha!« sagte Brian. »Die freundliche Seite!«
»Das Wildschweinpferd«, sagte Jim, »sieht jedenfalls so aus, als wäre alles in Ordnung. Vielleicht gewöhnt es sich allmählich daran, gegen unbekannte Pferde und Reiter die Schranke entlang zu stürmen.«
»Das mag sein«, meinte Brian, »denn die einzige Übung, die es bisher hatte, waren Kämpfe mit Strohpuppen und dem Geschöpf, das die Magie geschaffen hatte.«
»Hm, sagt mir eins«, bat Jim, »ist der Troll heute in seiner besten Verfassung? Hält er sich besser als an den vergangenen Tagen? Oder ist er schlechter?«
»Ein Ja auf all diese Fragen, James«, antwortete Brian düster. »Man kann nie vorhersagen, wie er sich benehmen wird. Manchmal führt er seine Lanze drei oder vier Läufe hintereinander beinahe nach Christenmanier, nur um seinen Gegner dann vollkommen zu verfehlen.«
»Aber er muß sich im Laufe der Zeit doch verbessert haben, oder?« hakte Jim nach.
»O ja, er ist durchaus besser geworden«, räumte Brian ein. »Aber nur bis zu einer gewissen Grenze. Seht ihn Euch doch an ...«
Mnrogar hockte wie gewöhnlich ohne Helm auf dem Boden und blickte ins Leere.
»Er hat kein Gefühl für das Lanzenbrechen!«
»Ja«, knurrte Mnrogar unerwartet vom Fußboden.
Sowohl Jim als auch Brian starrten ihn an. Mnrogars Gesicht hatte seinen geistesabwesenden Zug verloren. In seinen häßlichen Zügen stand nun ein wilder Ausdruck.
»Dieser andere Mann mit der Lanze hat etwas zu mir gesagt, als er vorbeiritt«, eröffnete Mnrogar ihnen.
»Gesagt? Was?« wollte Jim wissen.
»Das weiß ich nicht«, fauchte Mnrogar, dessen Stimme im Zelt nun ein wenig lauter klang. »Ich konnte ihn nicht richtig verstehen. Warum sollte er etwas zu mir sagen? Er befindet sich auf meinem Land. Und er sagt etwas zu mir!«
»Ach, das ist nur einer von Harimores kleinen Tricks«, meinte Brian. »Der andere Ritter soll gar nichts verstehen, wenn Harimore etwas sagt. Auf diese Weise stellt sein Gegner sich irgend etwas vor - und für gewöhnlich stellt er sich das Schlimmstmögliche vor, was Harimore sagen könnte. Das macht ihn wütend; und ein wütender Turnierkämpfer ist kein kluger Turnierkämpfer.«
»Nun, bei Mnrogar scheint es funktioniert zu haben«, sagte Jim.
»Wirklich«, bekräftigte Brian seine Worte noch einmal. Dann sah er den Troll plötzlich nachdenklich an. »Er hat es nur gesagt, um Euch wütend zu machen, Troll.«
»Ich bin wütend!« sagte Mnrogar.
»Nun, das ist völlig überflüssig, Mnrogar«, schritt Jim hastig ein. »Er hat nur ein Geräusch gemacht, um Euch zu erzürnen, damit Ihr Fehler macht und er Euch besiegen kann. Ihr wollt Euch doch nicht besiegen lassen, oder?«
»Besiegen? Niemand kann mich besiegen!« knurrte Mnrogar.
»Aber er könnte es vielleicht schaffen, wenn er Euch nur so wütend macht, daß Ihr Euch nicht mehr aufs Lanzenbrechen konzentrieren könnt«, meinte Jim.
»Lanzenbrechen!« Offensichtlich waren Mund, Kiefer und Zunge eines Trolls nicht dazu geschaffen zu spucken; aber es horte sich sehr stark danach an, als hätte Mnrogar dieses eine Wort am liebsten tatsächlich ausgespien. »Ich werde ihn zerquetschen und seine Knochen fressen!«
»Nein, das werdet Ihr nicht, Troll!« fuhr Brian auf. »Ihr werdet gleich so gut reiten, wie Ihr nur könnt, und Eure Lanze so gut benutzen, wie Ihr es gelernt habt, aber das ist alles, was Ihr tun werdet! Nur daran dürft Ihr denken. Und denkt immer weiter daran, bis Ihr im Sattel sitzt und die Schranke hinunter reitet!«
Mnrogar fauchte wortlos und blickte an Jim und Brian vorbei in die Richtung des anderen Zelts, als könnte er durch den Stoff dieses Zeltes hindurchsehen.
38
Am anderen Ende der Schranke erscholl die Trompete.
Mnrogar setzte seinen Helm auf und kletterte wieder auf das Wildschweinpferd, ohne daß man ihn dazu hätte drängen müssen. Sie wurden aus dem Zelt geführt, und einen Augenblick später hatten Jim und Brian ihre Position an dem Schlitz in der Zeltwand eingenommen, wobei Jim seine Seite der Öffnung so weit wie möglich dehnte, um Mnrogar und sein Roß sehen zu können.
»Ich hoffe, das Wildschweinpferd bricht nicht plötzlich aus und tut etwas Falsches!« sagte er.
»Oh, es ist nicht das Pferd, das mir Sorgen macht«, erklärte Brian. »Es ist der Troll.«
»Mnrogar?« Jim wandte für einen Moment den Blick von der
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