Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
werdet Ihr jetzt machen, James?« erkundigte sich Brian. Er war zwar ein Ritter und Burgherr, aber Auseinandersetzungen mit Elementarwesen wie dem Troll Mnrogar fielen nicht in seine Verantwortung.
Die lag jetzt bei Jim. Ihm kam eine jähe Erleuchtung. Er grinste boshaft - aber nur innerlich. Dann schrieb er einen magischen Befehl auf die Innenseite seiner Stirn.
CAROLINUS ICH BRAUCHE DICH JIM
Wenn ein Lehrling seinem Meister Gehorsam schuldete, so schuldete der Meister seinem Lehrling seinerseits Schutz und Hilfe.
Einen Augenblick lang hielt er die Magie in seinen Gedanken fest, dann ließ er sie los. Er lächelte Brian an, der ihn verwirrt beobachtete - und das war auch schon alles, wozu Jim noch Zeit hatte.
Er hatte mit einer gewissen Verzögerung gerechnet, aber Carolinus war plötzlich da. Er sah Jim an, sah den schlafenden Mnrogar an, schloß seinerseits für eine Sekunde die Augen, als erschaffe er vor seinem inneren Auge ein Bild der letzten Ereignisse, dann öffnete er die Augen wieder und sah Jim mit seinem gewohnt zornigen Blick an.
»Ihr seid nicht hier, um Trolle zu verhätscheln!« sagte er.
Ausnahmsweise einmal fühlte Jim sich dem erfahrenen Magier nicht unterlegen.
»Das ist nicht das Problem«, meinte er. »Das Problem ist der andere Troll irgendwo da oben in der Burg und die Schäden, die Mnrogar im Laufe der letzten achtzehnhundert Jahre mit seinem Gerüttel an der Burg angerichtet hat.«
»Hm...« Carolinus warf erst einen Blick auf den Troll, dann auf die Steinbögen. »Ich kann nicht glauben ... nun, wir werden abwarten müssen.«
Schließlich wandte er sich an Brian.
»Brian«, sagte er, »Ihr findet doch gewiß allein wieder hinauf, oder?«
Brian sah sich in der Dunkelheit jenseits des Troll-Lichtes um, das sie wie eine Kugel zu umgeben schien.
»Das Binsenlicht, das ich mitgenommen habe, ist heruntergebrannt«, sagte er mit einem Blick auf die Fackel/die jetzt nichts mehr war als ein rußiger, kalter Stumpen. »In der Dunkelheit, Magier, könnte ich eine ganze Weile umherirren. Vielleicht...!«
Plötzlich hielt er ein vollkommen neues, lichterloh brennendes Binsenlicht in der Hand.
»Brecht unverzüglich auf«, sagte Carolinus. »Geht schnell, aber ohne Aufmerksamkeit auf Euch zu lenken. Lauft nicht, und bewegt Euch auch nicht mit unziemlicher Hast. Geht sogleich in Jims Quartier, wo Ihr Angie vielleicht noch antreffen werdet. Aber wie dem auch sei, sorgt auf jeden Fall dafür, daß der Diener Euch in den äußeren Raum läßt. Dort wartet Ihr, bis Jim zu Euch stößt. Jim und ich werden uns auf magische Weise bewegen.«
»Ich verstehe, Magier, aber ...«
Jim sollte nie erfahren, was Brian vielleicht noch sagen wollte. Der Schimmer um ihn und Carolinus herum erlosch, und statt dessen fand Jim sich zusammen mit dem älteren Magier in einem staubigen Raum wieder. Er war angefüllt mit alten, hoch an den Wänden aufgestapelten Möbeln. Offensichtlich befanden sie sich in einem Turmgemach, denn die äußeren Mauern waren leicht gerundet, und hinter den Möbeln und den aufgestapelten Dingen fielen schwache Lichtstrahlen durch eine Öffnung im Mauerwerk.
»Einen Augenblick mal«, sagte Jim. »Wir haben Mnrogar so, wie er war, zurückgelassen. Ich habe ihm befohlen zu schlafen. Er wird bis in alle Ewigkeit schlafen, es sei denn, dieser Befehl würde zurückgenommen...«
»Glaubt Ihr, ich bin so ein wirrköpfiger junger Tor wie Ihr?« blaffte Carolinus ihn an. »Ich habe ihm den Befehl gegeben, in fünf Minuten zu erwachen. Und nicht nur das; ich habe ihm gesagt, was ihm blüht, wenn er die Burg noch einmal erzittern läßt. In diesem Falle werden seine Arme geschlagene fünf Minuten ihre Kraft einbüßen. Das sollte ihn für den Augenblick im Zaum halten!«
Carolinus wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Gerumpel vor der Wand zu.
»Aus dem Weg, ihr alle!« sagte er zu den aufgestapelten Möbelstücken.
Mit entschuldigendem Quietschen, Krachen und Rumoren begannen sich die Möbelstücke und alle anderen Gegenstände an der Wand augenblicklich zu bewegen, und im Handumdrehen war die Steinmauer freigelegt. Eine Schießscharte wurde sichtbar, durch die Tageslicht einfiel. Aber das war nicht alles. Keine sechs Zoll rechts neben der Schießscharte klaffte ein senkrechter, sechs Fuß hoher Riß in der Wand, der oben und unten zu einer bloßen Linie im Gemäuer zusammenlief, in der Mitte jedoch etwa ebenso breit war wie die Schießscharte.
-»So etwas habe ich noch nie
Weitere Kostenlose Bücher