Drachenritter 07 - Der Drache und der Wuzelkönig
oder gevierteilt zu werden, befreien mußten. Aber bevor Brian nicht zugab daß diese Gefahr bestand, hatte Jim keine Möglichkeit offen darüber zu sprechen. Er sah Dafydd an und stellte fest, daß dieser ihn ebenfalls anschaute. Der Bogenschütze zuckte leicht mit den Schultern. Offensichtlich wußten sie beide Bescheid und konnten nichts sagen. Es spielte auch keine Rolle.
»Ihr habt recht, Brian«, bemerkte Jim dann nur »Das einzig Wichtige ist, dem Prinzen zu helfen – das ist eine Sache der Ehre.«
»Dann machen wir es zusammen!« sagte Brian »Laßt uns darauf trinken.«
Sie alle folgten Brians Beispiel und leerten ihre großen Becher. Glücklicherweise war Jims Becher nur noch zu weniger als einem Viertel gefüllt. Er schaffte es, einen Hustenanfall zu unterdrücken, und als sie die Becher wieder absetzten, war ihre Freundschaft so eng wie zuvor.
»Ich muß nur noch etwas essen…«, sagte er und schaufelte sich etwas von dem, was ihm am nächsten war, in den Mund. Er war mit der Wendung, die die Dinge genommen hatten, hoch zufrieden. Die anderen beiden sahen ihm eine Weile gutmütig zu und fingen dann an, die Jagd auf die drei Sorten Rotwild – Rehbock, Dammhirsch und Hirsch – zu besprechen. Seltsame Worte wie ›Spießer‹ und ›Sechsender‹ drangen halb an Jims Ohr. Sie waren offensichtlich in ein Thema vertieft, über das sie schon zuvor gesprochen hatten.
»Gut gemacht, James«, unterbrach Brian das Gespräch, um das Wort an Jim zu richten. »Es ist eine Sache, mehrere Tage ohne Nahrung auszukommen, wenn man keine hat, aber wenn die guten Sachen vor einem liegen, dann sollte man sie auch nutzen. Sagt nichts mehr. Eßt!«
»Das tue ich«, antwortete Jim und setzte sein Mahl fort, das erheblich üppiger ausfiel, als er je für möglich gehalten hätte. Dadurch war er notwendigerweise still und hatte genug Muße nachzudenken, während er kaute.
Er hatte bis jetzt keine Gelegenheit gehabt, Carolinus zu fragen, was es mit seinem magischen Guthaben auf sich hatte. Aber nun, da Carolinus gerettet war, würde er es bald wissen. Und Jim war sicher, daß sich niemand einem Magier der Kategorie Eins Plus in den Weg stellen würde – insbesondere nicht, da ihm, Jim, ein gewichtiger Anteil an der Rettung Carolinus' zukam. Es war also nur noch eine Frage der Zeit.
Das Gespräch über Rotwild gab ein nettes Hintergrundgeräusch ab, und ein Blick zeigte Jim, daß die beiden nicht länger auf ihn achteten. Sein Appetit war gestillt, und er bemerkte, daß er sich gedankenlos kandierte Früchte in den Mund stopfte, nur weil sie da waren. Er schob die Platte beiseite.
Er fühlte sich voller, als er gedacht hätte, und lehnte sich zurück, um den Gesprächsfaden aufzunehmen, obgleich dieser voller obskurer Anspielungen war.
Er wurde sich bewußt, wie still es überall war. Geräusche wurden nicht von Stockwerk zu Stockwerk übertragen, sondern nur über den Weg des hohen Turms, in dessen Leere alles schallte. Aber auf dem Hauptstock der Burg hielten sich sonst immer Bedienstete auf, die miteinander sprachen oder sich etwas zuriefen, zu dem sich ein gewisser Geräuschpegel gesellte, der durch deren Arbeit verursacht wurde.
Jetzt war nichts davon zu hören. Von der Anrichtestube war niemand gekommen, um die Weinkrüge nachzufüllen. Brians Krug war eben sogar leer geworden. Üblicherweise kamen die Bediensteten so häufig, um solche Dinge zu überprüfen, daß es ihm schon zuviel war.
Dafydd und Brian sahen bereits zur Tür, hinter der die Anrichtestube lag. Jim sah selbst hinüber, und durch den Türbogen trat ein Mann im Priestergewand.
»Mein Lord!« sagte der Priester, als Jims Blick auf ihn fiel. Während er sprach, kam er auf Jim zu, ging mit gleichmäßigem Schritt weiter zum Podest und bestieg es. Jim stand selbst auf, um dem Fremden zu begegnen, und merkte, daß dieser etwas in Latein vor sich hin murmelte.
Während er näher kam, hatte der Priester zu Boden gesehen, aber als er bis auf einen Schritt an Jim heran war, blieb er stehen, hob den Kopf, so daß das lange, ernste, glattgeschabte Gesicht eines Mannes im mittleren Alter sichtbar wurde, und sprach die abschließenden Worte:
»Benedicat te, Omnipotens Deus, Domine Jacobe Ekertis.«
Dann schlug er ein Kreuz in die Luft.
Jim brauchte ein paar Sekunden, bis er verstand, was da geschehen war. Er war mit den Worten ›Möge der allmächtige Gott Euch segnen, Lord James Eckert‹ gesegnet worden.
Er war absichtlich gesegnet worden, was für
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