Drachenritter 07 - Der Drache und der Wuzelkönig
HABE EUCH GESAGT…«, begann Carolinus, aber KinetetE mischte sich hastig ein.
»Jim, er hat Euch gerade eben noch gesagt, daß Ihr nicht streiten sollt! Beruhigt Euch, Carolinus. Der Junge hat es nur vergessen. Jim…« Sie bedachte ihn mit einem frostigen Blick. »…James Montgomery Eckert, paßt auf, was Ihr sagt!«
Jim wich ihrem Blick nicht aus. Er hätte schwören können, niemand auf dieser Welt wüßte, daß er einen zweiten Vornamen besaß, geschweige denn, wie dieser lautete.
»Woher wißt Ihr…«, wollte er schon fragen, besann sich dann aber eines Besseren. »Entschuldigung«, sagte er nur.
»Ja, ja«, sagte Carolinus. »Schon gut. KinetetE, Jim und ich müssen in die Große Halle zurück, und zwar so nah wie möglich an dem Zeitpunkt, zu dem wir sie verlassen haben. Schickt Ihr uns dorthin?«
»Ja, das werde ich«, antwortete KinetetE. »Ich werde auch den Rest meiner Kraft zurücknehmen, die ich Euch überlassen habe, Carolinus, damit Ihr Euch mit Euren eigenen Reserven erholt, statt alles bei Sachen aufzubrauchen, die Ihr in Eurem Zustand nicht tun solltet. Ferner werde ich mit Euch gehen. Macht Euch keine Sorgen, ich werde unsichtbar sein. Niemand sonst wird von meiner Anwesenheit wissen.«
»Einen Augenblick noch…«, warf Jim ein. »Laßt ihm Eure Kraft bitte noch eine Minute länger, Magierin. Sicherlich kann ich ihm noch schnell eine Frage stellen. Carolinus, als ich Euch das letzte Mal sah, wart Ihr oben. Wie habt Ihr erfahren, daß Sir Simon und seine Männer da waren. Und wie habt Ihr es geschafft, den Bischof und Cumberland einzusammeln und rechtzeitig nach Malencontri zu schaffen?«
»Simon und seine Männer kamen in der Nacht«, erklärte Carolinus. »Dieser Priester war schon vorher gekommen und hatte vorgegeben, der zu sein, nach dem Ihr geschickt hattet, um die Geräusche in den Wänden exorzieren zu lassen. Eure Leute waren so froh, ihn zu sehen, daß sie ihm erlaubten, frei in der Burg umherzustreifen. Mitten in der Nacht öffnete er die Seitentür und ließ den Rest von Sir Simons Trupp ein. Sie konnten Eure Leute im Schlaf überwältigen und warteten dann darauf, daß Ihr hinunterkämt. Aber ich bin ein Magier der Kategorie Eins Plus, und es ist sehr schwer, sich an mich heranzuschleichen.«
»Nicht daß Ihr in der Verfassung gewesen wärt, irgend etwas zu tun«, unterbrach KinetetE ihn eisig. »Das ist genug, Jim! Zurück mit uns zu Eurer Halle!«
So plötzlich wie sie verschwunden waren, standen Carolinus und Jim wieder auf dem Podest in der Großen Halle. Soweit Jim sehen konnte, hatte sich in der Zwischenzeit niemand bewegt und auch sonst hatte sich nichts verändert. Er lächelte Angie aufmunternd und selbstbewußt zu, und sie lächelte zurück.
Im Augenblick war alles in Ordnung – aber nur für den Augenblick. Jims Verstand arbeitete auf Hochtouren. Unter solch schwierigen Bedingungen galoppierten seine Gedanken manchmal so schnell, daß er nicht sicher war, sie wirklich selber zu verstehen. Es war, als ob sie aus dem Nichts in seinem Gehirn aufblitzten und wieder verschwanden, fast zu schnell, um über sie nachdenken zu können. Wenn ihm aber irgend etwas wirklich Brauchbares einfiel, würde dieser Prozeß anhalten.
Seine einzige Sorge war in diesem Fall nur, ob der Prozeß je anhielte. Vielleicht gab es keine Lösung. In seinem Gehirn würde eine unbrauchbare Idee nach der anderen aufblitzen, und es würde nie ein Ende finden. Was Carolinus von ihm verlangt hatte, war vielleicht unmöglich. Nichtsdestotrotz sprang sein Verstand mit schwindelerregender Schnelligkeit weiter von Möglichkeit zu Möglichkeit, während er den Rest der Leute auf dem Podest fast vergaß.
Cumberland in einen Käfer zu verwandeln, war also keine Lösung, sagte er sich selbst. Andererseits hatte er so etwas nie wirklich tun wollen – es wäre unmoralisch und wahrscheinlich illegal, magisch gesehen.
Ihm dämmerte plötzlich, daß die Verwandlung in einen Käfer trotzdem die Art von Transformation war, die Carolinus von ihm wollte – aber auf einem anderen Niveau. Je mehr Jim über Cumberland nachdachte, desto unwahrscheinlicher erschien ihm, daß irgendein gewöhnliches Versprechen, das der Graf machen würde, ihn in der Zukunft binden würde. Er war mehr ein Politiker als ein Ritter.
Jims mentaler Galopp kam jäh zu einem schlitternden Halt.
Natürlich war Cumberland ein Politiker. Wie in jeder anderen Zeit auch herrschte im vierzehnten Jahrhundert kein Mangel an ihnen. Der
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