Drachenritter 07 - Der Drache und der Wuzelkönig
trottete hinter ihnen drein, als sei ein magischer Unterseetunnel die normalste Sache der Welt.
Sie kamen an einem Sandstrand raus. Alles wäre bestens gewesen, wenn Blanchard weiterhin gehorsam gefolgt wäre. Unglücklicherweise schien das Streitroß jäh aus dem Schockzustand aufzuwachen, und es stellte fest, daß es nicht länger in einem engen, unsichtbaren Stall stand, der von einer riesigen Hand umschlossen wurde, stieg hoch und wieherte. Brian machte einen langen Satz, um den Zügel unterhalb des Gebisses zu fassen, zog Blanchards Kopf runter, redete sanft mit dem Roß und tätschelte seine Flanken. Ganz langsam beruhigte sich Blanchard wieder – er schnaubte von Zeit zu Zeit, als müßte er zeigen, wie sehr ihm alles auf die Nerven ging.
Gorp blickte ihn einen Augenblick lang an, nibbelte dann an dem Sand an seinen Hufen, als hielte er nach einem Grashalm Ausschau. Da kein Gras zu finden war, hob er seinen Kopf und starrte einfach geradeaus. Dafydds ruhiges Pferd hatte die ganze Angelegenheit unbeachtet gelassen, und das Packpferd hatte sich sorgsam von Blanchard abgewendet, so daß das Streitroß nicht sehen konnte, wie es feixte. Es war noch nie ein besonders gutmütiges Packpferd gewesen.
»Dafydd«, fragte Jim, »können wir jetzt einfach über Euer Land wandern?«
»Was sollte dagegen sprechen? Aber Ihr müßt es nicht ›mein Land‹ nennen, Sir James. Ich stamme aus Wales. Es ist wohl wahr, daß ich zu einigen, die in dem Land vor uns zu Hause sind, Verbindungen habe, aber das ist eine andere Sache.«
Zu spät erinnerte sich Jim daran, daß Dafydd Brian und ihn zur Geheimhaltung darüber verpflichtet hatte, daß er Erbe eines Titels aus diesem Versunkenen Land war – der ›Prinz der meerumspülten Berge‹. Niemand von der Oberfläche sollte nach Dafydds Wunsch von diesem Titel erfahren.
»Lebt wohl, Rrrnlf, und nochmals Dank«, sagte Dafydd und führte das Packpferd sowie sein eigenes Roß auf das sanfte Grün des Graslandes hinter dem Strand zu.
»Aber sicher, kleiner Bogenschütze«, antwortete der Seeteufel – und verschwand.
Jim war an der Grenze des Landes stehengeblieben, um Rrrnlf ausführlicher zu danken, als es Dafydd getan hatte, aber der Abschied war hastiger als gedacht. Jim fragte sich, ob er den Seeteufel vielleicht unbeabsichtigt beleidigt hatte.
Gorp zog jedoch am Zügel und wollte den anderen Pferden folgen. Jim trat also, gefolgt von Brian und Blanchard, aufs Grasland.
»Oh! Sieh mal, Hill!« schrie eine dünne Stimme, die Jim nur zu gut kannte. Er sah zwei Gesichter, die unter der Regenabdeckung auf dem Packpferd hervorsahen. Jim fluchte
leise vor sich hin, aber nicht leise genug, wie sich herausstellte.
»Ach, zum Teufel…«, begann Jim, als Brian ihn unterbrach.
»Ihr habt gesagt, James«, sagte Brian hinter ihm ernst, »daß sie mit uns kommen könnten. Ihr sagtet nicht, daß sie schweigen sollten. Und Ihr wißt, daß zumindest Kob reden muß. Eure Leute werden nie wissen, woran sie mit Euch sind, wenn Ihr nicht zu Euren Entscheidungen steht. Ein Ritter…«
»Ich weiß, ich weiß«, Jim hob abwehrend die Hand. »Ich hatte nur einen Augenblick lang vergessen, daß sie bei uns sind.«
Diese Antwort und die erhobene Hand beendeten die Lektion über die Behandlung von Bediensteten und Lehnsleuten, die Brian offensichtlich gerade beginnen wollte. Jim reichte in letzter Zeit sein eigenes Gewissen, das seine Art, mit den Burgbewohnern umzugehen, in Frage stellte. Das Gewissen brauchte wahrlich keine Unterstützung. Wortlos gingen sie weiter.
»M'lord«, erklang Kobs Stimmchen vom Packpferd.
»Was ist denn jetzt schon wieder?« Jim war sich der Verärgerung in seiner Stimme bewußt.
»Es tut mir sehr leid, M'lord, aber Ihr wünschtet daran erinnert zu werden, uns allen wieder die richtige Größe zurückzugeben«, sagte Kob zaghaft.
Jim bemerkte den verblüfften Ausdruck in Brians Gesicht, und alle blieben sofort stehen. Bevor die anderen noch etwas
sagen konnten, hob Jim den Verkleinerungszauber auf.
»Danke, Kob«, sagte Jim.
Im schweigenden, gegenseitigen Einverständnis zogen sie weiter.
Zu Beginn führten sie die Pferde über offenes Grasland. Das Gras stand recht hoch. Nach einer kurzen Strecke saßen sie allerdings auf und ritten. Das offene Land erstreckte sich weit und stieg langsam zu den sanften Hügeln hin an, die am Horizont zu sehen waren. Nach einiger Zeit stießen sie auf einen Wildwechsel oder Weg, der sie zu einer staubigen Straße führte,
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