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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Welt. Sie kam ihr vertraut vor und sie fühlte sich heimisch. Der Anblick allein vertrieb alle Zweifel und Ängste. Frieden strömte in ihr Herz, während Erinnerungen an Thuban ihren Geist durchzogen, der am Himmel über Drakonien durch die Lüfte schwebte.
    Plötzlich packte Lidja, die genauso hingerissen diese Welt betrachtet hatte, sie grob am Arm und zog sie mit sich zu Boden. » Da sind sie«, zischte sie.
    Als Sofias Blick dem der Freundin folgte, sah sie den unheimlichen Jungen in einer Ecke hocken; seine riesigen Flügel waren gespreizt und zitterten, als würde ein leichter Lufthauch sie bewegen. Dort wo seine Krallen den Boden berührten, war das Gras zu gelblichen kreisrunden Flecken verdorrt. Wieso hatte sie ihn nicht bemerkt? Wo immer er auftrat, hinterließ er ein Bild der Verwüstung, kahles Geäst, vertrocknetes Laub, verwelkte Blüten. Tod und Verderben schien er zu bringen. Daneben zeigten diese Spuren aber auch, dass der Unterjochte auf der Suche nach der Frucht bereits herumgewühlt und sich an diesem Paradies vergangen hatte. Lautlos schlichen die Gefährtinnen hinter einen Felsblock und beobachteten alles genauer. Der Junge war nicht allein. Ein blondes Mädchen mit ebenmäßigen Gesichtszügen und anmutigem Körper war bei ihm. Mit ihrem Minirock, der ihre schlanken Beine betonte, und dem schwarzen Blouson darüber hatte sie etwas Verführerisches und Abschreckendes zugleich, das Sofia schaudern ließ. Wie ein schwarzer Fleck huschte ihr Schatten über den Boden, während sie hektisch herumlief, zwischen den Büschen herumtastete und dabei Blüten und Blätter abriss. Entsetzt sah Sofia ihr zu. Sie spürte die grenzenlose Bosheit, die diese Person ausstrahlte. Das Böse schlechthin, das Böse in Reinform, mit dem einzigen Ziel, Böses zu bewirken.
    Sofia wurde schwindlig.
    Nidhoggr.
    Er war es, den Sofia in der schönen Gestalt des Mädchens am Werke spürte, und seine Kraft war niederschmetternd. Ohne es zu merken, wich sie zurück.
    Lidja legte ihre rechte Hand, die sich eiskalt anfühlte, auf Sofias Handgelenk. » Keine Angst«, flüsterte sie, doch ihre Stimme klang heiser. Offenbar nahm auch sie diese Ausstrahlung wahr.
    Irgendwann sahen sie, wie sich das Mädchen aufrichtete und wütend mit dem Fuß aufstampfte. Um ihren Hals hing der Anhänger, der ein schwaches, fast blasses Licht abgab und nur ungenau die Richtung anzeigte, wo sie suchen musste.
    Plötzlich ließ ein Jubelschrei die beiden Drakonianerinnen zusammenzucken.
    Das Mädchen hatte sich wieder gebückt und strahlte über das ganze Gesicht. » Da ist sie! Da ist sie!«, rief sie aufgeregt wie ein kleines Kind, das eine verlorene Puppe wiedergefunden hat, streckte die Hand aus und ergriff etwas, das sie einige Augenblicke lang fest in der Hand hielt. Plötzlich schrie sie auf und legte mit schmerzverzerrter Miene die Hände an die Brust. Sie schien sich schwer verbrannt zu haben, doch etwas anderes fesselte Sofias Aufmerksamkeit. Denn dem Mädchen war etwas entglitten und ein Stück über den Boden gerollt, das jetzt nicht weit von dem Felsen lag, hinter dem Lidja und sie sich versteckten. Es handelte sich um eine Kugel aus milchigem Glas von kaum zu beschreibender Farbe. Irgendwie rosa war sie, doch es gab keine Farbe auf der Welt, die diesem Nuancenreichtum gerecht geworden wäre. In ihrem Innern drehte sich irgendetwas, eine Substanz, die hin und wieder zu einer nicht klar gezeichneten Gestalt zu gerinnen schien und sich dann wieder in einem Farbenmeer auflöste. Aber Sofia wusste, dass es sich um den Kopf eines Drachen handelte: den Kopf von Rastaban, den Geist des Widerstands, der vernünftigen Seite, die Thubans Heißblütigkeit zügelte. Nicht umsonst war am Himmel Rastaban der zweithellste Stern im Sternbild Drachen.
    Bei diesem Gedanken schnürte sich ihr vor Wehmut das Herz zusammen. Rastaban war der treue Freund, der zuerst fiel, zerfleischt von den Reißzähnen Nidhoggrs. Langsam und ohne dass sie etwas dagegen hätte tun können, wurde sie fürchterlich zornig. Sie durfte nicht zulassen, dass Lindwürmer diese Reliquie schändeten. Innerlich hatte sie gejubelt, als sie das Mädchen vor Schmerz hatte aufschreien hören, und jetzt sah sie ganz deutlich schwarze Schuppen unter ihrer verbrannten Haut hervorkommen. Sofia lächelte. Offenbar waren die Früchte noch mächtig genug, um dem Bösen Schaden zuzufügen.
    » Wir müssen was tun«, zischte Lidja ihr zu. » Ich lenke sie ab und du greifst dir die Frucht.«
    »

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