Drachenschwester 02 - Eltanins Verrat
verrückten Nacht alles geschehen war.
Er fühlte sich so entkräftet, dass ihm schwindlig wurde, aber er legte sich nicht wieder hin, sondern betrachtete Sofia. Sie atmete ganz ruhig, und die Wunde an ihrem Rücken sahen bereits merklich kleiner und weniger tief aus. Auch Lidjas Augen, die auf ihn gerichtet waren, entgingen Fabio nicht. Sie waren voller Dankbarkeit. Aus irgendeinem Grund machte ihn das verlegen.
»Ich bringe Sofia ins Krankenhaus«, sagte er, während er sie unterfasste. »Und du solltest diesem Mann Bescheid sagen, der zu euch gehört. Und bring ihm das hier mit«, fügte er hinzu und gab Lidja die Frucht.
Das Mädchen nickte. Dann legte sie ihm eine Hand auf den Arm. »Danke«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Das meine ich ernst …«
Fabio wandte den Blick ab. »Schon gut … Mach dich lieber auf den Weg.«
Er sah ihr nach, wie sie davonflog. Sofia in seinen Armen atmete ruhig, ihr Gesicht hatte schon wieder ein klein wenig Farbe bekommen. Dennoch musste sie dringend weiter von fachkundigen Händen behandelt werden.
Obwohl er völlig entkräftet war, musste er sich noch einmal zusammennehmen und seine Erschöpfung vergessen. Er schaute sich um. Es war niemand zu sehen. Also ließ er seine Flügel wachsen, öffnete sie und hob ab.
Im Krankenhaus wurde er mit Fragen bombardiert. Irgendwann hatte er das Gefühl, dass sie gleich die Polizei alarmieren würden, um ihn festnehmen zu lassen. Aber das war auch kein Wunder, so wie er aussah. Mit Blut verschmiert, das nicht sein eigenes war, machte er im Krankenhaus sicher nicht den besten Eindruck. Und zudem war auch er von den Kämpfen gezeichnet, die er in den letzten Stunden hatte austragen müssen.
Er hatte sich eine Geschichte einfallen lassen, die man ihm aber nicht abnehmen wollte.
»Es war ein Unfall. Wir haben zusammen die Straße überquert und sind plötzlich von einem Raser erfasst worden. So ein Wahnsinniger, der hat noch nicht einmal angehalten …«
Die Situation entspannte sich erst, als Professor Schlafen eintraf.
Sein Gesicht war blass, und er humpelte stark. Obwohl er noch so mitgenommen war, nahm er die Sache in die Hand.
»Natürlich kenne ich ihn«, erklärte er, als man ihn zu Fabio führte. »Der junge Mann gehört ja fast zur Familie. Meine Tochter und er kennen sich schon seit dem Kindergarten …«
Der Arzt blickte noch einmal misstrauisch zu Fabio, sagte aber nichts.
Schließlich traf noch die Polizei ein, um den Vorgang aufzunehmen, aber auch die Beamten konnte der Professor überzeugen.
Fabio saß vor dem Raum, in dem Sofia schon eine ganze Weile behandelt wurde. Am liebsten wäre er einfach abgehauen, um nach dieser entsetzlichen Nacht endlich zu sich zu kommen. Außerdem behagte es ihm nicht, dass ihn im Krankenhaus alle so schief anschauten. Aber irgendetwas hielt ihn zurück.
Als der Professor die Angelegenheit mit den Polizisten erledigt hatte, setzte er sich zu dem Jungen. Sie saßen schweigend nebeneinander, die Blicke des einen nach unten, auf die blutbesudelte Jeans, die des anderen nach oben, an die Decke gerichtet. Endlich trat der Arzt aus dem Behandlungszimmer. Wie von der Tarantel gestochen, sprangen beide auf.
»Sie ist schwer verletzt, aber wir haben ihr eine Bluttransfusion gegeben und die Wunde gut vernäht. Sie wird einige Zeit brauchen, bis sie sich erholt hat. Solange müssen wir sie hierbehalten.«
Der Professor stieß einen langen Seufzer der Erleichterung aus und rückte sich dann die Brille auf der Nase zurecht. »Kann ich zu ihr?«
»Sie schläft. Aber Sie können ruhig hineingehen.«
Damit entfernte sich der Arzt. Mit den Händen in den Hosentaschen hatte Fabio das Gespräch angehört und rührte sich nicht.
»Willst du nicht mit reinkommen?«, fragte ihn der Professor.
»Ich …?«
»Ja. Du hast Sofia das Leben gerettet. Willst du nicht sehen, wie es ihr geht?«
Fabio nickte, und auf Zehenspitzen traten sie ein. Sofia lag auf der Seite, mit einem breiten Verband über dem gesamten Rücken und einer Nadel im Handrücken, die mit einer Infusionsflasche verbunden war. Sie schien friedlich zu schlafen.
»Schau sie dir gut an. Es ist dein Verdienst, dass sie noch lebt.«
Fabio spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief.
»Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel mir Sofia bedeutet«, fuhr der Professor fort. »Ich bin dir wirklich unendlich dankbar für das, was du heute Nacht getan hast.«
Fabio zuckte mit den Achseln und wusste nicht so recht, was er sagen
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