Drachenseele (German Edition)
türmten sich ein paar Umzugski s ten, sowie einige Möbel aus der Wohngemeinschaft. Die Wände leuchteten in einem satten Moosgrün, davor neue Regale aus Kiefernholz, genau so, wie er es sich vorgestellt hatte, doch diesen Wunsch hatte er niemandem anvertraut, wem auch?
„Hallo! Wie geht es dir denn?“, erklang hinter ihm eine helle Stimme. Marcus fuhr herum, er spürte wie er seine Augenbrauen nach oben zog. Vor ihm stand die junge Frau aus der Str a ßenbahn. Was tat sie hier? Sie wies zur Wohnungstür, „sie war offen. Alles wieder in Ordnung mit dir?“
Marcus versank in diesen großen braunen Augen, die ihn durch ein paar lockige Strähnen musterten. Sie lächelte, wobei sich kleine Grübchen in ihren Mundwinkeln abzeichneten, was auf Marcus unwiderstehlich wirkte. Ein sanftes Kribbeln durchströmte seine Brust. Mit dem nächsten Atemzug war sein Kopf wie leer geräumt.
„Die meisten neuen Nachbarn stellen sich gar nicht vor, sind längst ausgezogen, bevor man überhaupt merkt, dass sie da waren. Deine Einlage allerdings hatte schon etwas Spektakuläres an sich.“
„Wie - wie meinst du das?“ Wovon redete sie nur?
„Ich kam neulich die Treppe hoch, als du vor deiner Tür zusammengebrochen bist.“
Marcus schluckte heftig. „Verdammt!“ Ausgerechnet sie hatte ihn gefunden. Jetzt dachte sie bestimmt, er wäre ein Waschlappen, ein kränkelnder Warmduscher.
„Hey, nicht so wild. Damit hab ich kein Problem. Der Krankenwagen war innerhalb von zehn Minuten hier.“
Er fasste sich an seine Stirn und schaute zu Boden, in dem er zu versinken wünschte.
„Ich wollte nur wissen, ob es dir wieder gut geht?“
Er nickte kurz. „Ja, alles bestens.“ Ein paar Worte mehr w ä ren angebrachter, doch ihm fiel nichts anderes ein.
„Fein! Nachdem wir uns jetzt schon so oft morgens gesehen haben und nun auch noch Nachbarn sind, hättest du vielleicht Lust heute zum Abendessen rüber zu kommen? So gegen 18:00 Uhr?“
„Ich – ich weiß nicht.“ Marcus ärgerte sich innerlich für sein Gestammel, mit dieser überraschenden Situation wusste er nicht umzugehen.
„Naja, kannst es dir noch überlegen.“ Sie ging zur Wohnungstür. „Ich wohne hier auf der Etage, gleich links die Tür.“
Marcus war einfach nicht in der Lage, ihr zu antworten und nickte deshalb nur. Sie zwängte sich durch den verbleibenden Türspalt. „Falls es dich interessiert, ich probiere gerade ein neues Rezept aus. Es nennt sich Drachengulasch.“ Ihre Augen blitzen kurz auf, dann zog sie die Wohnungstür von dra u ßen zu.
Wie zu Stein erstarrt verharrte Marcus auf der Stelle im Wohnzimmer. Er fühlte sich wie in einem Film. Erst diese zweifelhafte Diagnose heute Vormittag, dann die Überraschung mit der renovierten Wohnung und zur Krönung diese zuckersüße Nachbarin, der man unmöglich widerstehen konnte. Diese w a chen wunderbaren Augen und dieses magische Lächeln mit den Grübchen. Marcus lies seine Gedanken ziehen, dabei schloss er für einige Minuten die Augen.
Endlich, er war zu Hause in seinen eigenen vier Wänden. Bei der Überlegung ein warmes Bad zu nehmen, spürte er das Grinsen in seinem Gesicht. Niemand würde ihn stören oder an der Tür rütteln.
Was für ein Tag!
Marcus versank im üppigen Schaum der Badewanne. Ein unbeschreibliches Gefühl von Zufriedenheit und Glück überfiel ihn. Erholsam empfand er diese Stille, nach diesem bewegenden Vormittag. Plötzlich kamen ihm die Worte der Psychologin in den Sinn.
„Ist es nicht vielmehr so, dass du dir wünschst, es wäre kein Tumor?“
Er setzte sich auf. Gleich einem Echo kehrte diese Frage unzählige Male in seine Gedanken zurück. Mit welchen Mitteln arbeitete diese Frau? Ihn derart zu beeinflussen, gefiel ihm gar nicht. Nein! Es gab keinen Tumor in seinem Kopf. Zumindest müsste er einen leichten Druck spüren. Für einen Moment horchte er in sich hinein. Nicht das Geringste konnte er wahrnehmen. Er schüttelte sich kurz, um sich wieder zurückzule h nen.
Zuerst wollte er herausfinden, wer seine Wohnung so perfekt hergerichtet hatte. Bestimmt hatte die nette Nachbarin denjenigen beobachtet. Ein Grund mehr, ihre Einladung anzunehmen. Er brauchte dafür allerdings eine Aufmerksamkeit, ein Dank e schön! Mit leeren Händen durfte er nicht zu ihr gehen. Ihre Hilfsbereitschaft, den Krankenwagen zu rufen, schrie förmlich nach einem Geschenk. Nur was? Blumen oder eine Flasche Wein erschienen ihm zu alltäglich. Er rieb sich die Stirn, ve r suchte sich zu
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