Drachenseele (German Edition)
Seite des Generals ließ Narvalvar ahnen, wie Nathus als Vater gewesen wäre.
„Warum hast du nur nicht früher Kontakt zu mir aufgenommen?“ Nicole standen Tränen in den Augen.
„Wie denn, Nicole? Die letzten drei Jahre lebte ich wie ein Gefangener auf einer Insel. Alles, was ich tat, wurde kontrolliert und überwacht. Du“, er nahm sie bei den Schultern, „warst mein einziger Lichtblick, mein Strohhalm, nach dem ich kla m merte.“
„Wer ist dieser Richard, den du erwähnt hast?“ Nicole sah ihn zweifelnd an.
„Richard behandelte meine Wunde, als ich aus Berlin nach England zurückkehrte. Ich fand gleich einen Draht zu ihm. Vor einigen Tagen durfte ich, dank meiner Beharrlichkeit, Richard hier in London besuchen. Als ich dich im Flugzeug sah, vermutete ich sofort Stones dahinter.“
„Du hast mich gesehen und mich nicht angesprochen?“ Sie wirkte aufgebracht.
„Ich wollte Stones nicht die Genugtuung überlassen, mich gleich am ersten Tag meiner Freiheit zu erwischen. Er hätte mich vermutlich auf der Stelle eingesperrt.“
Nikolaj kam näher an Narvalvar heran, „Ihr seid mit ihr im Flugzeug geflogen, ohne Euch zu erkennen zu geben?“
Narvalvar nickte. Offensichtlich zählte diese Begegnung zu keiner Prüfung, war am Ende nur Zufall?
„Marcus, warum sind deine Geschichten immer nur so unglaublich?“
„Ich sage die Wahrheit.“ Er nahm seine Hände herunter. „Seit damals habe ich mir geschworen, ehrlich zu dir zu sein. - Natürlich ist das alles unglaublich, mein ganzes Leben ist es.“
Über Nicoles Gesicht zogen ungewohnte ernste Züge, die wie erstarrt aussahen. „Drei Jahre lang habe ich mich nach dir gesehnt, habe gehofft, du würdest dich melden. Zwischendurch immer wieder diese Zweifel, ob Stones doch die Wahrheit gesagt hat und du to...“ Sie schluckte, schaute dann zu Boden. „Es gibt seit einigen Monaten einen Mann in meinem Leben.“
Narvalvar fühlte sich, als habe Nicole ihm einen Hammer gegen den Kopf geworfen. Ihm war plötzlich richtig schlecht.
„Das ist - dein gutes Recht.“ Und doch war es so ungerecht. Sein wunderbar erbauter Turm aus Hoffnung, aus Vorstellungen für sein weiteres Leben, fiel zusammen. Alles, was ihm bi s her Halt gegeben hatte, brach unter seinen Füßen ein.
Nein! Das war nicht fair. Abermals klingelte ein Handy. Diesmal kramte Nicole eines aus ihrer Tasche hervor, „Ja?“ - „Stimmt, der Termin. Warte kurz.“ Sie ließ das Handy sinken, sah dabei zu Narvalvar. „Ist das in Ordnung, wenn ich wieder fahre?“
Narvalvar nickte. Nicole führte nun ein eigenes Leben, da war kein Platz mehr für ihn. Er konnte es ihr nicht mal verübeln, sie hatte lange genug gewartet, ohne Gewissheit zu haben, ob er sich jemals bei ihr melden würde. Als sie das Gespräch, merklich mit ihrem neuen Lover beendete, wirkte sie bedrückt. Ob sie noch Gefühle für ihn empfand? Bestimmt, dafür hatten sie zu viel gemeinsam erlebt, sonst wäre sie auch hier nicht aufg e taucht.
„Dass du gekommen bist, rechne ich dir hoch an. Danke.“
„Aber Marcus. Das ist doch selbstverständlich, ich werde auch in Zukunft kommen, wenn du mich brauchst.“
Er brauchte sie doch immer, jetzt hier und überhaupt. Sollte er sie bedrängen, versuchen seinen Nebenbuhler loszuwerden? Bei Nicole könnte das unter Umständen genau nach hinten losgehen. „Bitte rede mit niemandem über ...“
Sie legte den Zeigefinger über seine Lippen. „Das versteht sich doch von selbst.“ Für einen Moment legte sie ihre Arme um seinen Nacken, drückte ihn an sich, was Narvalvar nach einem Überraschungsmoment erwiderte.
Was für ein Gefühl der Euphorie! Nach drei Jahren ohne Zärtlichkeit war diese Geste der Himmel auf Erden, dabei wurde Narvalvar erst bewusst, wie sehr er Derartiges vermisst ha t te. Es tat richtig weh, als sich Nicole von ihm löste.
„Kann ich noch etwas für dich tun? Was ist mit deinem Vater?“
Narvalvar spürte schon wieder seinen Hals eng werden,
„Zeugnisse unserer Art werden unwiederbringlich vernichtet.“
„Aber wie? Ich meine ...“ Nicole runzelte die Stirn.
„Dies Geheimnis bleibt dem Eingeweihten vorbehalten.“
„Ich würde so gern mehr darüber erfahren.“
Fein, dann sollte sie ihren Lover zum Mond schießen und Drachenärztin werden. Nicole kämpfte mit ihren Gefühlen, das spürte Narvalvar sehr deutlich. Jetzt eine falsche Geste, ein überflüssiges Wort, könnte sie in die entgegengesetzte Richtung drängen. Er musste ihr vermitteln
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